Duisburg. Riten und Tradition stehen bei der Freimaurerloge „Zur Deutschen Burg“ auch im 200. Jahr im Vordergrund. Was Freimaurerei für sie bedeutet.
Es gibt Menschen, die schon lange Teil der Duisburger Gesellschaft sind, von deren Tun aber kaum jemand weiß: So ist es auch bei der Freimaurerloge „Zur Deutschen Burg“, die 2020 ihr Jubiläum zum 200-jährigen Bestehen in der Stadt begeht. Noch immer ist ihr Vereinsleben geprägt von Riten und Traditionen, zu denen auch soziales Engagement gehört. Ein Besuch bei Duisburgs zweitältestem Verein.
Seit vier Jahren befindet sich die Loge der Duisburger Freimaurer in der Friedenstraße im Dellviertel. Doch auch nach der Renovierung wirken die Räume ein wenig, als sei die Zeit stehengeblieben. Orden und Porträts langjähriger Mitglieder hängen an der Wand. Traditionen sind Karl Daniel, Peter Heyden und dem Vorsitzenden, dem amtierenden „Meister vom Stuhl“, Rainer Weiss, wichtig. Nach über 25 Jahren können sie gut erklären, was Freimaurerei ausmacht.
Freimaurerei – ein langer Pfad auf dem Weg zur Selbstvervollkommnung
„Man kann nicht von der einen Freimaurerei sprechen, es gibt verschiedene Strömungen“, erklärt Weiss. „Zentral ist das Zusammenkommen, um gemeinsam an den persönlichen Charakterschwächen zu arbeiten. Wir arbeiten auf unsere Selbstvervollkommnung hin. Das ist ein Prozess, der, wenn man ihn ernst nimmt, sehr schwierig ist.“
Freimaurer sprächen oft von einem symbolischen „rauen Stein“, den es zu schleifen gelte. Weiss vergleicht das mit dem Bau einer Kathedrale. „Jeder ist sein eigener Baustein, der sich in ein großes Ganzes einfügen soll. Doch dieser Stein soll nicht passen, sondern sich tatsächlich einfügen. Ziel ist es, der Schlussstein zu sein, der das Werk vollendet, doch das wird niemals gelingen.“
Toleranz der Sichtweisen des anderen besonders wichtig
So schliffen die Mitglieder die „Steine für den Tempel der Humanität“, wie Daniel das Ganze ein wenig mythisch umschreibt. „Wir lernen, die Meinung des anderen zu tolerieren. Wir diskutieren, aber nicht um den anderen zu überzeugen, sondern um sich selbst zu reflektieren. Ein jeder schaut, wie ihn die Sichtweise eines Bruders weiterbringen kann“, ergänzt Heyden. Richtig ausgelebt sei Freimaurerei eine Lebenseinstellung.
Einmal in der Woche treffen sich die 55 Mitglieder – sofern die Pandemie es zulässt – in ihrer Loge. Sie bleiben, einem Rhythmus folgend, entweder unter sich, laden Gäste ein oder treffen auf Interessierte. Einmal im Monat kommen sie im „Tempel“ zusammen. So nennen die Freimaurer einen großen Raum im Obergeschoss. Mehrere Stühle reihen sich um ein Feld aus schwarzen und weißen Quadraten, das so genannte musivische Pflaster.
„Meister vom Stuhl“ eröffnet die Loge und führt durch die „Tempelarbeit“
Bei ihrer „Tempelarbeit“, wie der ritualisierte Abend heißt, stellen die Freimaurer darauf drei Säulen aus Holz auf. Sie stehen für Weisheit, Stärke und Schönheit. Wichtig ist, dass die Säulen im rechten Winkel zueinander stehen. In der Mitte liegt der so genannte Arbeitsteppich. Rainer Weiss, amtierender Meister vom Stuhl, eröffnet diese Zeremonie zusammen mit zwei Aufsehern. Mit immer gleichen Wechselgesprächen führen sie die anwesenden Mitglieder durch das Ritual.
Als Religionsgemeinschaft wollen sich die Freimaurer aber nicht verstanden wissen: „Wir glauben nicht an eine schöpferische Kraft. Es schadet zwar nicht, christlich geprägt zu sein, wir folgen aber keinen Dogmen“, sagt Weiss. Wichtig sei ihnen dennoch, dass ihre Loge ausschließlich Männern vorbehalten bleibt. Mitglied könne jeder werden, der sich mit der Freimaurerei identifizieren kann – nur eben Frauen nicht.
Frauen sind willkommen – nur Mitglied können sie nicht werden
„Es ist ja so, dass unter Herren über andere Themen gesprochen wird, als wenn nur eine einzige Frau dabei ist. Man handelt dann auch anders“, meint Weiss. Auch das Wort „Tradition“ fällt in diesem Zusammenhang.
Die Rituale der Tempelarbeit seien mit Frauen nicht durchführbar. Was genau dabei geschieht, wollen die Drei nicht erklären. „Trotzdem schätzen wir Frauen auch in der Loge. Freimaurerei ist wie gesagt eine Lebenseinstellung, und dabei beeinflussen uns auch Frauen positiv“, bekräftigt Heyden. In anderen Logen sei eine Aufnahme durchaus möglich.
Gemeinnützig kann die Loge dadurch rein rechtlich nicht sein. Soziales Engagement ist trotzdem eine tragende Säule im Wirken der Freimaurer. „Wir haben etwa den Verein Humanitas gegründet, der Fördergelder weitergibt oder die Tschernobyl-Hilfe finanziert“, erklärt Heyden.
>> FREIMAURERLOGE „ZUR DEUTSCHEN BURG“ IN DUISBURG
■ Seit 200 Jahren befindet sich die Duisburger Freimaurerloge in der Stadt, seit 2016 liegt sie in der Friedenstraße.
■ Namhafte Persönlichkeiten der Stadt hatten sich dem humanistischen Männerbund angeschlossen, sie kamen aus dem Handel, der Industrie und anderen Berufen.
■ Viele Straßen und Plätze in Duisburg tragen Namen, die mit der Geschichte der Loge in Verbindung standen, etwa Böninger, Carstanjen, Stadtbaumeister Jording, Bürgermeister Pütz, Bürgermeister Davidis und andere.
■ 1830 eröffneten die Freimaurer eine Sonntagsschule, aus der später das Friedrich-Albert-Lange-Berufskolleg hervorging.