Duisburg. Sana-Chefarzt Prof. Markus Schmidt ist Spezialist für eine oft unerkannte Krankheit, die Schwangere quält und das Ungeborene in Gefahr bringt.
Schon bei ihren ersten beiden Schwangerschaften hat Julia Printz unter Juckreiz gelitten. Bei der dritten begann das quälende Jucken früh, und die Ärztin an den Sana Kliniken in Duisburg musste um ihr Baby fürchten. Ist doch der extreme Juckreiz folge einer seltenen Erkrankung, die sogar zum Tod des Ungeborenen führen kann.
Die Schwangerschafts-Cholestase trete in 0,5 bis 1 Prozent der Schwangerschaften auf, werde aber oft nicht erkannt, wie Prof. Dr. Markus Schmidt, Chefarzt der Frauenheilkunde und Geburtshilfe an den Sana Kliniken sagt. Er diagnostiziert und behandelt Patientinnen, die aufgrund dieser Erkrankung eine Risiko-Schwangerschaft erleben.
Duisburger Sana-Chefarzt: Krankheit kann plötzlichen Herztod auslösen
Bemerkbar macht sich die Erkrankung meist im letzten Drittel, sie ist „wahrscheinlich hormonabhängig“, so Schmidt. Bei den Frauen führe das zu einem unerträglichen Juckreiz rund um die Uhr. „Es ist wie Folter, der ganze Körper juckt unaufhörlich“, schildert Julia Printz, die seit 2018 als Ärztin in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe arbeitet. Zunächst habe sie versucht, das Jucken mit Duschen und Eincremen einzudämmen. „Es geht nicht weg.“
„Die Frauen kratzen sich kaputt“, sagt Schmidt. Dennoch würde das oft abgetan, als harmlos verkannt. Die Ursache der Krankheit: Weil die Leber die Gallensäuren nicht mehr wie normalerweise in den Darm ausscheiden kann, gelangen die Säuren ins Blut der Mutter und lagern sich in der Haut ab. Das löst den Juckreiz aus. Sie geraten aber auch über den Mutterkuchen in den Blutkreislauf des Kindes. Steigen die Werte extrem an und gelangen ins Reiz-Leitungssystem des Ungeborenen, kann das einen plötzlichen Herztod auslösen, schildert Schmidt.
Pro Monat werden durchschnittlich zwei Frauen behandelt
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Helfen kann ein Medikament, das die Gallensäuren wasserlöslich macht und die damit über die Nieren ausgeschieden werden können. Steigen die entsprechenden Blutwerte dennoch stark, werde das Risiko zu hoch. Um das Schlimmste zu verhindern, müsse die Geburt „nach der 38. Woche oder schon früher“ eingeleitet werden. Schmidt, der sich intensiv mit der Schwangerschafts-Cholestase beschäftigt und auch an der ärztlichen Empfehlungsliste zur Behandlung mitgearbeitet hat, behandelt im Monat etwa zwei betroffene Frauen.
„Bei mir sind die Werte rapide angestiegen“, schildert Julia Printz. Und damit das Sterberisiko fürs Ungeborene. „Gegen Ende der Schwangerschaft – die Angst, kann man sich nicht vorstellen.“ Die Sorgen, wenn sich das Kind zwei, drei Stunden nicht bewegt hat, dazu der Juckreiz und der Schlafmangel. „Man ist nicht mehr man selbst, das zermürbt einen“, sagt die 38-Jährige. „Ich bin zwar selbst vom Fach, konnte es aber nicht mehr aushalten.“
Franz musste in der 34. Woche geholt werden
Deswegen habe die Geburt schon in der 34. Schwangerschaftswoche eingeleitet werden müssen, also sechs Wochen vor dem normalen Geburtstermin. Der Kleine namens Franz musste für zwei Wochen in die Kinderklinik. Hin- und hergerissen zwischen den beiden älteren Töchtern und dem Frühchen, erinnert sich Julia Printz an eine Zeit, die sie „nie mehr“ mitmachen möchte. Obwohl alles gut gegangen ist. Franz hat gerade putzmunter seinen zweiten Geburtstag gefeiert.
>>RUND 1800 GEBURTEN PRO JAHR IN DEN DUISBURGER SANA KLINIKEN
- In Duisburg wurden 2020 rund 4840 Kinder geboren, ein Rückgang von 4,8 Prozent gegenüber 2019. Rund 1800 Geburten zählen die Sana Kliniken pro Jahr, darunter auch viele Risiko- und Mehrlingsgeburten.
- Die Kinderklinik verfügt über eine Intensiv- und Frühgeborenenstation, die Station für Säuglinge und Kleinkinder und die Station für Kinder und Jugendliche.