Duisburg. Beim Corona-Check bewerten 41 Prozent die Maßnahmen für Schulen in Duisburg als „nicht ausreichend“. Warum Jonathan Schule trotzdem toll findet.

Beim Corona-Check antworteten 41 Prozent der mehr als 4000 Duisburgerinnen und Duisburger, die Schutzmaßnahmen in den Schulen seien ihrer Meinung nach „nicht ausreichend“ gewesen. Jonathan und seine Familie sehen das differenzierter, das hat aber auch einen Grund:

Die Klassenkameraden sind längst wieder täglich in der Schule. Jonathan bleibt jedoch weiter im Distanzunterricht und kommt nur zu Klassenarbeiten in die Grundschule – so läuft es seit Beginn der Pandemie vor anderthalb Jahren. Und er findet es toll!

Per Videoschalte täglich im Unterricht dabei

Weil Jonathans Vater Risikopatient ist und sich die Grundschule Tonstraße in Duissern als sehr flexibel erwiesen hat, kann der Neunjährige per Videoschalte am Unterricht teilhaben, sogar Gruppenarbeit machen die Lehrer möglich. Deshalb sagt Jonathan auch voller Überzeugung: „Das klappt megagut!“ Er habe viel mehr Freizeit, auch wenn nachmittags noch Klavier- oder Gitarrenunterricht wartet.

Der fand früher viel später statt. Da ging Jonathan noch in den Ganztag, hatte auch nachmittags noch AG’s, alles war dicht getaktet, erst um 16 Uhr war er daheim, wo Hausaufgaben und Hobbys warteten. „Da war er oft K. o.“, sagt seine Mutter. Corona habe ihm viel mehr Freizeit gegeben, die er genießen kann. In das alte Hamsterrad wollen sie definitiv nicht zurück.

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Fehlt ihm denn nichts? Das gemeinsame Singen, die Geburtstagsfeiern? „Das fehlt mir Null, wir singen auch im Online-Unterricht und brüllen, dass uns die Ohren wegfliegen“, berichtet Jonathan stolz. Und das Stück Kuchen wurde ihm sogar nach Hause geliefert. Auch die Karnevalsparty mit Verkleidung und Spielen habe online super geklappt.

Vater verpasst den Impftermin wegen eines Krankenhausaufenthaltes

Es ist also nicht öde, ganz ohne Gleichaltrige, auch nachmittags? Dafür hat die Familie eine Lösung gefunden: Mit Abstand und Maske trifft sich Jonathan bei Wind und Wetter mit seinen beiden besten Kumpels draußen. An Gesellschaft mangelt es ihm nicht.

Jonathan Bork ist mit seinen Eltern Julia und Martin gut durch die Corona-Zeit gekommen. Ihrer Schule in Duisburg-Duissern geben sie eine 1.
Jonathan Bork ist mit seinen Eltern Julia und Martin gut durch die Corona-Zeit gekommen. Ihrer Schule in Duisburg-Duissern geben sie eine 1. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Eine Erleichterung in gesundheitlicher Hinsicht ist für die Familie noch nicht in Sicht. Den ersten Impftermin verpasste der Vater, weil er mit Verdacht auf Herzinfarkt im Krankenhaus lag, ein neuer Termin ist nicht in Sicht. Also muss sich die Familie weiter schützen, vorsichtig sein. Auch den Wiedereinstieg in den Beruf, Martin Bork ist Schulbegleiter, muss warten, „das Umfeld ist ja hochinfektiös“.

Die Familie ist auch bei Jonathan grundsätzlich impfbereit, „je nach Faktenlage“, schränkt Julia Bork-Taut ein. Die Sehnsucht überwiegt aber, „wir wollen uns ja alle mal wieder normal bewegen können“, so Martin Bork. „Auf Mittelaltermärkte gehen“, freut sich der Sohn, „und da Crêpes essen“.

Alle drei hatten bereits im Februar 2020 Covid-19

Das letzte große Event mit vielen Menschen im Februar 2020 - Karneval - hatte allen dreien eine Ansteckung mit Covid-19 eingebrockt. Hohes Fieber plagte sie. Die Nachwirkungen bei Papa Bork hielten monatelang an, erst im Winter seien Geschmacks- und Geruchssinn wiedergekommen, seither werde er auch nicht mehr so von Erinnerungslücken geplagt, geblieben sei eine chronische Schleimhautentzündung. „Mit den Eindrücken fällt es leichter, sich einzuschränken“, sagt der 53-Jährige.

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Der Anfang sei dennoch nicht leicht gewesen, auch bei Jonathan gab es Tränen und Theater. Geholfen habe der Umgang mit Pferden, draußen sein. „Das war unsere Verantwortung und ein großer zeitlicher Kraftakt, aber wir wollten ja verhindern, dass die Kinder sozial abschmieren“, sagt Julia Bork-Taut.

Kein Videounterricht mehr seit Start des Präsenzunterrichts

Seit Beginn des Präsenzunterrichts Ende Mai hat die Idylle einen kleinen Riss, denn die Schule schaltet die Kinder nicht mehr per Video zu. Rein rechtlich sei das nachvollziehbar, aber nach anderthalb Jahren sei das für die betroffenen Kinder ein unerwarteter „Rauswurf“, sagt die 40-Jährige. „Wir kriegen ja mit, was für ein Druck in den Schulen herrscht, es wäre gut gewesen, die Präsenzpflicht auszusetzen.“ Die Angst, die Eltern zu gefährden, belaste die Kinder stark, ist auch Martin Bork sicher.

Julia Bork-Taut hat einen guten Überblick, als Pädagogische Leiterin des Familienunterstützenden Dienstes koordiniert sie Schul-Integrationshelfer an 50 Schulen in Duisburg. Gemeinsam mit anderen Schulsozialarbeitern erarbeitete sie ein Konzept für den Unterricht, das nach ihrer Ansicht einfach umsetzbar sei, alle Kinder mitnehme und individuelle Möglichkeiten berücksichtige. Leider kam dazu von Ministerin Gebauer nie eine Reaktion.

>> CORONA-CHECK: DIE UMFRAGE-ERGEBNISSE

  • Im Rahmen des Corona-Checks hat diese Redaktion im März 2021 Leserinnen und Leser zu den Auswirkungen der Krise auf ihr Leben befragt. Insgesamt haben 4153 Duisburgerinnen und Duisburger an der schriftlichen Befragung teilgenommen. Die Ergebnisse sind trotz der großen Zahl der Teilnehmer nicht repräsentativ.
  • Auf die Frage „Wie bewerten Sie die für die Schulen getroffenen Maßnahmen?“ mussten sich die Teilnehmern für eine von fünf Antwortmöglichkeiten zwischen 1 (zu hart) und 5 (nicht ausreichend) entscheiden. Der Duisburger Durchschnittswert (3,65) ist etwas höher als der Vergleichswert für das gesamte Ruhrgebiet (3,52).
  • 41 Prozent aller Duisburger Teilnehmer (aller Altersklassen) entschieden sich für Antwortmöglichkeit 5: Sie bewerteten die Schutzmaßnahmen in Schulen also als eindeutig „nicht ausreichend“. Die am zweithäufigsten gewählte Antwortkategorie war 4 (21 Prozent), die ebenfalls für eine kritische Bewertung steht.
  • 14,3 Prozent antworteten mit Kategorie 1 (zu hart), 12,6 Prozent mit 2, 16,6 Prozent mit Antwort 3.
  • Alle Ergebnisse für alle Städte, jeweils im Vergleich zum Duisburger Ergebnis können Sie sich in diesem Artikel und unten am Textende anzeigen lassen.

>> DIESE SCHULNOTEN VERGIBT FAMILIE BORK SCHULE, STADT UND LAND

• Müssten die Borks Schulnoten vergeben, würde die Tonschule eine 1+ bekommen, die Stadt Duisburg eine 4, weil die Versorgung mit Breitbandanschlüssen und Luftfiltern dauerte, und das Land NRW eine 6, weil es den Anliegen von Elternverbänden gegenüber beratungsresistent war.

• Auch vom Lolli-Test hält die Familie wenig, „es hocken doch alle zusammen, das Ergebnis kommt erst am nächsten Tag, da ist das Kind doch schon in den Brunnen gefallen.“ Alle Ergebnisse für alle Städte, jeweils im Vergleich zum Duisburger Ergebnis können Sie sich in diesem Artikel anzeigen lassen.