Duisburg. Oliver Jerghoff bekocht die Patres in der Abtei Duisburg-Hamborn. Deshalb sind gemeinsame Mahlzeiten im Kloster so wichtig.

„Essen hält Leib und Seele zusammen“: Diese alte Bauernweisheit steht nicht wörtlich in der Bibel und doch wird im Alten und Neuen Testament oft gegessen. In den Gleichnissen teilt Jesus Brot und Wein oder lädt zum gemeinsamen Mahl. So gesehen kommt Koch Oliver Jerghoff eine wichtige Rolle in der Abtei Hamborn zu. Er versorgt die Patres mit Frühstück, Mittagessen und Abendbrot. Das Festtagsessen gibt’s traditionell am ersten Feiertag – diesmal vier Gänge, inklusive klassischer Weihnachtsgans.

Arbeitstag in Duisburg-Hamborn beginnt "in aller Herrgottsfrühe"

„Ob’s schmeckt? Das sieht man doch“, sagt Abt Albert Dölken, Leiter des Prämonstratenser-Konvents, lächelnd und streicht sich über seinen Bauch. Auch Oliver Jerghoff sind bisher kaum Klagen zu Ohren gekommen. Meist kommen die Teller leer geputzt wieder zurück. Seit drei Jahren ist er Küchenchef im Kloster, früher hat er als Mietkoch Caterings zubereitet. Der 56-Jährige ist katholisch, aber eigentlich spielt das am Kochtopf kaum eine Rolle. Er hält sich an die Regel, dass es freitags Fisch oder zumindest kein Fleisch gibt. Während der Fastenzeit werden die Rezepte abgespeckt. „Die Patres sind nicht anspruchsvoll, aber was auf den Tisch kommt, muss gut sein“, weiß er. So gehören Aufläufe, Suppen oder auch mal eine Currywurst zum Repertoire. Die Rezepte variieren alle sechs Wochen, dazu kommen immer wieder Gerichte der Saison.

Der Tag des Küchenchefs beginnt „in aller Herrgottsfrühe“ – soll heißen: um kurz vor vier. Etwa eine Stunde später ist er dann an der Abtei und bereitet das Frühstück vor. Um 6.30 Uhr beten die Patres zum ersten Mal, danach gibt’s einen Kaffee oder selbst gebackenes Brot. „Da versorgt sich jeder selbst. Einige erledigen erst einige Aufgaben und frühstücken später“, beschreibt Jerghoff die Morgen-Routine.

Vor und nach dem Essen wird gebetet

Abt Albert Dölken erklärt: „Früher gab es in den meisten Klöstern nur zwei Mahlzeiten, die gemeinsam eingenommen wurden, mittags und abends.“ In einigen Gemeinschaften falle das Frühstück auch heute noch eher klein aus oder werde gar im Stehen eingenommen. Grundsätzlich seien die Mahlzeiten für ihn und seine Mitbrüder allerdings wichtige Fixpunkte, bei denen man sich untereinander austauschen könne.

Sowohl vor als auch nach dem Essen wird gebetet. Pro Tag stehen in einem eigenen Gebetbuch verschiedene Gebetstexte zur Auswahl. Dienstags heißt es zum Beispiel vorab: „Du guter und sorgender Gott, du hast uns reich mit deinen Gaben gesättigt. Wir sagen Dir Dank und preisen Dich (…). Allmächtiger Gott, nicht allen Menschen ist der Tisch gedeckt; lass uns durch unser Wohlergehen nicht blind werden für die Not unserer Mitmenschen, sondern öffne uns Augen und Herz ihnen helfend beizustehen im Namen Christi, unseres Herrn.“

Aktuell leben zwölf Brüder in Hamborn. Hinzu kommen Patres in den Außenstellen in Sayn bei Koblenz, in Cappenberg im südlichen Münsterland sowie in Magdeburg. 21 Mitbrüder zählt der Prämonstratenser-Konvent aktuell. Das jüngste Mitglied ist 36 Jahre alt, das älteste 89 Jahre. Jeder hat seine Aufgabe. Viele von ihnen arbeiten beispielsweise in der Krankenhausseelsorge oder in den verschiedenen Gemeinden im Duisburger Norden. Und dann gibt es noch die beiden „Stars“, Pater Oliver und Pater Tobias, die mit ihrem Engagement für Obdachlose und Flüchtlinge sowie als „Marathon-Pater“ weithin über die Grenzen des Klosters bekannt sind. Abt Dölken weiß um die gesellschaftlich wichtige Aufgabe von Kirche im Stadtnorden: „Menschen für die Kirche zu gewinnen, bedeutet nicht unbedingt, dass sie zu Kirchgängern werden. Sie sollen eine gute Erfahrung mit uns machen. Wir wollen helfen, das Leben der Menschen zu stabilisieren.“

Zu Weihnachten wird Gans aufgetischt

Weihnachten läuft auch in der Abtei in diesem Jahr etwas anders ab als sonst. Die Präsenzgottesdienste fallen aus, einige haben sich zurückgezogen und halten Sicherheitsabstand, damit im Falle einer Infektion nicht gleich die ganze Abtei in Quarantäne muss.

Oliver Jerghoff hat gemeinsam mit den Brüdern ein festliches Menü abgestimmt. Der erste Gang ist eine Consommé mit Tafelspitzeinlage, als Zwischengang gibt’s Vitello Tonnato, bevor eine „knusprige Weihnachtsgans“ mit glasierten Maronen, Apfelrotkohl und Kartoffelklöße serviert werden. Zum Nachtisch dürfen sich die Patres auf „Lebkuchen- Mousse an Fruchtspiegel und karamellisierten Walnüssen und geschlagener Sahne“ freuen. Mmh. Kein Wunder, dass es den Herren schmeckt.

Dass es in der Küche, aber auch bei Tisch nicht immer bierernst zugeht, beweist übrigens eine Serviette, die Jerghoff mal geschenkt bekommen hat. Sie hängt an der Pinnwand und ist beschriftet mit: „Kuchen ist Gottes Entschuldigung für Brokkoli.“

>> Der Orden

Die Prämonstratenser sind der größte römisch-katholische Orden regulierter Chorherren. Der Orden ist ein Zusammenschluss selbständiger Klöster und wurde im Jahr 1120 von Norbert von Xanten mit dreizehn Gefährten in Prémontré gegründet. Sc­hw­erpunk­te der Pr­ä­mon­straten­ser wa­r­en und sind durch alle Jahrhun­der­te hindurch Ge­me­in­schaft und Seel­sorge, ganz be­so­n­ders die Pfarr­se­el­sorge.

Die neue Abtei Hamborn ist 60 Jahre alt – ein Jungsporn im Vergleich zur ursprünglichen Prämonstratenser-Abtei. Diese wurde nämlich im zwölften Jahrhundert gegründet.