Duisburg. Die Träger der Übermittagsbetreuung, die die Notbetreuung an Duisburger Schulen stemmen, sind selbst in Not. Sie sehen ihre Existenz gefährdet.
Wenn das Land nicht zahlt, wird es am Ende der Pandemie weniger Träger für die Übermittagsbetreuung an Schulen geben, sagt Susanne Baranski. Sie ist sicher: „Mancher wird finanziell in die Knie gehen und dann steht die Betreuungs-Landschaft auf der Kippe.“
Baranski ist die Geschäftsführerin der Genialis GmbH. Am Krupp-, Kopernikus- und Franz-Haniel-Gymnasium in Duisburg ist ihr Unternehmen für die Übermittagsbetreuung verantwortlich, außerdem an Schulen in Dinslaken und Hagen.
Träger: Land und Kommune sollen für Februar die Kosten übernehmen
Ihr Geschäft ist durch die Corona-Pandemie arg gebeutelt. Beim ersten Lockdown erstatteten Land und Kommune die Kosten. Beim zweiten Lockdown im Winter wurde zumindest der Januar übernommen, theoretisch - praktisch ist noch nichts auf dem Konto der GmbH, sagt Baranski. Der Februar ist gänzlich offen und die festen Kosten laufen weiter.
Die Kommune zahlt nicht, wenn das Land nicht zahlt und der Träger steht im Regen, sagt Baranski. Denn umgekehrt findet sie es auch „ein Unding, die Gebühren bei den Eltern abzubuchen, wenn sie dafür nichts bekommen“. Laut Corona-Erlass darf es aktuell keine Übermittagsbetreuung geben. Die Eltern würden sich also zurecht beschweren, wenn die Gebühren abgebucht werden. Eine Ausnahme macht Genialis bei der Notbetreuung, da wird abgebucht.
Daraufhin wandte sich eine Mutter mit ihrer Beschwerde an die Redaktion: Da sie in einem systemrelevanten Beruf arbeite, sei sie von der Notbetreuung abhängig. Weil sie einen Betreuungsvertrag für die Übermittagsbetreuung hat, wird darüber die Notbetreuung verrechnet. Als zahlendes Elternteil findet sie die Regelung jedoch mehr als ungerecht, da ja alle Kinder an der Betreuung teilnehmen dürfen, unabhängig davon, ob ein Betreuungsvertrag geschlossen wurde oder nicht.
Trägern fehlen die Gelder für die Gehälter
Ungerecht behandelt fühlt sich auch die Genialis GmbH: „Wir sind in die Notbetreuung eingebunden, sollen also arbeiten, aber ohne Gegenfinanzierung.“ Grundsätzlich werden die Mitarbeiter durch Landesgelder und Elternbeiträge finanziert.
Genialis will die Elternbeiträge für den März noch nicht abbuchen. Um nicht zahlungsunfähig zu werden, sei aber spätestens ab April eine Abbuchung erforderlich - unabhängig davon, ob Betreuung stattfinden kann oder nicht. Andernfalls sei es auch unsicher, ob und inwieweit die Notbetreuung in den Schulen weiter durchgeführt werden kann, „da uns absehbar die Gelder für die Gehälter fehlen werden“, begründet Baranski.
Stadtsportbund ist in Vorleistung gegangen: „Das hält man nicht lange aus“
Ähnlich sieht es beim Stadtsportbund aus, der aktuell für acht weiterführende Schulen und 23 Grundschulen eine Notbetreuung anbietet. „Wir sind für einen Monat in Vorleistung gegangen, wir haben ja das volle Personal. Das kann man aber nicht lange aushalten“, sagt Christoph Gehrt-Butry. Im Schnitt nutzen pro Standort bis zu 80 Kinder das Angebot, das für alle kostenfrei ist, auch für die mit laufendem Betreuungsvertrag. Dass diese Entscheidung nicht jeder Träger so trifft, wundert ihn nicht, „sie werden sonst in die Knie gehen.“
Die Genialis GmbH ist wie die meisten Träger der freien Jugendhilfe gemeinnützig. Der Vorteil ist die Steuerfreiheit, der Nachteil ist, dass keine Reserven aufgebaut werden können. „Wir brauchen die Elternbeiträge, sonst gehen wir pleite“, sagt entsprechend Baranski. Die Unterstützung des Landes für Januar sei jedenfalls noch nicht auf dem Konto.
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Auch Kurzarbeit ist für die Mitarbeiter keine Option, sie arbeiten ja. „Der Verein kommt uns da sehr entgegen“, lobt Benedikte Herrmann, Leiterin des Krupp-Gymnasiums. Das Kollegium decke die Notbetreuung von 8 bis 10.30 Uhr, danach übernehmen die Kollegen von Genialis. Der Verein kenne die Schule, die Kooperation laufe seit Jahren gut, sagt Herrmann. Und auch wenn es der aktuelle Erlass nicht vorsehe: „Die Eltern wünschen sich eine Übermittagsbetreuung.“
OB Sören Link forderte Hilfe über den Städtetag
Baranski hat Mitte Februar einen Brief an Ministerpräsident Armin Laschet geschrieben, bislang ohne Reaktion. Auch Oberbürgermeister Sören Link hatte sich im Städtetag für die Kindertagesbetreuung stark gemacht. Nach der Aussetzung der Elternbeiträge für Januar 2021 forderte er gemeinsam mit dem Städtetag von der Landesregierung mindesten die hälftige Beteiligung an den Kosten für eine Erstattung des Beitrages für Februar. Oberbürgermeister Link: „Ich weiß um die hohen Belastungen, welche die Familien in dieser Pandemie auch finanziell zu tragen haben. Zudem sind zahlreiche Familien im Februar dem Appell der Landesregierung sehr verantwortlich gefolgt, und haben ihre Kinder wie gewünscht nicht in die Betreuungsangebote gebracht. Sie stellen nun berechtigt die Forderung nach einer weiteren Befreiung der Beiträge für Februar. Es ist völlig unverständlich, dass die Landesregierung dazu noch keine Entscheidung getroffen hat.“
Auch Baranski selbst würde gern an die Schule zurückkehren. Sie ist Risikopatientin und seit Oktober im Homeoffice. „Sobald ich geimpft bin, fahre ich wieder in die Schule“, sagt sie. Wann das sein wird, ist wie so vieles, offen.
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Die Träger von Betreuungsmodellen wie dem Verlässlichen Halbtag hätten für die Elternbeiträge im Januar Ersatz bekommen, der zu jeweils 50 Prozent von Land und Kommune getragen wird, betont eine Sprecherin der Stadt Duisburg.
Für die nachfolgenden Monate würden die Elternbeiträge bislang regulär eingezogen, da seitens des Landes noch keine Regelung in Bezug auf weitere Erstattungen und damit verbunden einer Landesbeteiligung getroffen wurde. „Nach unserem Kenntnisstand verfügen die Träger somit über die eingeplanten Einnahmen und es sollten hier keine Existenzen gefährdet sein“, sagt die Stadtsprecherin. Man sei den Trägern sehr dankbar für den flexiblen Personaleinsatz.