Duisburg. Die Cubus-Kunsthalle im Duisburger Kantpark zeigt die Ausstellung „ReNatur. Kunst im Anthropozän“. Wie die Werke Besucher beeindrucken können.

Der ganz große Abschied von der Steinkohleförderung im Ruhrgebiet wurde 2018 auch mit 17 Ausstellungen in 13 Städten im Zeichen von „Kunst & Kohle“ gefeiert, in Duisburg im Lehmbruck-Museum und dem Museum DKM. Die Ausstellung „ReNatur. Kunst im Anthropozän“ in der Cubus-Kunsthalle im Kantpark schließt sich inhaltlich daran an.

Haben sich doch die zehn beteiligten Künstler vor allem mit der Frage beschäftigt, wie die Natur die geschundenen Flächen zurück erobert. Der Untertitel benutzt den aus der Geologie stammenden Begriff Anthropozän, der das jüngst angebrochene Zeitalter meint, das geprägt ist durch die Eingriffe des Menschen. Ein Thema, mit dem sich zunehmend auch die Künstler beschäftigen, wie Cubus-Leiterin Claudia Schaefer beobachtet hat.

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Die Idee zur Ausstellung wurde im Saarland geboren, das bereits 2012 aus den Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau umgesetzt hat. Der Galerist und Kurator Werner Redzimski und der Maler Jörg Mathias Munz wollten mit dieser Initiative die beiden Bergbau-Regionen ästhetisch verknüpfen und konnten als Förderer die RAG-Stiftung gewinnen.

Großformatige Bilder mit Bedrohungspotenzial

Was zuerst ins Auge fällt, ist die großformatige, zumeist gegenständliche Malerei. Vier von fünf Schülern des Münsteraner Kunstprofessors Hermann-Josef Kuhna sind mit solchen Bildern in der Ausstellung vertreten. Geradezu fotorealistisch malt Lars Reiffers. Sein Stillleben „Time ist Up“ wirkt wie ein Grab für die Kohle: Die Kohleuhr, die Reiffers der Frau eines Bergmanns abgekauft hat, zeigt kurz vor 12 Uhr, daneben sind weiße Chrysanthemen drapiert. Durch die Farbigkeit surreal überhöht sind die Bilder der Serie „Coal Mine“, die in aufgelassene Stollen blicken und ein Gefühl der Gefahren vermitteln, die mit dem Bergbau verbunden waren und sind.

Fünf von zehn Künstlern, deren Arbeiten in der Ausstellung gezeigt werden (v.l.): Hugo Boguslawski, Lars Reiffers, Min Clara Kim, Elizabeth Weckes und Matthias Brock.
Fünf von zehn Künstlern, deren Arbeiten in der Ausstellung gezeigt werden (v.l.): Hugo Boguslawski, Lars Reiffers, Min Clara Kim, Elizabeth Weckes und Matthias Brock. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Elizabeth Weckes aus Köln baut ihre farbstarken Bilderwelten aus Gegensätzlichkeiten. Oft malt sie Vögel wie Möwen, die hoch im hellblauen Himmel fliegen über einer baumlos-kargen Landschaft mit rosa Kohlehalden. Oder riesenhafte Raupen und Insekten auf einer Art Eisenbahnbrücke.

Mit dieser Balance zwischen beängstigend und tröstlich arbeitet auch Matthias Brock in seinen Amphibien- und Insekten-Bildern. Es sind die Tiere, die zuerst auf die Brachen zurück kehren. Die Unken, die hier übereinander hocken, malt Brock riesengroß, Schmetterlinge richten sich drohend auf als wollten sie signalisieren: Mensch, weiche zurück!

Schwebende Objekte von immenser Wirkung

Der strukturellen Malerei seines Lehrers Kuhna am nächsten sind die Bilder von Hugo Boguslawski. Der Maler, der auch Biologie studiert hat, ist „aus paläontologischem Interesse viel auf Halden unterwegs“, wie er sagt. Den Boden, das Wasser, die Birkenstämme, die Spiegelungen sind wie flächige Muster angelegt und perspektivisch ineinander geschoben. Auf einem grünen Untergrund ragen Gesteinsformationen hervor. Im Bild „Halde (Restlicht)“ verschwimmen tausende von Punkten zu einer meditativen „Landschaft“.

Nicht nur aus dem sprichwörtlichen Rahmen fallen die Bildobjekte der fünften Kuhna-Schülerin Min Clara Kim. Die gebürtige Koreanerin, die in Düsseldorf lebt, schneidet das Objekt, auf das sich sich ganz konzentriert, aus Holz aus und bezieht es mit Nesselstoff, den sie in größter Präzision bemalt. Diese Objekte stehen ein wenig vor der Wand, scheinen zu schweben und entfalten dabei eine immense Wirkung. Wie „Shiva, öffne Deine Augen“. Der tanzende Hindugott ist der Zerstörer. Wenn er die Augen öffnet, geht die Welt unter. Bei Min Clara Kim sind seine drei roten Augen halb geöffnet.

Die Vermessung der Natur

Fotografien von Halden nach dem Abzug des schweren Geräts, das sie verwüstet hat, zeigt André Mailänder. Die Brachen-Bilder von Jörg Mathias Munz sind nicht gegenständlich, lassen aber zarte Pflanzen erkennen, die zwischen rostroten und blaugrauen Flächen ranken, vielleicht Stahl- oder Betonwände, die unter der Einwirkung der Natur langsam verrotten.

Die Vermessung der Natur thematisiert Joachim Ickrath in seinen Landschaftsbildern, in denen geometrische Formen und Raster für die Eingriffe des Menschen stehen. In einer sehr schönen abstrakten Serie von Aquarell- und Tuschebildern zeigt Werner Constroffer Verbindendes und Trennendes ober- und unterhalb der Horizontlinie.

>>KATALOG UND FILM ZUR AUSSTELLUNG

  • Die Ausstellung bleibt bis zum 5. September in der Cubus-Kunsthalle, geöffnet mittwochs bis von 14 bis 18 Uhr, Eintritt frei.
  • Zur Ausstellung erscheinen ein Katalog und ein Film, der auch im Kabinett der Cubus-Kunsthalle zu sehen ist; beide kosten jeweils 15 Euro.