Duisburg. Der Duisburger Kabarettist Kai Magnus Sting hat das Buch „Hömma, so isset!“ geschrieben. Warum das Werk ganz „klassisch“ und trotzdem anders ist.
Man stelle sich vor: Der Duisburger Kabarettist Kai Magnus Sting sitzt mit Familie oder Freunden im Café, plötzlich stößt er ein lautes „Pst“ aus – und lauscht. „So entstehen viele meiner Geschichten: aus Gesprächen am Nebentisch“, erklärt der Neudorfer. Einige davon gibt es in Stings neuem Buch „Hömma, so isset!“. So ist der Sting-Klassiker vom Butterkuchen in der ehemaligen Bäckerei Lufen entstanden.
Duisburger Kabarettist hat „Spaß am alltäglichen Geschehen“
Nach Vorstellungen des letzten Programms seien öfter Leute zu ihm gekommen, die am liebsten seine Geschichten über den Ruhrpott und seine Menschen hören, sagt Sting. „Deswegen habe ich mich im Frühjahr 2019, als ich begonnen habe ‚Hömma, so isset’ zu entwickeln, auch wieder ganz darauf konzentriert.“ Aus der Bühnenpremiere im September 2020 wurde coronabedingt natürlich nichts.
„Aber der Westend-Verlag kam auf mich zu und wollte das Programm als Buch veröffentlichen“, erzählt Sting. Jetzt gibt es die ausführlichen Ruhrpott-Abhandlungen zum genüsslichen Nachlesen. „Ich habe zur Politik und zum Tagesgeschehen zwar auch meinen Standpunkt, aber politisches Kabarett, das können andere machen“, sagt Kai Magnus Sting , „die Wichtigkeiten haben sich seit der Geburt meiner Tochter verschoben.“
Stings Familie spielt im neuen Buch eine prominente Rolle
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Mit seinen Abhandlungen über die Pott-Grammatik, etwa das durchdeklinierte „Hömma“, habe er natürlich nicht den Anspruch, wissenschaftlich korrekt zu sein, sagt Sting schmunzelnd. Dabei sei es wichtig, „dass ich nicht auf Ruhrpottdeutsch Geschichten erzähle, sondern den Ruhrpott zeige.“
In dem Buch, das zu einem kleinen Teil die besten Geschichten aus dem 2012er-Programm „Hömma, weißte Bescheid“ wiederbelebt, nimmt Stings eigene Familie einen wichtigen Platz unter den vielen neuen Erzählungen ein. „Das Buch steht auf drei Beinen: Es gibt die Ruhrpott-Grammatik, die Anekdoten und die Geschichten aus meiner Familie“, sagt Sting. Zum Beispiel „Die Familie geht Essen“: Da mag der Kabarettist aus dem selbst Erlebten erzählen – und redet zugleich über jede Familie im Pott.
Die Weisheit der „Omma“
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Ganz unabhängig davon, worüber der Duisburger schreibt – wie er darüber schreibt, ist schon ganz für sich begeisternd. Wortmalerisch und -gewaltig, nicht blasiert, aber mit ironischem Ernst, und vor allem: locker und witzig. Die 39 Kapitel funktionieren allesamt eigenständig, am besten aber als Panorama-Aufnahme des Ruhrpott-Menschenschlags, eine anthropologische Studie, wenn man große Wörter bemühen möchte. Einige Kapitel sind echte Sting-Klassiker wie „Der Butterkuchen“, die meisten aber brandneu.
Kai Magnus Sting schließt vom kleinen Ruhrgebiet aufs große Leben, dröselt sprachlich auf, warum „nachn Doktor gehen“ eigentlich völlig korrekt ist, und warum Familienessen gleichzeitig eine Qual und ein nicht enden wollender Quell linguistischer Abenteuer sind.
Der Leser erwischt sich immer wieder selbst
Und das liegt nicht nur daran, wie und über was Kai Magnus Sting schreibt , sondern vor allem daran, dass er Recht hat. Mit seinen Beobachtungen, die urkomisch und alltäglich zugleich sind wie der ellenlange Diskurs über Mettbrötchen und Oxymoron-Zwiebeln, die es zwar nicht gibt, deren Rolle auf dem Brötchen aber trotzdem ausführlich besprochen wird.
Vor allem aber erwischt sich der Leser ständig selbst. Wenn Sting von seiner Oma und ihren genauso paradoxen wie treffenden Lebensweisheiten erzählt, dürften sich gerade Menschen aus dem Pott an ihre eigene „Omma“ erinnert fühlen. Diese einmalige Mischung, die Kai Magnus Sting schon mit seinen Bühnenprogrammen perfektioniert hat, mach auch sein neues Buch lesenswert für Sting-Fans, Kabarett-Jünger und Ruhrpottler, die nicht vor einem Blick in den Spiegel zurückschrecken.
>>DAS HÖRBUCH FOLGT IM FRÜHJAHR
- „Hömma, so isset!“ ist im Frankfurter Westend Verlag erschienen (18 Euro), ISBN 978-3-86489-301-8.
- Im Frühjahr 2021 erscheint das Werk auch als Hörbuch unter dem Titel „Hömma, so isset – die Ruhpott-Tapes“.
- Die Illustrationen im Buch stammen aus der feinen Feder von Martin Rückert.