Duisburg. Seit zehn Jahren gibt es den Suchthilfeverbund Duisburg. Corona bringt ihm viele neue Klienten. Das fordert die Geschäftsführung.

Die Pandemie verschärft die Lage von Suchtkranken und von Familien mit geringem Einkommen in Duisburg erheblich. „Beratungs- und Unterstützungsangebote können nicht stattfinden, die soziale Schere spreizt sich weiter, Homeschooling überfordert Familien und Alleinerziehende“, so die Geschäftsführer des Suchthilfeverbundes, Dita Gomfers und Mustafa Arslan, bei der Vorstellung ihres Jahresberichtes 2020 am Montag.

Eine Feier zum 10. Jahrestag des Suchthilfeverbundes Duisburg musste ausfallen wegen der Corona-Pandemie, die auch die Präventionsarbeit in Schulen weitgehend zum Erliegen brachte. „Es gab dennoch viele Gründe, sich zu freuen“, so Gomfers und Arslan. Sie nennen den Umzug der Beratungsstelle Nord von Marxloh nach Hamborn (wir berichteten) mit einer zweiten Kontakt- und Anlaufstelle. Die erste war an der Gutenbergstraße 24 in der Innenstadt ein Jahr zuvor in Betrieb gegangen.

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Interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiter in Duisburg als Schlüssel zum Erfolg

„Es läuft gut“, so Arslan nach den ersten Monaten in den neuen Hamborner Räumen, wo auf 400 Quadratmetern an der Rathausstraße neben dem „szenenahen“ Angebot weitere Projekten gebündelt werden. Arslan: „Es gibt viele Schnittstellen, das macht die Arbeit effektiver. Hilfreich sei die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiter, die türkisch, persisch und polnisch sprechen: „Das ist oft der Schlüssel zum Erfolg.“

Projekt Streetwork Ost-Europa als Brücke zum Petershof in Marxloh

Polnisch ist gefragt bei den Streetworkerinnen Nicole Smyt und Lisa Marie Kröll im Projekt „Streetwork Ost-Europa“. Zu etwa 75 Menschen, die im Duisburger Norden gestrandet sind, oft wohnungslos, alkoholkrank und ohne gültige Papiere, haben sie bisher Kontakt geknüpft. Die Sozialarbeiterinnen klären den Bedarf, beraten zu Unterbringung, Krankenversicherung, medizinischer Versorgung oder zur Rückkehr in die Heimat. Ende Juni endet die Projektlaufzeit, eine Verlängerung ist ungewiss. „Dabei wäre das dringend notwendig“, sagen die Geschäftsführer, „wir konnten bislang nur in zwei Stadtbezirken arbeiten, wissen aber, dass es in den anderen Bezirken auch viele Betroffene gibt.“

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Geschäftsführung wünscht sich gesicherte Finanzierung der Arbeit

Der Suchthilfeverbund hält die Mitarbeiter über andere Projekte, etwa das vom Land gefördert „geSucht: Wohnraum“. Da geht es um die Vermittlung von Menschen, die das System der Sucht- und Wohnungslosenhilfe nicht erreicht. Also auch die Osteuropa-Klientel. Dennoch bleibt es dabei: Der Suchthilfeverbund muss sich von Projekt zu Projekt mit begrenzter Laufzeit hangeln. „Effektiver wäre es, wenn wir ein klares Konzept hätten, die Stadt die Arbeit als Pflichtaufgabe finanzieren würde“, sagen Gomfers und Arslan. „Bislang sind alle Stellen im niedrigschwelligen Bereich befristet.“

Wünsche: Konsumraum und Substitutionsambulanz für Duisburg

So bleiben viele Wünsche unerfüllt: Etwa nach einem Konsumraum, wie es ihn in den meisten Städten längst gibt. Oder nach einer Substitutionsambulanz, wo Drogen-Ersatz wie Methadon ausgegeben wird. Derzeit werden rund 750 Duisburger substituiert, Tendenz steigend. Von den 13 Hausärzten, die die Medikamente in ihren Praxen ausgeben, stehen einige vor dem Ruhestand. „Wir können nur hoffen, dass die Politik das als Ziele definiert“, hoffen die Geschäftsführer.

PANDEMIE BRINGT DER SUCHTHILFE VIELE NEUE KLIENTEN

  • Der Verein Suchthilfeverbund Duisburg, getragen von Diakoniewerk, Alexianern (Rheinhausen), Caritas (Nikolausburg/Ruhrort) und Stadt Duisburg sei nach zehn Jahren „immer noch in der Aufbauphase der Suchthilfe“, sagt Geschäftsführer Mustafa Arslan mit Blick auf die Lücken im Hilfeangebot.
  • Insgesamt 14.651 Kontakte zählten die 28 Mitarbeitenden im vergangenen Jahr. Vermehrt suchten Eltern Rat, die sich Sorgen machen über die lange Zeit, die ihre Kinder vor dem Computer verbringen. Überhaupt finden durch Corona viele neue Klienten den Weg zur Suchthilfe. „Die Suchtgefahr steigt in der Pandemie, weil der Ausgleich vielfach fehlt und die Menschen auf sich zurückgeworfen sind“, sagt Dita Gomfers.