Duisburg. Linus ist nur zwei Monate alt, wiegt 1,4 Kilogramm. Eine OP an seinem Herzen war trotzdem unumgänglich. Ärzte in Duisburg retteten sein Leben.

Genau zwei Monate alt ist Linus, gerade 1400 Gramm wiegt der Junge, der mit einer verklebten Herzklappe und offener Verbindung zwischen Lunge- und Hauptschlagader zur Welt kam. Mit einem bei Kindern dieser Größe extrem seltenen Katheter-Eingriff hat Dr. Gleb Tarusinov, Chefarzt der Kinderherzklinik im Herzzentrum Meiderich, beide Defekte erfolgreich beseitigt. Nach drei Tagen konnte der Kleine zu seinem Zwillingsbruder Ben in die Krefelder Helios Kinderklinik zurückkehren.

In der 25. Schwangerschaftswoche, fast 15 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin, waren die Zwillinge am 2. September per Kaiserschnitt zur Welt gekommen. „Ich hatte einen verkürzten Geburtskanal, ein Verschluss hielt nicht mehr, Ben lag schon sehr tief“, berichtet Janine Horchmer, die Mutter. Mit knapp 700 Gramm hatten die Babys ein sehr geringes Geburtsgewicht.

Duisburger Herzklinik ist spezialisiert auf Katheter-Eingriffe bei Kindern

Dass sich der Ductus, eine Verbindung zwischen Haupt- und Lungenschlagader für die Sauerstoff-Versorgung im Mutterleib, bei Linus nach der Geburt nicht verschlossen hatte, fiel bei den ersten Untersuchungen bereits auf.

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Wenig später auch, dass sich seine Pulmonalklappe nicht richtig öffnete. „Das führt zu einer enormen Belastung des Herzens, weil es wesentlich mehr pumpen muss, um eine ausreichende Menge Blut zu transportieren“, erklärt Dr. Gleb Tarusinov.

Herz des Frühchens ist so klein wie seine Faust

Gerade so groß wie die Faust des Babys ist auch sein Herz. „Eine große Operation mit Herz-Lungen-Maschine ist bei Kindern dieses Gewichts nicht zu machen“, erklärt der Chefarzt. Die Alternative: Ein 1,5 Millimeter dünner Katheter-Schlauch, der über die Leiste des Kindes in eine Vene eingeführt wird, dringt bis zur Herzklappe vor. Dann wird ein Ballon an der Spitze des Katheters aufgeblasen und löst so die Stenose, eine Verklebung der Herzklappe mit gerade sechs Millimetern Durchmesser. Schon den Zugang zu dem maximal drei Millimeter großen Blutgefäß zu schaffen, erfordert viel Fingerspitzengefühl.

Erfahrungen bei so kleinen Kindern zu sammeln, ist für die Kinderkardiologen schon deshalb schwierig, weil solche Fälle sehr selten sind. „Die meisten Kinder mit schweren Herzfehlern kommen nicht zu früh auf die Welt“, erklärt der Chefarzt. Rund 3000 Katheter-Interventionen hat er in seinen 15 Jahren in Meiderich vorgenommen, etwa 200 waren Pulmonalklappen-Sprengungen, nur drei der kleinen Patienten wogen weniger als 1,5 Kilo. „Man tastet sich da heran, beginnt mit den größeren Kindern“, beschreibt Tarusinov den Lernprozess.

Eingriff erfordert Mut und Erfahrung des Kardiologen

Ein solcher Eingriff, der bis vor zehn Jahren „noch nicht denkbar war“, sagt Kardiologe Tarusinov, „das braucht Mut und Erfahrung, denn es besteht die Gefahr, das bei diesen kleinen Kindern noch sehr weiche Herzgewebe zu beschädigen“. Außerdem sollten bei dem Eingriff, der unter Röntgenkontrolle erfolgen muss, die Strahlenbelastung für die kleinen Patienten ebenso gering gehalten werden, wie die die Menge des verabreichten Kontrastmittels, um die Belastung möglichst gering zu halten.

Auch bei Linus hätten die Ärzte früher wohl gewartet. „Aber er hätte dann nicht ohne Hilfe atmen können, das wäre nicht gut für seine Entwicklung gewesen“, sagt Tarusinov. „Wenn es eine Methode mit einem vertretbaren Risiko gibt, muss man nicht weitere Monate warten. Die Komplikationsrate bei diesem Eingriff ist niedrig.“

Große Erleichterung bei den Eltern nach der gelungenen Korrektur

Bei Janine Horchmer und Pascal Liedtke, den Eltern von Linus, weicht nun nach und nach die Anspannung. „Das war ein Schock“, berichten sie. Dr. Gleb Tarusinov, der bei dem Katheter-Eingriff auch den Ductus erfolgreich verschlossen hat, entlässt seinen kleinen Patienten mit beruhigenden Nachrichten für die besorgten Eltern: „Es spricht nichts dagegen, dass er bald normal atmen kann.“

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>> NEUER CHEFARZT IN DER KINDERHERZKLINIK MEIDERICH

  • Dr. Gleb Tarusinov hat zum 1. November die Nachfolge von Privatdozent Dr. Otto Krogmann als Chefarzt der Kinderherzklinik in Meiderich angetreten. Der 51-jährige Kinderkardiologe, Kinderarzt und Intensivmediziner, der aus St. Petersburg stammt, wo er auch Medizin studiert hat, ist bereits seit 15 Jahren in Meiderich tätig, in den vergangenen neun Jahren als leitender Oberarzt. Zuvor war Tarusinov fünf Jahre lang im Herzzentrum in Bad Oeynhausen tätig.
  • „Ich wollte schon immer Kinderarzt werden“, berichtet der neue Chefarzt, „im Studium hat mich dann die Kardiologie fasziniert“. Seit zehn Jahren leitet er auch das Kinderherzlabor in Meiderich. Seine Schwerpunkte sind Katheter-Eingriffe, Intensivmedizin und MRT-Untersuchungen.
  • Die Kinderherzklinik ist Teil des Herzzentrums, das zum Evangelischen Klinikum Niederrhein (EVKLN) gehört. Im übernächsten Jahr steht der Umzug in den Neubau am Ev. Krankenhaus Nord in Röttgersbach an.