Duisburg. Ohne Abstand: Die Kundgebung als Reaktion auf den Nahost-Konflikt vor dem Hauptbahnhof mit 700 Teilnehmern wird abgebrochen.
Der Nahost-Konflikt lässt auch Duisburg nicht unberührt. Eine Kundgebung vor dem Hauptbahnhof am Sonntagnachmittag, die in der Spitze nach Polizeiangaben rund 700 Teilnehmer angezogen hat, sollte wegen Missachtung der Corona-Regeln schnell wieder beendet werden. Die tatsächliche Auflösung zog sich allerdings hin.
Die Anmelderin hatte zunächst mit 50 Personen gerechnet, wurde aber selbst vom Zuspruch überrascht. Etwa eine halbe Stunde skandierten die Demonstranten unter anderem „Kindermörder Israel“ in arabischer Sprache. Viele hatten Flaggen dabei oder Pappen bemalt. Auf einigen stand „Muslim lives matters“.
Duisburgerin mit ägyptischen Wurzeln wundert sich nicht über den Andrang
Viele Teilnehmer tragen Palästinenser-Tücher. Familien mit Kindern sind ebenfalls vor Ort. Die Sprechgesänge werden gefilmt und sofort gestreamt. Die Stimmung ist emotional, aber nicht aggressiv.
Unter den Demonstrierenden ist auch Nadin Khalil. Die Duisburgerin wundert sich nicht, dass innerhalb kurzer Zeit so viele Menschen zusammen gekommen sind. „Das war absehbar, ich hab das am Wochenende verfolgt, wie die Demos in anderen Städten abliefen.“ Sie und ihr Freund haben ägyptische Wurzeln. Auf ihrem Schild steht: „Man sollte leise sein, wenn Kinder schlafen, nicht, wenn sie sterben.“
Ein Großteil der Protestchöre wird auf arabisch angestimmt. Die Polizei ist mit einem Dolmetscher vor Ort, um zu überprüfen, ob es sich um volksverhetzende Sprüche handelt. Die Staatsanwaltschaft Duisburg kommt allerdings zu dem Schluss, dass „Kindermörder Israel“ nicht strafrechtlich relevant sei.
Der Abstand wird allerdings nur wenig eingehalten. Die Polizei mahnt auf Twitter, dass „der Schutz der Gesundheit oberste Priorität“ habe.
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Protestanmelderin versucht, die Demo wieder aufzulösen
Die Versammlungsleiterin, eine Privatperson, wurde von der Polizei deshalb aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Abstände eingehalten werden.
Anfangs verteilten sich die Menschen auf dem Bahnhofsvorplatz, doch wegen des zunehmenden Gedränges hat die Protestanmelderin die Kundgebung schnell wieder auflösen wollen und die Verantwortung für die Kundgebung abgegeben. Trotz Durchsagen blieben zunächst viele Teilnehmer, hielten weiter zu wenig Abstand. Die Polizei forderte zusätzliche Kräfte an. „Wenn wir durch die Straßen ziehen könnten und nicht nur hier bleiben müssten, würde sich das auch mehr verteilen“, meckert stattdessen ein junger Mann über die Organisation.
„Um Corona-Verstöße zu ahnden, müssten wir einen Ring um die Gruppe bilden und von jedem einzelnen die Personalien aufnehmen“, sagt ein Polizeisprecher vor Ort. Stattdessen entschied man sich für eine defensivere Strategie, die Polizisten mischten sich unter die Teilnehmer und sprachen Grüppchen an, sie mögen den Portsmouthplatz verlassen. Auch Kräfte des Ordnungsamtes verfolgten das Geschehen. „In Absprache mit der Polizei wurde entschieden, wegen Nicht-Einhaltung des Hygiene-Konzepts die Veranstaltung aufzulösen“, erklärt Stadtsprecherin Anja Kopka auf Nachfrage unserer Zeitung.
Polizei betont auf Twitter: „Antisemitische Äußerungen dulden wir nicht“
Den Kennzeichen nach zu urteilen, reisten die Teilnehmer auch aus anderen Städten an. Die Polizei bat in den Sozialen Netzwerken darum, sich friedlich zu verhalten und die Regeln der Demokratie und des Rechtsstaats einzuhalten. „Antisemitische und volksverhetzende Äußerungen dulden wir nicht.“
Nach 18 Uhr löste sich die Veranstaltung doch auf. Die Polizei postierte sich dafür rund um den Platz. Einige jüngere Teilnehmer, so die Polizei, strömten Richtung Kantpark. Eine neuerliche Zusammenkunft dort wurde allerdings verhindert. Einsetzende Regenschauer sorgten schließlich dafür, dass alle nach Hause gingen.
Polizei achtet verstärkt auf die Sicherheit jüdischer Einrichtungen in Duisburg
In der vergangenen Woche hatte die Polizei bereits Sicherheits-Maßnahmen vor der Jüdischen Synagoge und anderen Gebäuden der Jüdischen Gemeinde ergriffen.