Duisburg. Die Zahl der Lehrstellen ist wegen der Corona-Pandemie in Duisburg um 3,6 Prozent zurückgegangen. Doch es werden noch Auszubildende gesucht.

In einem Monat startet das Ausbildungsjahr. 1287 Lehrstellen sind bei Duisburger Unternehmen aktuell noch unbesetzt, auf der anderen Seite stehen 1082 junge Erwachsene, die noch nicht wissen, wie es für sie in einigen Wochen weiter geht. Rein rechnerisch gäbe es für jeden Suchenden also ein Angebot – doch durch Corona hat sich der Einstellungsprozess in vielen Betrieben verändert. Was die Experten den Schulabsolventen nun raten.

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„Der Blick auf den Ausbildungsmarkt zeigt, dass mehr Jugendliche einen Ausbildungsplatz suchen als 2020. Dagegen ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze gegenüber dem Vorjahr gesunken“, fasst Marcus Zimmermann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Duisburg, die aktuellen Zahlen zusammen. Um 3,6 Prozent ist die Zahl der gemeldeten Lehrstellen zurückgegangen.

Lockdown sorgte bei einigen Duisburger Betrieben für Zurückhaltung

Marcus Zimmermann, Leiter der Agentur für Arbeit in Duisburg, weiß, dass Wunsch und Wirklichkeit sowohl bei Bewerbern als auch bei Firmen manchmal auseinander gehen.
Marcus Zimmermann, Leiter der Agentur für Arbeit in Duisburg, weiß, dass Wunsch und Wirklichkeit sowohl bei Bewerbern als auch bei Firmen manchmal auseinander gehen. © FUNKE Foto Services | Foto: Tanja Pickartz

Das lässt sich aus Sicht von Zimmermann so erklären: „In einigen Branche gab’s von Seiten der Unternehmen Unsicherheit, wie lange der Lockdown geht und welche Einschränkungen eventuell noch auf sie zukommen.“ Vor allem in der Gastronomie waren Betriebe zurückhaltend. „Einerseits liegt das an den wirtschaftlichen Unwägbarkeiten für die Branche, andererseits am Anspruch der Betriebe, den Jugendlichen eine qualitativ hochwertige Ausbildung bieten zu können.“

Die beliebte Studentenkneipe „Finkenkrug“ sucht aktuell noch einen Koch. Der soll nicht nur Schnitzel braten und Pommes frittieren, sondern lernt zum Beispiel, wie man Aktionsgerichte und Hausmannskost zubereitet. „Wir haben unsere Karte umgestellt. Es sind zum Glück alle Mitarbeiter im Service nach dem Lockdown wieder zurückgekehrt“, sagt Chefkoch Julian Otter.

Und weil die Besucher wieder Lust auf das eine oder andere Bier haben und dazu etwas essen wollen, herrscht in der Finkenkrug-Küche wieder ordentlich Betrieb. „Aber wir achten darauf, dass der Auszubildende auch mal ein freies Wochenende hat. Außerdem wird er am Trinkgeld beteiligt, das ist in anderen Restaurants nicht selbstverständlich“, wirbt Otter für den Arbeitsplatz.

Home-Office verkompliziert den Bewerbungsprozess

Interessenten, die gerne in der Küche anheuern wollen, können ihre Unterlagen in der Studentenkneipe abgeben. Anders ist es bei Unternehmen, die kaufmännisch ausbilden. Viele Mitarbeiter befanden sich Monate lang im Home-Office. Verkompliziert hat sich durch die Arbeit am heimischen Schreibtisch auch der Bewerbungsprozess.

Während größere Unternehmen bereits Erfahrung mit digitalen Einstellungsverfahren haben, setzen insbesondere kleine und mittlere Firmen oder auch Handwerksbetriebe auf den persönlichen Kontakt. „Im Handwerk hat sich während der Pandemie das Bewerbungsverfahren so gut wie nicht geändert“, beschreibt Zimmermann.

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Kristin Ventur von der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer (IHK) erklärt: „Der Ausbildungsmarkt am Niederrhein hat sich auch in der Krise als erfreulich stabil erwiesen. Die weitaus meisten Betriebe haben ihr Angebot aufrecht erhalten und auch in der Krise weiter ausgebildet, denn der drohende Fachkräftemangel tritt mit dem Abflauen der Pandemie wieder verstärkt in den Vordergrund.“

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Trotzdem habe Corona Spuren hinterlassen, so Ventur: „Insgesamt stehen dem Angebot an freien Lehrstellen zu wenig Bewerber gegenüber. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass durch den pandemiebedingt eingeschränkten Schulbetrieb die Angebote zur Berufsorientierung am Übergang Schule Beruf nur sehr eingeschränkt aufrecht erhalten werden konnten.“ Die IHK habe versucht, mit digitalen Formaten wie einem virtuellen Job-Speed-Dating eine Plattform für Betriebe und Bewerber zu schaffen.

Tipp: Arbeitgeber und Bewerber sollten flexibel sein

Arbeitsagentur-Chef Zimmermann ahnt jedoch: „In manchen Fällen gehen Wünsche und Angebote auseinander.“ Daher sei es für beide Seiten wichtig, offen zu sein. „Den Jugendlichen rate ich, die Unterstützung der Berufsberatung zu nutzen. Gemeinsam können Möglichkeiten entwickelt werden, die vielleicht gar nicht so weit weg vom Wunschberuf sind. Für Arbeitgeber bedeutet es, auch Jugendlichen eine Chance zu geben, die nicht auf den ersten Blick zu passen scheinen.“ Ein Langzeitpraktikum, das später auf die Ausbildung angerechnet werde, könne den Einstieg für beide Seiten erleichtern.

Die Top Ten der unbesetzten Ausbildungsstellen

•Verkäufer/in (127)

•Kaufmann/-frau im Einzelhandel (92)

•Kaufmann/-frau – Büromanagement (66)

•Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r (38)

•Industriemechaniker/in (37)

•Verwaltungsfachangestellte/r- Kommunalverwaltung (31)

•Fachkraft – Lagerlogistik (29)

•Elektroniker/in für Betriebstechnik (28)

•Fachinformatiker-Anwendungsentwicklung (28)

•Handelsfachwirt/in (Ausbildung) (28)

>> Hier gibt es Tipps & Hilfe für junge Duisburger bei der Lehrstellensuche

„Wichtig ist es jetzt, die Zeit zu nutzen, denn es gibt noch viele Chancen für das aktuelle Ausbildungsjahr. Unsere Kolleginnen und Kollegen in der Berufsberatung und dem gemeinsamen Arbeitgeberservice unterstützen jederzeit. Beratungstermine können einfach telefonisch oder online vereinbart werden“, erklärt der Chef der Duisburger Arbeitsagentur, Marcus Zimmermann.

Der Unternehmerverband Duisburg weiß, welche große Rolle die Berufe der Eltern bei der Ausbildungswahl spielen. Elisabeth Schulte, beim Unternehmerverband für den Bereich Schule/Wirtschaft verantwortlich, sagt: „Eltern sind häufig Vorbilder bei der Berufswahl, fast immer aber haben sie Einfluss darauf. Diesen Einfluss sollten und müssen sie genau jetzt auch nutzen, denn im Corona-Schuljahr fielen für ihre Kinder wichtige Info-Veranstaltungen und Praktika aus, um sich beruflich zu orientieren.“

Hilfe dafür gibt es in der „Woche für Elternarbeit“ vom 5. bis 9. Juli, die die Arbeitgeber unterstützen. In dieser Woche finden jeden Tag von 16 bis 17 Uhr kostenlose Webinare statt. Das Themen-Spektrum reicht von wissenschaftlichen Studien bis hin zu praktischen Checklisten; auch gibt es Praxisbeispiele aus Unternehmen. „Ziel ist es, Eltern für ihre Rolle zu sensibilisieren, zu informieren und konkrete Praxishilfen anzubieten“, erklärt Elisabeth Schulte. Interessierte können sich hier informieren.

Auch die IHK bietet Hilfe bei der Orientierung. „Wir informieren gerne Jugendliche, und auch Ihre Eltern, individuell über ihre Chancen und Karriereperspektiven am Ausbildungsmarkt“, betont Kristin Ventur Der Weg zu uns ist kurz: www.ihk-niederrhein.de/ausbildung