Duisburg. Wegen sexuellen Missbrauchs von fünf Kindern steht ein Duisburger vor Gericht. Der 59-Jährige betreute für Landes- und Stadtsportbund Freizeiten.

Sexueller Missbrauch von fünf Jungen wird einem Duisburger (59) vorgeworfen. Zwischen 2007 und 2020 soll er sich an ihnen vergangen haben. Vier von ihnen hatte er auf Freizeiten und Ferienfahrten kennengelernt, die der Angeklagte im Auftrag des Landes- und Stadtsportbundes und als Mitarbeiter eines auf solche Fahrten spezialisierten Reisebüros organisierte und betreute. Das fünfte Opfer war sein eigenes Patenkind. Die Kinder waren zu Beginn der Taten zwischen fünf und 12 Jahre alt. Am vierten Verhandlungstag hat der Mann am Montag ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Zweieinhalb Verhandlungstage lang hatte das Gericht – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – Beweise in Augenschein genommen. Denn der Angeklagte hat 93 der angeklagten 95 Fälle selbst in Fotos und Video-Aufnahmen dokumentiert. „Da gibt es nichts zu deuteln“, eröffnete der Duisburger sein Geständnis. „Die vorliegenden Aufnahmen zeigen das, was geschehen ist.“

Missbrauchsprozess: Das erste Opfer lernte der Duisburger 2006 kennen

Wie bei allen anderen Untersuchungsgefangenen auch, werden den in Haft sitzenden Angeklagten die Handfesseln erst abgenommen, wenn sie an ihrem Platz im Gerichtssaal sitzen.
Wie bei allen anderen Untersuchungsgefangenen auch, werden den in Haft sitzenden Angeklagten die Handfesseln erst abgenommen, wenn sie an ihrem Platz im Gerichtssaal sitzen. © Foto: Bodo Malsch

2006 habe er das erste Opfer, einen damals achtjährigen Jungen, der in einem Kinderheim lebte, bei einer Ferienfreizeit kennengelernt. „Er war jemand, der mehr Anleitung brauchte als andere“, erinnert sich der 59-Jährige. Bei der Übergabe von Erinnerungsbildern an die Ferienfahrt habe er auch die Familie des Jungen getroffen, bei der dieser inzwischen wieder lebte.

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Der Angeklagte berichtet von prekären Lebensverhältnissen des Kindes, das in einer Dachkammer schlief, keine saubere Wäsche gehabt habe und gegenüber den beiden Kindern des neuen Lebensgefährten der Mutter benachteiligt worden sei. „Ich will mich hier nicht als der große Wohltäter aufspielen“, behauptete der Angeklagte. Aber genau das tat er, berichtete von Aktionen, bei denen er die Familie mit Wäsche und Möbeln und das Kind mit Spielzeug versorgte. Der Junge habe ihm viel später einmal gesagt, dass er sehr wohl wisse, dass das was der Angeklagte mehrfach mit ihm tat, Missbrauch gewesen sei. „Aber er hat gesagt, das habe sich trotzdem gut angefühlt.“

Angeklagter gibt an, selbst missbraucht worden zu sein

Bei dem Bruder des ersten Opfers schilderte der Angeklagte den Sachverhalt ähnlich: Er habe der Mutter des Jungen geholfen, die nach dem Fortgang ihres Lebensgefährten plötzlich mit drei Kindern alleine dastand. Aus Fürsorge sei Missbrauch geworden. „Als wir uns dann trennen mussten, hat er mich noch umarmt und gesagt: Bitte verlass uns nicht.“

Die anderen Jungen seien aus ganz anderen sozialen Verhältnissen gekommen, so der Angeklagte. Und er glaube bis heute, dass es sich bei diesen Verfehlungen nicht um klassische sexuelle Übergriffe gehandelt habe. Er habe die Kinder, die unter trockenen Hautstellen und Ausschlägen litten, nur eingecremt. Auch im Intimbereich. Aussagen zweier geschädigter Kinder lassen immerhin den Schluss zu, dass die das, was der Angeklagte mit ihnen tat, nicht als sexuellen Übergriff verstanden.

„Ich habe dabei niemals sexuelle Erregung verspürt“, sagte der Duisburger, der verriet, in seiner Kindheit von Gleichaltrigen selbst missbraucht worden zu sein.

Zahlreiche Fotos von nackten Jungen aufgenommen

Warum er die vielen Bilder von den nackten Jungen gemacht habe, sei ihm nicht ganz klar. „Vielleicht eine Art Sammelwut.“

Jedenfalls habe er niemals gezielt versucht, sich das Vertrauen der Kinder oder der Eltern zu erschleichen. „Ich bin nicht der eiskalte Täter, der etwas ausgenutzt hat.“ Voraussichtlich wird es über die geplante Anzahl der Verhandlungstage hinaus nun mindestens einen weiteren Sitzungstag geben.

>> ANGEKLAGTER HAT „MINDESTENS 60 SOLCHER FAHRTEN BETREUT“

■ Als Kind hatte der Angeklagte seine ersten Ferienfahrten mit der katholischen Kirche unternommen. „Das waren wunderschöne Erlebnisse.“ Mit 16 Jahren sei er erstmals selbst als Betreuer bei solchen Fahrten eingesetzt gewesen.

■ Sein Engagement in dieser Richtung – „ich habe mindestens 60 solcher Fahrten betreut“ – und seine Sportbegeisterung hätten schließlich dafür gesorgt, dass Neigung und Beruf zusammenfielen. „Aber erst 2006 ist es erstmals zu sexuellen Übergriffen gekommen.“

■ Der Angeklagte, der in einer seltsam anmutenden Konstruktion vom Sportbund wie von einem entsprechenden Reisebüro bezahlt wurde, verlor seinen Job, als die ersten Vorwürfe bekannt wurden.