Duisburg. Bei den Wochen gegen Rassismus las Journalistin Alice Hasters aus „Was weiße Menschen wissen sollten …“ und sprach über Schlüsselerlebnisse.

Der Titel klingt sperrig und verspricht weder schnellen Konsens noch Wohlgefühl: Und doch hat es Alice Hasters mit ihrem teils autobiografischen Sachbuch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen – aber wissen sollten“ auf Platz 5 der Spiegel-Jahresbestsellerliste 2020 gebracht. Auszüge daraus stellte sie in einer Online-Lesung zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus (IWGR) in Duisburg vor.

Ihr Buch begreift Hasters als Anregung zur Debatte. Sie wolle das Schweigen zum alltäglichen Rassismus brechen und riskiere dabei, auch missverstanden zu werden, sagte die Autorin, Journalistin und Podcasterin.

Wie eine alte Spardose Alice Hasters zum Umdenken brachte

Alice Hasters wurde 1989 als Tochter einer afroamerikanischen Mutter und eines deutschen Vaters in Köln geboren, studierte zunächst an der Sporthochschule Köln und absolvierte dann ein Studium an der Deutschen Journalistenschule in München. Sie arbeitete unter anderem für die Tagesschau, den Rundfunk Berlin Brandenburg und den Deutschlandfunk. Aufgewachsen ist sie in Nippes, einem bunten Stadtteil mit Menschen aus allen Teilen der Welt und zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern, fast ein multikulturelles Idyll.

Auch interessant

Rassismus – Alice Hasters spricht oft vom „R-Wort“ –, den gab es nach ihrer Meinung nur woanders. Vielleicht irgendwo auf dem Dorf, in den brennenden Häusern von Rostock oder bei organisierten Nazis. Davor hatte sie Angst. Und doch gab es auch in der eigenen Nachbarschaft irritierende Erfahrungen wie Griffe ins Haar oder Fragen nach der eigentlichen Heimat. Die junge Frau nahm solche Erlebnisse hin, fühlte sich aber unwohl.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Eine alte Spardose für das Trinkgeld einer Kaffeebude machte ihr klar, dass Schweigen und Runterschlucken auf Dauer keine Lösung sind: Die Dose zeigte einen klischeehaft gestalteten Afrikaner, dem man das Geld auf die Zunge legte. Entstanden seien solche Spardosen nach dem Ende der Sklaverei in den USA. Die Schwarzen fressen das Geld der Weißen, sei die damit verbundene Aussage, so Hasters.

Warum Rassismus immer hierarchisch

Alltagsrassismus in Deutschland- Drei Duisburger berichten An solchen Details lässt sich die Arbeitsweise der Autorin erkennen. Sie geht aus von der eigenen Biografie, beschreibt ihre Erfahrungen und Unsicherheiten. Doch sie bleibt nicht auf der persönlichen Ebene stehen, sondern sucht nach gesellschaftlichen, psychologischen und historischen Gründen. Zugleich gibt sie einen Einblick unter anderem in britische oder amerikanische Debatten zum Thema.

Rassismus, so Hasters Position, ist jegliche Vorstellung, die eine ethnische Gruppe einer anderen über- oder unterordnet. Er ist also immer verbunden mit einer klaren Hierarchie von Oben und Unten und insofern „systemisch“.

Auch interessant

Im Alltag müsse Rassismus nicht unbedingt mit einer bösen Absicht einhergehen, betont Hasters. Für die freundliche Kaffeebudenbesitzerin aus Nippes war die Spardose vielleicht nur eine seltsame Antiquität, Alice Hasters empfand sie als verletzend.

Angst vor nicht-weißen Menschen macht sie wütend

Ein Bestseller: Alice Hasters’ Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen: aber wissen sollten“.
Ein Bestseller: Alice Hasters’ Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen: aber wissen sollten“. © Hanser Literaturverlage

„Jeder männliche Schwarze kennt das Gefühl, nachts in ängstliche weiße Gesichter zu blicken“, verwies sie auf eine andere alltägliche Erfahrung. Eine solche Angst vor nicht-weißen Menschen macht sie, die sich selbst als „harmoniebedürftig“ beschreibt, wütend. An solchen Punkten sucht sie die Konfrontation.

Alice Hasters’ Buch fordert seine weißen Leserinnen und Leser heraus. Es ist emotional und rational zugleich, also im besten Sinne diskussionswürdig.

Die 45-minütige Diskussion mit Hasters am Freitagabend verdeutlichte nicht nur die Allgegenwart von Alltagsrassismus, sondern war auch ein Beispiel dafür, wie gut der Austausch online über Videokonferenzen funktionieren kann. Schade, dass nur etwa 30 Teilnehmer dabei waren.

>> ONLINE, MIT ANMELDUNG: „RASSISMUS BEI DER POLIZEI“, „ICH HABE NICHTS GEGEN JUDEN, ABER ...“

■ Die Internationalen Wochen gegen Rassismus in Duisburg werden getragen von etwa 20 städtischen und nicht-städtischen Organisationen und Initiativen. Mit dabei sind etwa das Kommunale Integrationszentrum, das Jugendamt Duisburg, der Stadtsportbund, der Flüchtlingsrat und das Deutsche Rote Kreuz.

■ In den kommenden Tagen finden online zum Beispiel statt:

„Rassismus bei der Polizei? Offenes Gespräch mit der Polizei Duisburg“; Donnerstag, 25. März, 15 Uhr.

„Ich habe nichts gegen Juden, aber …“, ein Workshop zum Antisemitismus, Samstag, 27. März, 14 Uhr.

■ Die Veranstaltung finden online statt. Alle Informationen, auch zu den Anmeldungen, unter www.iwgrdu.de