Duisburg-Neudorf. Fast 40 Jahre war Winfried Mück Pfarrer in Neudorf-Ost. Der Abschiedsgottesdienst wird wegen Corona verschoben. Gemeinde muss sich neu finden.
Pfarrer Winfried Mück verabschiedet sich in den Ruhestand. Seit 40 Jahren hat er die Gemeindearbeit in Neudorf-Ost geprägt, hat mehr als eine Generation begleitet. Gemeinde und der Pfarrer selbst sind ein wenig wehmütig, sich allerdings einig: Der Festgottesdienst zum Abschied wird nachgeholt. Ein Rückblick.
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1981 wechselte Mück, gebürtiger Hesse, von Bad Kreuznach nach Duisburg – zunächst als Hilfsprediger. 1983 wurde er dann in sein Amt eingeführt. „Wie man während des Gottesdienstes und der anschließenden Feier merken konnte, hatte er in dieser Zeit die Gemeinde bereits für sich gewonnen“, beschrieb die damalige Pressereferentin der evangelische Kirche damals. Mück selbst erinnert sich so: „Die meisten meinten, dass ich mich mit dem Wechsel nach Duisburg verschlechtern würde. Dabei fand und finde ich, dass Duisburg ganz schöne Ecken hat.“ Mück trat in große Fußstapfen. Nach dem Krieg war Karl Immer Pfarrer in Neudorf. Er half, die Care-Pakete an die Menschen zu verteilen und wurde später zum Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland bestellt.
Duisburger Presbyterin lobt die gute Kinder- und Jugendarbeit
Der naturwissenschaftlich interessierte Mück stand für eine unaufgeregte und moderne Vermittlung des Glaubens. Wenn Jugendliche im Konfirmandenunterricht zum Beispiel daran zweifelten, dass es Gott überhaupt gibt, spannte der 65-Jährige den Bogen von der Urknall-Theorie über die Astrophysik zu Zufällen und Gottesfügungen. Generationen von Teenagern begleitete er – und traute sie zum Beispiel später oder taufte deren Kinder.
„Gerade die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen der Gemeinde lag Pfarrer Mück immer am Herzen und im Blut“, lobt Claudia Basel, stellvertretende Vorsitzende des Presbyteriums. Die quirligen Familiengottesdienste, Kinderbibelwochen sowie den Gitarrenunterricht mit Pfarrer Mück kennt auch sie noch aus ihrer eigenen Kindheit. Mück hat sogar extra Gitarrespielen gelernt, um sein Wissen weiter zu geben. Und wenn er die Jungen und Mädchen im benachbarten Kindergarten „Wilde 13“ besuchte und zufällig noch seinen Talar trug, fragten sie: „Herr Mück, warum hast du dich denn heute verkleidet?“
Neues Gemeindehaus für Arbeit auf „Augenhöhe“
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Gemeinde verändert. Mehr Menschen sind berufstätig und haben so weniger Zeit, sich ehrenamtlich zu engagieren. Die beiden Standorte an der Bürger- und Wildstraße wurden zusammengelegt. Ein neues Gemeindehaus wurde gebaut. Statt schwerer Kirchenbänke wurde der Raum mit Stühlen ausgestattet. Die kann man bei Veranstaltungen beiseite schieben. „Kirche findet für mich nicht von der Kanzel herab statt, sondern mit den Menschen auf Augenhöhe.“ Und: Anders als in herkömmlichen Gotteshäusern sei es in dem Raum warm, es gebe Garderoben und nach dem Gottesdienst trinken die Besucher noch miteinander Kaffee. „Dass wir heute gut aufgestellt sind und ein wunderbares, einladendes Gemeindezentrum haben, ist nicht zuletzt der Verdienst von Pfarrer Mück,“ sagt Reinhard Schmidt, stellvertretender Kirchmeister von Neudorf-Ost. Das Gemeindezentrum ist als „bester Bau am Niederrhein 2006“ ausgezeichnet worden.
Nach 40 Jahren, die sich Winfried Mück ganz seiner Arbeit in Neudorf widmete, will er nun überlegen, wie es für ihn im Ruhestand weiter geht. „Ich möchte, dass wir nach Corona einen Abschiedsgottesdienst machen können. Es ist mir nicht wichtig, im Mittelpunkt zu stehen, aber nach so einer langen Zeit muss sich eine Gemeinde neu finden. Ich fände schön, wenn wir uns alle voneinander verabschieden können.“
„Pastor im Übergang“ wird die Gemeinde für ein Jahr leiten
Die Pfarrstelle wird im kommenden Jahr regulär wieder besetzt. Anfang des Jahres gab es dann noch „ein Geschenk“, wie Winfried Mück sagt. Rainer Gertzen wird bis dahin die Gemeinde Neudorf-Ost begleiten und beraten. „Pastoraler Dienst im Übergang“ heißt das Programm, das die Evangelische Kirche im Rheinland 2013 eingeführt hat. Gemeinden, die lange von einem Pfarrer geprägt wurden, bekommen so die Chance, sich neu zu orientieren.
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Rainer Gertzen, 48 Jahre alt, hat einen ähnlichen Job bereits in der Essener Gemeinde Borbeck-Vogelheim erfüllt, dort wurden innerhalb kurzer Zeit drei Pfarrstellen neu besetzt. Gertzen übernimmt anstehende Trauungen, Taufen und auch Beerdigungen, will aber auch Fragen klären, „wie fahren wir den Laden nach Corona wieder hoch?“ Um gemeinsame Ziele zu definieren, wird zwischen dem Presbyterium, dem Kirchenkreis und ihm ein Vertrag geschlossen. Eine Voraussetzung: Gertzens Vertrag darf zwar noch einmal verlängert werden, aber auf die reguläre Nachfolge darf er sich nicht bewerben.
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