Duisburg. Ab Montag beginnt in Duisburg der Regelunterricht an den Schulen. Bei den Schulleitern überwiegt die Vorfreude, manches nennen sie „Wahnsinn“.

Welchen Lehrer man in Duisburg auch anruft: Die Freude überwiegt, dass ab Montag alle Schülerinnen und Schüler wieder im Präsenzunterricht sitzen werden. „Wir empfangen sie mit offenen Armen“, sagt etwa Jürgen Tasch, stellvertretender Leiter des Landfermann-Gymnasiums. Dann kommt das Aber.

Wie funktionieren Selbsttests im Präsenzunterricht?

Tasch betont, dass Regelunterricht ab Montag angesichts der sinkenden Inzidenzwertemöglich ist und so das Schuljahr noch einen guten Ausklang bekommt. Die Hygieneregeln seien inzwischen gut eingeübt, Risiken sieht er dennoch: Wie soll etwa der zweimal wöchentlich geforderte Selbsttest sicher durchgeführt werden, wenn 30 Kinder ohne Abstand in einer Klasse sitzen und gleichzeitig die Maske abziehen, fragt er.

Torsten Marienfeld, Leiter der Alfred-Adler-Schule, wiegt sich dank der Lolli-Tests in einer „relativen Sicherheit“, es werde jeder Schüler an Grund- und Förderschulen zweimal wöchentlich per PCR-Testung regelrecht durchleuchtet, „das ist für uns ein gutes Gefühl“.

Wie bekommen Schülerinnen und Schüler eine Bescheinigung über ihren negativen Test?

Die Mail des Schulministeriums kam am Donnerstag um 20.10 Uhr, demnach soll jede Schule zur Entlastung der kommunalen Testzentren ihren Schülern auf Wunsch einen Beleg über die negative Selbsttestung ausstellen. Ein Formblatt gab es als Anlage dazu mit dem Hinweis, dass man Schulnamen und Stempel vorab hinzufügen könne, Schüler ihren Namen selbst hineinschreiben und der Lehrer nur noch abzeichnen müsse.

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Bernd Beckmann, Schulleiter der Gesamtschule Meiderich und Schulformsprecher, hält es für „Wahnsinn“, dass Schulen ihren Schülern Bescheinigungen über die Selbsttests ausstellen sollen.
Bernd Beckmann, Schulleiter der Gesamtschule Meiderich und Schulformsprecher, hält es für „Wahnsinn“, dass Schulen ihren Schülern Bescheinigungen über die Selbsttests ausstellen sollen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Tasch fragt sich, ob er überhaupt beurteilen kann, wie korrekt die Kinder ihren Test durchgeführt haben. „Im Testzentrum ist das Verhältnis 1:1, in der Klasse 1:30.“ Entsprechend hält Bernd Beckmann, Schulleiter der Gesamtschule Meiderich, diesen Plan auch für „bescheuert“.

Der Schulformsprecher versteht zwar die betriebswirtschaftliche Überlegung dahinter, sieht in so großen Systemen wie Gesamtschulen mit über 1200 Schülerinnen und Schülern aber große organisatorische Probleme: Kopierer-Kapazitäten, Papierkosten, unterschiedliche Testgruppen in Kursen und Klassen, dezentral an mehreren Standorten, „das ist Wahnsinn“, entfährt es Beckmann.

Torsten Marienfeld ergänzt, dass Lehrer kein medizinisches Personal seien. Er sieht viel Arbeit auf sich zukommen, wenn er lauter Bescheinigungen ausstellen soll, ist aber sicher: „Das Ministerium will uns nicht verrückt machen, auch wenn es manchmal so wirkt.“

Die Hoffnung der Schulleiter: Dass die Anlässe abnehmen, bei denen Schüler die Bescheinigung überhaupt benötigen, Einkaufen etwa ist in Duisburg seit Freitag wieder ohne Test und Termin gestattet.

Werden alle Lehrer an Bord sein?

Der Lehrermangel ist enorm, 275 Stellen sind in Duisburg über alle Schulformen hinweg unbesetzt. Das war während der Distanz- und Wechselunterrichtszeiten allerdings nicht so deutlich spürbar. „Allein bei uns fehlt Personal für 220 Unterrichtsstunden, acht Stellen sind ausgeschrieben“, sagt Beckmann.

Erschwerend kommt hinzu, dass manche Lehrer wegen Vorerkrankungen nicht in Präsenz unterrichten, davon sind die Schulen sehr unterschiedlich betroffen. Am Landfermann-Gymnasium und an der Gesamtschule Meiderich etwa handelt es sich jeweils um eine Handvoll. Deren Unterricht wird in den Randzeiten in Distanz erteilt, sagt Tasch. Dass viele Lehrkräfte erstmals geimpft sind, das beruhige sehr „und tut gut“, ermögliche nach und nach allen die Rückkehr an die Schule.

Was planen die Schulen inhaltlich?

Klassenarbeiten stehen nach Einschätzung von Bernd Beckmann „auf tönernen Füßen“. Es stehen in der Sekundarstufe I einige an, die wertet er eher als Wiederbelebung eines Rituals denn als tatsächliche Leistungsüberprüfung.

„Wir werden die fünf Wochen bis zu den Sommerferien nutzen, Gespräche zu führen, zuzuhören und das Sozialgefüge neu zu beleben“, sagt Marienfeld. Der Schulformsprecher für die Förderschulen sieht die Hauptaufgabe der Lehrerinnen und Lehrer „sicher nicht darin, noch Noten hereinzuholen“. Es werde geschaut, welche Lernrückstände bestehen, um zu wissen, wo es im nächsten Schuljahr losgehen kann. Wichtiger seien schöne Aktionen, gemeinsames rausgehen und Erlebnisse teilen.

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Marienfeld freut sich schon jetzt darauf, erstmals nach anderthalb Jahren mit allen durchgeimpften Kolleginnen und Kollegen eine Lehrerkonferenz in Präsenz durchzuführen.

Was voraussichtlich laufen wird:

Die Schulen sind nach einer nicht repräsentativen Umfrage gut ausgestattet mit Selbst- oder Lolli-Tests. Außerdem sei der Schulbus-Verkehr schnell wieder aktiviert worden, sagt Torsten Marienfeld. „Der Transport müsste funktionieren.“