Duisburg. Bernd Schmidt leitet die Duisburger Selbsthilfegruppe „Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“. Warum der Weg zum Rezept immer noch schwer ist.
Gerade erst ist Bernd Schmidt aus Berlin wiedergekommen, wo er einem Freund geholfen hat, ein Rezept bei einem Arzt abzuholen – wie jeden Monat. Von Duisburg nach Berlin nur für ein Rezept? „Geht oft leider nicht anders“, sagt Schmidt, der viele solcher Fälle kennt. Er leitet die Duisburger Selbsthilfegruppe der „Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“.
Der Duisburger konsumiert als Schmerzpatient regelmäßig Cannabis ganz legal und mit Rezept vom Arzt. Er sagt, warum es für Cannabis-Patienten in Deutschland immer noch einen Spießrutenlauf ist, ans Rezept und zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse zu kommen.
Duisburger Cannabis-Patient: „Ich war plötzlich ganz anders drauf“
Für Bernd Schmidt beginnt seine „Cannabis-Geschichte“ 2014. Nach einer Blutvergiftung mussten ihm Fuß und Unterschenkel amputiert werden, im Laufe seines monatelangen Krankenhausaufenthalts bekommt er auch Psychopharmaka. „Wegen dieser Medikamente war ich völlig neben der Spur“, erinnert sich Schmidt. Freunde brachten ihm „ein paar Gramm“ Marihuana mit in die Klinik, das konsumierte er und ließ auf eigene Faust die Psychopharmaka weg.
„Das fanden die Ärzte anfangs natürlich nicht so prickelnd, haben dann aber auch gemerkt, dass ich plötzlich ganz anders, viel besser, drauf war.“ Die Ärzte duldeten den Konsum, Cannabis als Medizin und auf ärztliche Verschreibung ist in Deutschland seit 2017 legal. „Trotzdem ist es auch heute noch schwierig einen Arzt zu finden, der einem so ein Rezept ausstellt.“
Krankenkassen lehnen Übernahme der Kosten oft ab
Über solche und andere Probleme tauscht sich Bernd Schmidt einmal im Monat mit den Mitgliedern der Selbsthilfegruppe aus, die er leitet. Normalerweise beim Paritätischen in der Musfeldstraße, momentan nur per Videokonferenz. Die Mitglieder seien ganz unterschiedlich: „Schmerzpatienten, Menschen mit Multipler Sklerose oder Spastiker.“ Viele von ihnen sind auf der Suche nach einem verschreibenden Arzt.
Duisburger Palliativ-Team hilft auf der Zielgrade des Lebens„Je nach Krankheitsbild müssen die Patienten eine gewisse Menge an Medikamenten ausprobiert haben, bevor ein Arzt, wenn überhaupt, Cannabis verschreibt“, sagt Schmidt. Und selbst wenn ein Mediziner das Rezept ausstellt, ist das nicht gleichbedeutend mit einer Kostenübernahme durch die Krankenkasse. „Im Gesetz steht, dass die Krankenkassen die Übernahme nur in Ausnahmen verweigern dürfen. In der Realität sieht das anders aus.“ Aus Erfahrung schätzt Schmidt die Ablehnungsquote auf 65 Prozent.
Cannabis: Welche Sorte hilft welchem Patienten?
Und noch eine Hürde gilt es zu nehmen: „Bis die Krankenkassen so eine Übernahme umsetzen, dauert es ungefähr ein Jahr. Ich kenne Fälle, da hat es noch viel länger gedauert.“ Bernd Schmidt besorgt sich seine Cannabisblüten in einer Wuppertaler Apotheke, denn auch seine Kostenübernahme hat die Krankenkasse noch nicht durchgewunken. „Man könnte im Prinzip in jede Apotheke gehen, die meisten haben aber nichts vorrätig und schlagen ganz legal 100 Prozent auf den Preis. In Wuppertal zahle ich zwölf Euro pro Gramm, in Duisburg würde ich 24 Euro zahlen.“
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Wichtig ist beim Apothekenbesuch außerdem, dass der Patient „seine“ Sorte kennt. „Für Schmerzpatienten sollten die Terpene, das sind Öle, zu großen Teilen vorhanden sein, außerdem muss auch der THC-Anteil hoch sein. Epileptiker wiederum müssen darauf achten, dass ihre Sorte einen hohen CBD-Anteil hat.“ Bernd Schmidt wechselt ständig zwischen vier Sorten, damit kein Gewöhnungseffekt eintritt und die Dosis nicht erhöht werden muss. „Genusskiffern ist sowas egal“, sagt Schmidt schmunzelnd – und wird dann ernst. „Cannabis ist für mich extrem wichtig, Ich habe viel weniger Nebenwirkungen als bei anderen Medikamenten, und es ermöglicht mir, in meinem Rahmen aktiv und unterwegs zu sein.“
>>CANNABIS ALS MEDIZIN
- Die Kontaktdaten der Duisburger Selbsthilfegruppe „Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“ gibt es im Internet unter arbeitsgemeinschaft-cannabis-medizin.de
- Alternativ können Interessenten Bernd Schmidt auch telefonisch unter 0157 301 11 483 erreichen. Die Selbsthilfegruppe hat auch eine Facebook-Seite. Mehr über die Gesetzeslage zu „Cannabis als Medizin“ gibt es hier.