Duisburg. Duisburger Altenpfleger und Verdi setzen sich für den Flächentarif ein und protestieren vor der Caritas. Die hat die Verhandlung platzen lassen.
Duisburger Altenpfleger wollen sich nicht mehr mit Applaus abspeisen lassen, sondern fordern eine angemessene Bezahlung von Fachkräften – ganz gleich, in welcher Trägerschaft sich das Altenheim befindet. Um auf die Gehalts-Misere aufmerksam zu machen, hat die Gewerkschaft Verdi am Samstag eine Protestaktion vor dem katholischen Stadthaus organisiert – hier hat die Caritas ihren Sitz. Um 12.05 Uhr wurden symbolträchtig und mit entsprechendem Corona-Abstand die Transparente ausgerollt.
Corona hat die Arbeitsbelastung bei den Alten- und Krankenpflegern noch einmal erhöht. „Der Hygieneaufwand ist viel höher und bleibt an den Mitarbeitern hängen“, erklärt Ira Steinke, während sie ein Schild mit der Aufschrift „Caritas: Nächstenliebe nur für wenige“ aufhängt.
Sie arbeitet im Seniorenheim der Arbeiterwohlfahrt am Innenhafen – und hat damit Glück, denn der Arbeitgeber zahlt nach Tarif, und hat auch die vereinbarte Corona-Prämie ausgezahlt. Dennoch engagiert sie sich im Namen der Kollegen für einen gerechteren Lohn. Viele von ihnen seien froh über ein paar freie Minuten – und deshalb nur noch selten auf Demonstrationen zu finden.
Caritas ließ die Verhandlungen platzen
In Reden betonen Politiker und Arbeitgeber stets, wie wichtig der Pflegejob für die Gesellschaft sei, weiß Verdi-Gewerkschaftssekretärin Dagmar Acosta Navarro. Doch mit der Caritas habe im Februar ausgerechnet ein kirchlicher Träger die weiteren Verhandlungen für einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag platzen lassen.
In einer Bundes-Kommission, in der unter anderem die Diakonie, die Arbeiterwohlfahrt und die Caritas mit am Tisch saßen, wurde darüber beraten, wie Pflegekräfte künftig bezahlt werden sollen. Dieser Tarif sollte dann nicht nur für kirchliche und öffentliche Einrichtungen gelten, sondern auch von solchen privater Träger. Die Caritas ist mit Verweis darauf, dass sie besser bezahle als die Vorschläge, die auf dem Tisch lagen, aus den Verhandlungen ausgestiegen.
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Tatsächlich ist die Bezahlung bei Einrichtungen der Caritas nicht schlecht – und der katholischer Träger hält sich auch an die tariflichen Vorgaben. Hannes Gerwers, Vertrauensleutesprecher bei den Helios Kliniken, hat noch einen alten Caritas-Vertrag. Heute arbeitet er auf einer geriatrischen Station im Helios-Krankenhaus, früher war er in einem Altenheim beschäftigt. „Da waren wir noch für die volle Pflege zuständig, sind mit den Bewohner zur Kirmes gefahren und hatten Zeit, uns zu kümmern.“
Mittlerweile gebe es Alltagsbegleiter, die weniger Geld erhielten, und die Pflegefachkräfte müssten mit der Zeit im Nacken arbeiten. Um die Patienten und Senioren gut zu versorgen, würden trotzdem viele Mitarbeiter unter schwierigsten Bedingungen einen guten Job machen. „Aber viele verlassen nach ein paar Jahren den Job, weil sie nicht mehr können.“
Verdi: Privatisierung auf Kosten der Mitarbeiter in der Pflege
Helmut Gröschl, der früher Vertrauensleutesprecher bei Helios war, weiß: „Vor Jahren hat eine Privatisierung stattgefunden. Vor allem die Privaten bezahlen ihre Mitarbeiter deutlich schlechter.“ Die Verdi-Mitglieder glauben deshalb: Die Caritas habe zum einen die Verhandlungen abgebrochen, damit der Tarif nicht angeglichen wird und die „guten Leute“ bei der Caritas für ein besseres Salär weiter arbeiten. „Zum anderen war der Abbruch ein Zugeständnis an die Privaten“, glaubt Dagmar Acosta Navarro.
Laut „Heimfinder NRW“, einem Angebot vom Land NRW, gibt es in Duisburg 60 Altenheime. Sie werden unter anderem von der Arbeiterwohlfahrt, dem Deutschen Roten Kreuz, den Maltesern, dem Christophoruswerk oder dem Anbieter Hewag betrieben. Die Caritas beschäftigt in Duisburg 410 Personen im Bereich der Altenhilfe.
Mit Blick auf die Bundestagswahl will die Gewerkschaft Verdi das Thema immer wieder auf die Tagesordnung bringen und hofft, prominente politische Fürsprecher zu finden. Weitere Aktionen sollen folgen.