Duisburg. In der freien Szene geht die Sorge um die kulturelle Nutzung des Grammatikoff am Dellplatz um. Der Kulturausschuss will beim Konzept mitreden.
In der freien Szene geht die Sorge um die Zukunft des Grammatikoff am Dellplatz um. Wie berichtet, hat die Gebag Bora Erdogan, Duisburger Café-Betreiber und Inhaber eines Sicherheitsunternehmens, zum Favoriten unter den Bewerbern um die Pacht des Lokals auserkoren . Jetzt fürchten viele um die weitere kulturelle Nutzung.
„Ich kenne Bora Erdogan nicht, aber sein kulturelles Konzept würde mich sehr interessieren“, sagt Luise Hoyer, mit dem Verein Kultursprung und dem Platzhirsch-Festival fest verankert in der freien Kulturszene in Duisburg. „Das Grammatikoff ist ein wichtiger Spielort. Ich wundere mich, dass all die vielen Leute, die mit einem guten Programm im Grammatikoff beteiligt waren, nicht ins Boot geholt worden sind“, sagt sie mit Blick auf die Entscheidung der städtischen Wohnungsbau-Gesellschaft Gebag.
Neue Vorsitzende des Kulturausschusses in Duisburg: Es soll anders laufen
Dass die Gebag über den Pächter offenbar schon entschieden habe, „ist unglücklich gelaufen“, sagt Parisa Najafi Tonekaboni. Die Ratsfrau der Grünen wird neue Vorsitzende des Kulturausschusses als Nachfolgerin des SPD-Manns Udo Vohl. „Solche wichtigen Entscheidungen sollten nicht an der Politik vorbei getroffen werden“, so Tonekaboni. „Wir erwarten, dass das in Zukunft anders läuft.“
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„Es muss im Grammatikoff weiterhin bei der Kooperation mit dem ,Platzhirsch’ bleiben“, sagt die Grüne. Und auch Veranstaltungen wie die der „Freischaufler“, der Theatergruppe der Werkstatt für Menschen mit Behinderung, und anderen Gruppen mit wenig Geld, müssten weiter möglich sein. Oberbürgermeister Sören Link habe im Gespräch angeboten, dass das Kulturdezernat das neue Konzept fürs Grammatikoff im Kulturausschuss vorstellt, eventuell auch in einer Sondersitzung.
Stadt Duisburg soll Spielzeiten für die freie Szene sichern
„Am besten wäre es, wenn die Stadt Spielzeiten für die freie Szene sichern würde“, erinnert Konzertveranstalter Eckart Pressler an die Tradition des Hundertmeister und daran, dass es einen Ratsbeschluss gibt, Kulturveranstaltungen am Standort weiter zu ermöglichen. Hohe Mieten könnten die meisten nicht zahlen.
Außerdem sei es wichtig, dass am Dellplatz auch am späten Abend – im Grammatikoff bis 1 Uhr – noch gute und bezahlbare Küche angeboten werde. „Es gibt sonst keine Gaststätte im Umkreis, wo man mit Künstlern nach Veranstaltungen noch hingehen kann und was Ordentliches zu essen und Trinken bekommt.“
Aktuell gebe es zum Thema Grammatikoff nicht viel mitzuteilen, so Gebag-Sprecherin Gerhild Gössing. Insgesamt habe es elf Bewerber gegeben, die das Kulturlokal pachten wollten. Warum die Gebag den Mitbewerbern bereits abgesagt hat, bevor der Vertrag mit Erdogan unterschrieben ist? „Die Bewerber, auf die die Wahl nicht gefallen ist, haben unserer Meinung nach einen Anspruch auf eine verlässliche Aussage, mit der sie weiter planen können.“
Filmforum wünscht seit langem einen dritten Kinosaal
Erdogans Kulturkonzept solle noch in diesem Jahr in einer gemeinsamen Pressemitteilung vorgestellt werden, so die Gebag-Sprecherin. Dass 500.000 Euro in die Immobilie investiert werden sollen, stehe noch nicht fest. „Das ist Teil eines derzeit laufenden Prüfprozesses. Tatsache ist, dass die Immobilie in keinem guten Zustand übergeben wurde.“
Dass das benachbarte Filmforum Interesse an einem dritten Kinosaal hat, ist bekannt. Schon 2013 hatte der langjährige Filmforum-Chef Kai Gottlob gesagt, ein dritter Saal sei nötig , um wirtschaftlich arbeiten zu können. „Das ist eine politische Entscheidung“, sagt Parisa Najafi Tonekaboni. Falls es Pläne in diese Richtung gebe, solle – im Sinne der kulturellen Vielfalt – aber kein reiner Kinosaal entstehen, sondern ein Raum auch für andere Veranstaltungen.
„Selbstverständlich wird das Grammatikoff – wie vom Rat der Stadt beschlossen – auch zukünftig kulturell genutzt“, so Stadtsprecherin Susanne Stölting. Die Konzepte der Bewerber seien von der Gebag den Kulturbetrieben zur Verfügung gestellt worden. „Da sich diese Konzepte nicht grundlegend voneinander unterschieden, war dieser Aspekt nicht ausschlaggebend.“
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>>STADT HAT OFFIZIELL KEIN MITSPRACHERECHT
- Die Gebag, die das ehemalige Hundertmeister seit 1997 besitzt, hatte mit dem letzten Pächter Rolf Stanietzki wegen erheblicher Mietrückstände gestritten. Er hatte sie im März zurückgezogen.
- 7416,21 Euro Warmmiete für 808 Quadratmeter Nutzfläche soll der Nachmieter zahlen, 20.000 Euro soll der Nachmieter für Zapfanlage, Tische, Stühle und technisches Equipment zahlen.
- Die Stadt hat offiziell kein Mitspracherecht, an wen das Grammatikoff weiter vermietet wird.