Duisburg. Nach dem gescheiterten Vorstoß von Duisburgs OB, die Schulen zu schließen, äußern sich Schulleiter aller Schulformen in größter Uneinigkeit.
Den Unterricht durchziehen oder Schulen schließen? Der Vorstoß von Oberbürgermeister Sören Link, wegen der hohen Sieben-Tage-Inzidenz in Duisburg die Schulen wieder zu schließen, scheiterte. Die Schulleiter sind sich auch nicht einig, was besser wäre.
Bei den Gesamtschulen ist „das Unsicherheitsgefühl recht ausgeprägt“, sagt deren Schulformsprecher Bernd Beckmann. Acht der 16 Standorte würden lieber heute als morgen wieder in den Distanzunterricht wechseln. Bei den anderen sei es eine Gratwanderung zwischen gesundheitlichen Bedenken und pädagogischen Erwägungen. An seiner eigenen Gesamtschule in Meiderich könne er die Abstandsregeln gut umsetzen, so Beckmann. Den Einsatz von Oberbürgermeister Sören Link findet er dennoch richtig, „die Zahlen in Duisburg sind schlecht, daher kann ich das nur unterstützen“.
Erste Corona-Fälle an den Schulen: „Es ist zum Kotzen!“
Das sieht auch Martina Zilla Seifert so, die Schulleiterin der Gesamtschule Körnerplatz hält es für „unverantwortlich, was im Moment läuft! Wir hätten die Kinder gut zu Hause weiter unterrichten können.“ Gutes Lernen sei mit Kindern auf Abstand mit Maske an Einzeltischen nicht möglich. „Uns ist es gelungen, die Kooperation im digitalen Raum - z. B. in Break-Out-Räumen zu gestalten - das wäre eine wirklich prima Alternative.“ Stattdessen also das Unvermeidliche: „Wir haben die ersten Corona-Fälle in der Schule - es ist zum Kotzen.“
Auch interessant
Kollege Karl Hußmann von der Leibniz-Gesamtschule sieht das anders. Die Schule liegt mitten in Hamborn, wo die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell bei 156 liegt. Die hohen Zahlen seien aber nicht auf das Schulgeschehen zurückzuführen, „dafür sind die gar nicht lange genug auf“. Er kritisiere nicht den Vorstoß von Link, „aber die Schulen dürfen nicht verantwortlich gemacht werden“. Falls die Zahlen in den nächsten ein bis zwei Wochen explodieren, wären Konsequenzen für Bildungseinrichtungen schlüssig. So sei das aber die „falsche Antwort“, mit halben Klassen, hoher Distanz, allgegenwärtigen Masken laufe es gut, auch beim Bustransport habe er nichts von Überfüllung gehört.
Berufskolleg bevorzugt wegen anstehender Prüfungen Präsenzunterricht
„Es gibt keine einheitliche Meinung“, bestätigt Angelika Hermans, Leiterin des Kaufmännischen Berufskollegs Mitte (KBM) und Schulformsprecherin über die Haltung der neun Duisburger Kollegs zur Diskussion über neuerliche Schulschließungen. Die Schulen stecken in den Kammerprüfungen, die teilweise schon im März stattgefunden haben, die nächsten folgen bald nach Ostern im Mai.
„40 Prozent unserer Schüler besuchen Abschlussklassen, deshalb würden wir die derzeitige Präsenz gern aufrechthalten“, sagt Hermans für das KBM. Schnelltests seien zwar bislang noch nicht eingetroffen, aber für die kommende Woche geplant. Ansonsten gelte Zurückhaltung, die Schüler werden sukzessive in die Präsenz zurückgeholt. Die letzten kommen erst nach den Osterferien. „Wir haben gute Erfahrungen mit Distanz- und Hybrid-Unterricht gemacht, das bestätigen auch die Reaktionen der Betriebe“, berichtet Angelika Hermans.
Grundschulen: Langer Distanzunterricht nach Ostern?
„Das Bild ist je nach Inzidenzwert im jeweiligen Bezirk unterschiedlich“, sagt Schulformsprecher Haris Kondza über die Stimmung an den Grundschulen. Kondza leitet die Regenbogenschule in Marxloh und sagt: „Sieht man nur auf den Gesundheitsschutz, wäre es folgerichtig, den Beschlüssen Folge zu leisten und erneut zu schließen. Aus pädagogischer Sicht beurteile ich das natürlich völlig anders.“ Die Schulen sähen aber die Gefahr, dass der Verzicht auf eine erneute Schließung vor den Ferien dazu führen könne, „dass wir nach Ostern umso länger wieder in den Distanzunterricht gehen“.
Verunsichert seien auch die Kollegien durch die Aussetzung der Astrazeneca-Impfungen. „Viele hatten schon einen Termin. Wir hoffen, dass es nächste Woche weitergeht.“ Selbsttests sind an den Grundschulen nicht vorgesehen, die Lehrerinnen und Lehrer der Regenbogenschule können sich wöchentlich durch einen Hausarzt testen lassen, der in die Schule kommt.
Förderschulen erreichen Kinder auch per Homeschooling
Torsten Marienfeld, Schulformsprecher der Förderschulen, würde es begrüßen, „wenn Schüler, die wir gut per Homeschooling erreichen können, zu Hause bleiben könnten. Da ist eine Menge entstanden, Wege des digitalen Lernens sind gewachsen.“ Eine Notbetreuung müsste aber angeboten werden. „Wichtig ist es, die Kontakte runterzufahren und das schaffen wir nicht, indem wir wieder alle Schüler durch die Stadt schicken“, betont Marienfeld. Die Schnelltests seien für seine Schüler an der Alfred-Adler-Schule enorm gewöhnungsbedürftig, bis diese ohne allzu große Fehlermeldung gehändelt werden, werde es dauern.
Gymnasien: Schulformsprecher will lieber nichts riskieren
Die Stimmung an den Gymnasien ist sehr divers, berichtet deren Schulformsprecher Christof Haering. Die Argumente für eine Fortsetzung des Wechselunterrichts seien gut. „Wir alle genießen es, wieder in Klassen zu unterrichten und die Kinder zu sehen.“ Dennoch würde er mit seinem Landfermann-Gymnasium lieber dem Oberbürgermeister folgen. Insbesondere sehe er eine Gefährdung durch den Schulweg in Bus und Bahn. „Ich glaube, dass das Risiko zu hoch ist.“