Duisburg. Bleibt Duisburg trotz der gesunkenen 7-Tage-Inzidenz Hotspot? Kommt die 15-Kilometer-Regel doch auch auf Duisburger zu? Das sagt der Krisenstab.
In Deutschland werden die Corona-Maßnahmen weiter verschärft. Bund und Länder haben sich auch auf eine Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer in Hotspot-Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 Fällen pro 100.000 Einwohner geeinigt, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstagabend. Kommt eine solche 15-km-Regel nun auch auf Duisburg zu?
Die 15-Kilometer-Regel soll nicht nur für Landkreise gelten, sondern auch für kreisfreie Städte wie Duisburg, bestätigte am Dienstagabend NRW-Ministerpräsident Armin Laschet bei seiner Pressekonferenz. Kanzlerin Merkel war zuvor während ihrer Pressekonferenz auf Nachfrage eines Journalisten kurz näher auf die 15-Kilometer-Regel eingegangen, die vor allem tagestouristische Massenanstürme wie zuletzt im Sauerland verhindern soll.
[Hinweis der Lokalredaktion: Diesen Artikel haben wir am Mittwochabend, 6. Januar, um die Stellungnahme der Stadt Duisburg erweitert.]
Einschränkung der Bewegungsfreiheit: Meldeadresse nicht der Bezugspunkt
Der Bewegungsradius soll in Hotspot-Kreisen und -Städten auf 15 Kilometer um den jeweiligen Wohnort begrenzt werden. Bezugspunkt, so Merkel, solle jedoch nicht die jeweilige Wohnadresse sein. Im Stadtgebiet betroffener Großstädte sollen sich die Menschen also weiter frei bewegen können, ohne auf die 15 Kilometer achten zu müssen – alles andere sei „nicht praktikabel“ und nicht kontrollierbar, so die Kanzlerin.
Die 25,1 Kilometer vom nördlichsten bis zum südlichsten Zipfel des Duisburger Stadtgebietes dürften alle Duisburger also weiterhin zurücklegen, ab der Stadtgrenze dann aber offiziell nicht mehr als 15 Kilometer. Ausflüge nach Wesel, Essen oder in die Düsseldorfer Altstadt wären für Duisburger bereits grenzwertig, solche in den Kreis Kleve oder ins Bergische Land tabu – sofern sie keine triftigen Gründe haben, wie etwa bei Fahrten zu Ärzten oder zur Arbeit. In Sachsen gilt die 15-km-Regelung bereits seit Mitte Dezember. Anwohner dürfen sich dort für Einkäufe oder beim Sport im Freien nicht weiter als 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen.
Die folgende Karte der redaktionellen Grafik dient lediglich zur groben Orientierung. Die 15-km-Regel ist wie geschrieben noch gar nicht konkretisiert. Falls Duisburg Hotspot bleibt und die 7-Tage-Inzidenz wieder über 200 steigt, würde die Beschränkung wohl für Ausflüge ohne triftigen Grund ab der Stadtgrenze gelten. Der Radius müsste, streng genommen und je nach Formulierung der Coronaschutzverordnung, vermutlich die Form der Stadtgrenze haben. Aber welcher Ordnungshüter könnte/würde das kontrollieren? Zumal der Zweck der Regel ohnehin ein anderer ist. Unter der Karte lesen Sie den Standpunkt der Stadtverwaltung.
Das sagt die Stadt Duisburg zur Eibnführung der 15-Kilometer-Regel
Stadtsprecher Peter Hilbrands sagte zur Umsetzung in Duisburg auf Nachfrage am Mittwoch: „Zunächst wissen wir noch nicht, ob NRW überhaupt die Beschlüsse von gestern 1:1 umsetzt.“
Es komme jedoch für Kommunen und Bürger „auf die konkrete Umsetzung durch das Land an: Wird in der zu erwartenden Coronaschutzverordnung festgeschrieben, dass die Regelung bei Erreichen des Hotspot-Grenzwertes von 200 automatisch greift oder ist es eine Option, die per Allgemeinverfügung durch die Stadt im Einvernehmen mit dem Land bei Überschreiten des 200er Wertes erlassen werden kann?“
Nach Ansicht des Duisburger Krisenstabes „kann man über die Sinnhaftigkeit und auch über die Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer streiten“, fasst Hilbrands zusammen. „Jedenfalls ist sie schwieriger anzuwenden als etwa ein Ausgehverbot am Abend und in der Nacht.“ Beim Ausgehverbot – in Duisburg gilt keines – werden Kommunen in Nordrhein-Westfalen zurzeit „individuell per Allgemeinverfügung tätig, während andere Bundesländer dies flächendeckend verordnet haben, auch für Kommunen, die unter 200 liegen“, erläutert Stadtsprecher Hilbrands. „Auch das ist eine offene Frage, die noch nicht geklärt ist im Hinblick auf die 15-km-Regel.“
Auf die Entscheidungen der Landesregierung zur Einschränkung des Bewegungsradius verweist die Stadt auch bezüglich der Ausnahmen und „triftigen Gründe“. „Ob zum Beispiel der entfernte Wohnort eines Lebenspartners dazu gehört“, so Hilbrands, „kann man daher noch nicht sagen“.
Ist/bleibt Duisburg Corona-Hotspot?
Duisburg war seit dem 27. Oktober ununterbrochen eine solche Hotspot-Kommune – bis zum 25. Dezember: An diesem Tag sackte der Inzidenzwert von 209,6 auf 170,6 Neuinfektionen in sieben Tagen je 100.000 Einwohner ab. Seither ist Duisburgs 7-Tage-Inzidenz auf 123,9 gesunken (siehe Grafik).
Ist Duisburg also wegen der Effekte des vor Weihnachten erstmals verschärften Teil-Lockdowns gar kein Hotspot mehr, für den die 15-km-Begrenzung in Frage kommt? Die aktuellen Fallzahlen geben darauf keine Antwort.
Inzidenz unter 200 – die aktuellen Fallzahlen sind weniger aussagekräftig
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Denn die Dunkelziffer hat sich seit Weihnachten zweifelsfrei auch in Duisburg stark erhöht, weil seit dem 24. Dezember deutlich weniger Menschen von Hausärzten getestet oder zum PCR-Test ins Abstrichzentrum im Theater am Marientor (TAM) geschickt wurden.
[Alle Grafiken zum Infektionsgeschehen in Duisburg]
Darauf deutet auch die täglich vom Gesundheitsamt gemeldete Zahl der erfassten Neuinfektionen seit Heiligabend hin: Am 24. Dezember waren es noch 134 labortechnisch bestätigte Fälle, seither nur noch an drei Tagen mehr als 100 neue Fälle. Am 4. Januar wurden lediglich 18 neue Fälle erfasst, am 31. Dezember sogar nur acht.
Krisenstab berät Ende kommende Woche über Hotspot-Status
Der städtische Krisenstab will darum erst „Ende kommender Woche“, so Stadtsprecher Peter Hilbrands, über die Einstufung als Hotspot-Stadt und die damit verbundenen, verschärften Infektionsschutzmaßnahmen beraten. Der Stab rechnet damit, dass in den kommenden Tagen wieder mehr Neuinfektionen registriert werden.
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Die deutlich gesunkenen Fallzahlen seien „aktuell nur sehr schwer zu beurteilen“, erklärte Krisenstabsleiter Paul Bischof auf Nachfrage am Dienstag: „Die niedrige Wocheninzidenz ist sicherlich zum Teil das Ergebnis des eingeschränkten Testvolumens beim Gesundheitsamt und der Kassenärztlichen Vereinigung.“ Laut Robert Koch-Institut seien die Daten (u.a. wegen der Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen) etwa ab Mitte Januar wieder aussagekräftiger.
Inwieweit sich der verschärfte Teil-Lockdown bereits positiv auf die Zahlen auswirkt, könne „gegenwärtig noch nicht seriös beurteilt werden“, meint so auch Paul Bischof. Es bestehe „deshalb leider noch kein Anlass, sich in Sicherheit zu wiegen. Es ist absehbar, dass die Zahl der Infizierten in den nächsten Tagen wieder zunehmen wird. Bis zu welchem Wert die Wocheninzidenz tatsächlich wieder ansteigt und was der Lockdown letztendlich bewirkt, wird sich wahrscheinlich erst im Laufe der nächsten Woche realistisch beurteilen lassen. Dass sich die Stadt Duisburg inzwischen eher im Mittelfeld aller NRW-Kommunen und auch bundesweit befindet, bewerte ich dennoch als eine positive Entwicklung", erklärte der Krisenstabsleiter.
Nach der seit dem 31. Dezember gültigen Fassung der Coronaschutzverordnung NRW sind Hotspot-Schutzmaßnahmen von betroffenen Städten und Kreisen „fortlaufend zu überprüfen und aufzuheben, wenn die Infektionszahlen nachhaltig deutlich unter den Wert von 200 absinken“. Ob verschärfte Regeln zurückgenommen werden, sollen Kommunen und Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS) einvernehmlich entscheiden.
In Sachsen gilt die 15-km-Regelung bereits seit Mitte Dezember. Anwohner dürfen sich dort für Einkäufe oder beim Sport im Freien nicht weiter als 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen.
Verschärfte Kontaktbeschränkungen bleibt so oder so
Die in Duisburg seit dem 16. Dezember gültige, verschärfte Kontaktbeschränkung bleibt den Duisburgern durch die Beschlüssen von Bundesregierung und Ministerpräsidenten erhalten: Private Treffen im öffentlichen Raum sollen bundesweit nur noch mit einer einzelnen Person außerhalb des eigenen Hausstandes möglich sein. Bislang waren in NRW noch maximal fünf Personen aus zwei Haushalten erlaubt.