Duisburg. Eine 77-Jährige aus Duissern stand vor Gericht, weil ihr Sohn mit ihrem Auto gefahren war – ohne Führerschein. Seniorin schildert Hintergründe.
Etwas verschüchtert saß die alte Dame aus Duissern auf der Anklagebank. Für die 77-Jährige war es der erste derartige Kontakt zum Amtsgericht am König-Heinrich-Platz. Immerhin hatte sie den Mut aufgebracht, gegen einen Strafbefehl Widerspruch einzulegen, der von ihr 450 Euro forderte. Weil sie es am 30. Oktober 2020 angeblich zugelassen hatte, dass ihr Sohn die Schlüssel ihres Autos nahm und kurze Zeit später am Steuer erwischt wurde, obwohl er gar keine Fahrerlaubnis mehr hat.
Spätestens seit einem ähnlichen Vorfall im Juni 2020 habe die Frau gewusst, dass ihr Sohn nicht mehr fahren durfte, so die Argumentation der Staatsanwaltschaft. Besondere Vorkehrungen habe sie aber nicht getroffen, um weitere Taten zu unterbinden. Fahrlässiges Dulden des Fahrens ohne Führerschein nennt das Gesetz so etwas.
Verhandlung in Duisburg: Duissernerin schilderte ein ganz anderes Geschehen
Die Seniorin – verwitwet und nicht vorbestraft – war mit diesem Vorwurf aber keineswegs einverstanden. „Es ging meinem Sohn damals nicht gut, er war irgendwie verwirrt.“ Am 30. Oktober habe er sie und seinen im gleichen Haus lebenden Bruder mitten in der Nacht aus dem Bett geschellt und unter wüsten Drohungen den Schlüssel verlangt. „Sein Bruder hat ihm den dann gegeben.“
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Der 58-Jährige bestätigte das. Und mehr: „Schon in den Wochen vorher fühlte sich mein Bruder verfolgt. Dann wollte er plötzlich nach China auswandern.“ Vor dem Überraschungsbesuch sei er kurze Zeit verschwunden gewesen. „Und dann taucht er mitten in der Nacht bei uns auf, schubst mich in eine Ecke und schreit, er würde uns alle platt machen, wenn wir ihm den Autoschlüssel nicht geben. Der war ja total irre.“ Aus Angst habe er ihm den Schlüssel ausgehändigt.
Dankbar nahm 77-Jährige den Freispruch entgegen
Auch wenn die Familie die genaue Diagnose nicht kennt: Unmittelbar nach der Tat hatte die Polizei den notorischen Verkehrssünder im Krankenhaus abgeliefert. Zum Prozess konnte der Mann nicht erscheinen. „Er ist gestern wieder ins Krankenhaus gekommen“, berichtete seine Lebensgefährtin.
Für Staatsanwalt, Verteidiger und Strafrichter war die Beweislage glasklar: Der Schlüssel war nicht freiwillig übergeben worden, und schon gar nicht von der Angeklagten. Die 77-Jährige wurde auf Kosten der Staatskasse freigesprochen. Der Rentnerin fiel offenbar ein Gebirge vom Herzen. Sie strahlte. „Da danke ich ihnen aber allen sehr“, meinte sie und zog von dannen.