Duisburg. Mit Ansem ist ein Chipentwickler nach Huckingen gezogen. Wie das Unternehmen vom Intel-Rückzug profitierte – und nun neue Mitarbeiter sucht.

Das US-Unternehmen Intel ist in Duisburg Geschichte. Bis Ende 2019 war der Chip-Hersteller im markanten Gebäude an der Düsseldorfer Landstraße 401 vertreten. Wo einst bis zu 200 IT-Spezialisten Chips für das iPhone und die Apple Watch entwickelten, haben sich neue Unternehmen aus der Technologiebranche angesiedelt. Der Einzug eines Chipentwicklers hängt sogar unmittelbar mit dem Intel-Aus zusammen.

Cyient heißt das indische Unternehmen, das mit seiner belgischen Tochterfirma Ansem in Huckingen eingezogen ist. Seit einem Jahr ist dort der Bereich Chipentwicklung angesiedelt. Was alle 27 Mitarbeiter eint: Sie sind alle Elektronikingenieure und -ingenieurinnen – und ehemalige Intel-Mitarbeitende.

Nach Intel-Aus: Chipentwickler Cyient wittert in Duisburg einmalige Chance

Cyient hatte die Chance gewittert, ein eingespieltes Team spezialisierter Ingenieure in der Elektrotechnik zu rekrutieren und gleich Know-how mit einzukaufen. „Ich konnte das Unternehmen überzeugen, am wichtigen Markt Deutschland einen Standort zu eröffnen“, erklärt Britta Olscher, die bei Ansem in Duisburg die Standortleitung übernommen hat.

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Nach Kundenanforderungen werden in den Laboren in Huckingen anwendungsspezifische integrierte Schaltkreise konstruiert, die in vielen elektronischen Geräten – vom Radiowecker über Hochleistungsrechner bis hin zu Autos – verbaut werden. „Die Architektur des Chips“ entsteht in Huckingen, erklärt Olscher. Die Massenproduktion erfolgt in einem der nächsten Schritte dann in Asien.

Entwicklungen in der Medizintechnik

Das Unternehmen hat etwa Kunden in der Automobilindustrie sowie der Medizintechnik. Zu den Entwicklungen zählt ein Chip, der unter die Netzhaut im Auge implantiert wird, und so spezifisch erblindeten Menschen wieder das Sehen ermöglichen soll, erklärt Olscher. Eine Kamerabrille überträgt Bilder zum Chip, der das Signal an den Sehnerv weiterleitet, so die Theorie. Das Verfahren werde derzeit getestet.

Ebenfalls entwickelt wurde für einen Kunden ein Chip, der den Augeninnendruck kontinuierlich messen soll. Bei Patienten mit der Diagnose Glaukom, auch bekannt als Grüner Star, führen ein erhöhter Augeninnendruck oder starke Schwankungen des Augeninnendrucks zur Schädigung des Sehnervs. Der implantierte Sensor soll deshalb drahtlos die Augendruckwerte an einen externen Datenspeicher senden, der dann etwa vom Augenarzt ausgewertet wird, erklärt Olscher.

Ansem in Duisburg sucht neue Mitarbeiter

Im ersten Geschäftsjahr in Duisburg habe das Unternehmen „Corona gespürt“, sagt die Standortleiterin. Bei der Chipentwicklung gehe es immer um innovativen Fortschritt und Investitionen. Man habe jedoch in Zeiten der Pandemie die Vorsicht der Unternehmen gespürt, neue Wege zu wagen. Bis so ein Chip in die Massenproduktion geht, vergehen zwei Jahre Entwicklungszeit, erklärt die Standortleiterin.

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„Die Auftragslage ist aber besser geworden“, blickt Olscher positiv in die Zukunft. Mitarbeiter konnten aus der Kurzarbeit geholt werden, in den Laboren wird wieder getüftelt. Dafür soll neues Personal eingestellt werden. So zählt das Cyient-Jobportal aktuell fünf ausgeschriebene Ingenieurstellen in Duisburg.

>> INTEL-AUS IN DUISBURG MITERLEBT

  • Ansem hat auch das Equipment vom US-Konzern gekauft. Die Standortleitung hat das Intel-Aus miterlebt. Nur wenige Informationen sind damals an die Öffentlichkeit gedrungen. „Wir durften nichts sagen“, blickt Olscher zurück, und in der öffentlichen Wahrnehmung sei der Intel-Standort Duisburg „unter dem Radar geschwommen“.
  • Vom Arbeitgeber habe es damals „gute Abfindungen“ gegeben, mehrere Monate seien die Mitarbeiter weiterbeschäftigt worden. „Einige sind aber immer noch auf der Suche“, glaubt Olscher. Andere seien etwa bei Halbleiterhersteller Elmos in Dortmund untergekommen.
  • Zu den weiteren aktuellen Mietern in der Duisburger Technologie-Immobilie an der Düsseldorfer Landstraße zählt das Unternehmen Advantest. In Duisburg hat die in Japan gegründete Firma der Halbleiterindustrie eine Abteilung für Forschung und Entwicklung eingerichtet. Weiterer Ankermieter im Gebäude ist Infineon Technologies.
  • Trotz Vermietung an Infineon und die beiden neuen Mieter steht mehr als die Hälfte des Gebäudes leer, berichtete diese Zeitung im vergangenen Jahr. Eigentümer der Immobilie ist seit dem Jahr 2006 MPC Capital. Bei dem Hamburger Unternehmen handelt es sich um einen international tätigen Investment Manager.