Duisburg. Viele Vogelarten sind in den letzten Jahren aus Duisburg verschwunden. Das droht nun auch dem Kiebitz. Spaziergänger sollen Mitschuld tragen.

Nachdem in den vergangenen Jahren bereits Vogelarten wie die Bekassine und die Uferschnepfe aus dem Duisburger Stadtbild verschwunden sind, steht dieses Szenario nach Ansicht der Experten auch beim Kiebitz kurz bevor. Dr. Johannes Meßer vom BUND mahnt in diesem Zusammenhang auch ein Umdenken in der breiteren Bevölkerung an.

Gerade in der jetzigen Frühlingszeit ist in den Morgenstunden das Gezwitscher verschiedenster Vogelarten zu hören und verschönert vielen Menschen den Start in den Tag. Doch der Schein trügt, wie Dr. Meßer zu berichten weiß: „Unbemerkt von den meisten Bürgern vollzieht sich in der freien Landschaft auch in Duisburg ein dramatischer Verlust an Vogelarten“.

Vogelsterben: Verheerende Situation für Kiebitz in Duisburg

Bereits seit 1984 seien so keine Bekassinen mehr in Duisburg zu finden und auch die Uferschnepfe, von der einige Brutplätze in der Rheinaue Walsum bekannt waren, sei seit vielen Jahren aus den hiesigen Gefilden verschwunden. „Noch gibt es beispielsweise im Binsheimer Feld und im Mündelheimer Rheinbogen einige Feldlerchen, aus anderen Landschaftsschutzgebieten sind diese jedoch auch schon verschwunden“, erzählt Meßer.

Kein einziges Brutpaar des Kiebitz wurde im Frühling 2021 in Duisburg gesichtet
Kein einziges Brutpaar des Kiebitz wurde im Frühling 2021 in Duisburg gesichtet © Norbert Kilimann

Weitaus verheerender ist die Situation bezüglich des Kiebitz. Vor etwa 20 Jahren gab es noch mehr als 150 Brutpaare. Bis 2019 schrumpfte die Zahl auf fünf Paare zusammen. In diesem Frühling konnten sogar nur wenige Einzeltiere und kein einziges Brutpaar gesichtet werden. Somit steht auch der letzte Wiesenvogel im Stadtgebiet kurz vor dem Aussterben.

BUND: Das sind die Gründe für das Vogelsterben

Die Gründe für diese dramatische Entwicklung sind nach BUND-Einschätzung vielfältig: Die weitere Bebauung bisheriger Refugien bilde hierbei wohl einen Schlüsselfaktor, wie Meßer mit Bezug auf Bauprojekte etwa in Friemersheim und am Angerbogen hervorhebt. Jedoch sind auch Nachstellungen durch Waschbären ein Problem, die sich im gesamten Deutschland verbreitet haben.

Eine zunehmende Herausforderung stellen auch Spaziergänger dar, wie der 57-jährige feststellt: „Viele Menschen gehen in Landschaftsschutzgebieten auch fernab der ausgewiesenen Wege spazieren und missachten entsprechende Warnhinweise. Besonders heikel, wenn dies in Begleitung von nicht angeleinten Hunden stattfindet“. Mancher zeige sich dann auch bei direkter Ansprache der Problematik überaus uneinsichtig.

Ranger des RVR sprechen Spaziergänger an

Schon kleinste Störungen würden dazu führen, dass Alttiere ihre Nester verlassen. Insbesondere bei kühler Witterung hätte dies fatale Folgen. „Die Eier kühlen schnell aus und sterben letztlich ab“, erläutert der Walsumer Meßer. Die Mittel zur Eindämmung dieser massiven Störungen liegen dabei aber eigentlich schon auf der Hand. In der Regionalplanung werde zwar eine Artenschutzprüfung vor der Finalisierung etwaiger Bebauungspläne vorgenommen, eine Berücksichtigung finde aber in unzureichendem Maße statt.

Positive Entwicklungen seien aber im Bereich der Kontrolle der Schutzgebiete ersichtlich. So sind seit geraumer Zeit Ranger des Regionalverbandes Ruhr (RVR) unterwegs, die etwa auch das Fehlverhalten der Spaziergänger versuchen einzudämmen. „Die Etablierung weiterer Abzäunungen wie an der Friemersheimer Ruhraue wären überdies absolut wünschenswert“, resümiert Dr. Meßer. Genaue Zahlen zu Beständen einzelner Vogelarten werden wohl ab Juni vorliegen, jedoch lassen die aktuellen Beobachtungen einen weitergehenden Negativtrend befürchten.

>>BUND, Nabu und Biologische Station koordinieren Arterfassung

  • Seit mehr als 40 Jahren ist Dr. Johannes Meßer beim BUND aktiv und beteiligt sich kontinuierlich an naturkundlichen Beobachtungen und Erfassungen im Duisburger Raum. Auch im Zuge seines Engagements als Naturschutzwächter und im Beirat bei der unteren Naturschutzbehörde ist der 57 Jahre alte Walsumer gut informiert über den lokalen Vogelbestand.
  • BUND, Nabu und die Biologische Station Westliches Ruhrgebiet e.V. mit der Dependance im Landschaftspark Nord sind die zentralen Akteure bei der Koordinierung der Arterfassung in Duisburg