Homberg. . Das Buddhistische Zentrum in Homberg lädt jeden Mittwoch zur Schnuppermediation. Ein Besuch im Hinterzimmer einer ehemaligen Kneipe.
Die Erleuchtung wohnt in der Schulstraße 16. Hier, wo früher eine Gaststätte war, wird die Hektik des Alltags mit den Schuhen abgestreift. Jeden Mittwoch um 20 Uhr öffnet sich die Tür des Eckhauses für Menschen, die erleben möchten, was sich hinter dem Schild mit der Aufschrift „Buddhistisches Zentrum“ verbirgt. Der unverbindliche Infoabend samt Schnuppermeditation ist ein Angebot für alle, die entweder neugierig sind oder auf der Suche.
So wie Klaus vor vielen Jahren. „Ich habe damals nach einem spirituellen Angebot gesucht und entdeckte einen Flyer mit einem Vortrag über den Diamantweg Buddhismus.“ Mehr als 20 Jahre ist das her. Heute fährt der Mann aus Mönchengladbach regelmäßig nach Homberg. Er gehört zu denjenigen, die in ihrer buddhistischen Praxis schon so erfahren sind, dass sie den Meditationsabend leiten dürfen.
Zum Aufwärmen gibt es in der großen Wohnküche am Eingang neben Kaffee und Tee auch einfach nur heißes Wasser. „Das ist sehr gesund“, empfiehlt Brigitte Okon. Die Duisburgerin schenkt das einfachste aller Getränke in eine große Tasse. Sieben Männer und drei Frauen trudeln nach und nach ein. „Die Fahrgemeinschaft aus Buchholz ist noch unterwegs“, sagt einer der Ankömmlinge, nachdem er den Mönchengladbacher Klaus mit einer ungewöhnlichen Geste begrüßt hat.
Die Männer berühren sich gegenseitig für einen kurzen Augenblick mit der Stirn. „Wir Frauen küssen oder umarmen lieber“, sagt Brigitte Okon und lacht. „Das kann jeder so halten, wie er möchte, aber unsere Lehrer machen es nach tibetanischem Brauch Stirn an Stirn.“
Außer uns ist an diesem Abend niemand zum ersten Mal da. Klaus, der heute auch für den Informationsteil des Schnupperabends zuständig ist, hält trotzdem seinen Vortrag über die Grundzüge des Diamantweges, eine von vielen verschiedenen buddhistischen Schulen, die auf eine Tradition des tibetischen Buddhismus aus dem 12. Jahrhundert zurückgehen soll.
Ommmmmhhhhhh
Das warme Wasser darf mit in den Meditationsraum genommen werden. Damit kein Getränk umfällt, wird es in Körben verstaut. Fast alle nutzen die roten Kissen auf dem Boden, sortieren ihre Beine in den Meditationssitz und strecken den Rücken gerade, während Klaus seine Ansprache zu Themen wie Furchtlosigkeit, höchste Freude und den Weg zu Glücksgefühlen wie diesen hält. Nur Fabian, der relativ frisch dabei ist, rutscht unruhig auf dem Kissen und schiebt es irgendwann ganz zur Seite.
Wer nicht auf dem Boden sitzen möchte oder kann, nimmt einen Stuhl oder die Bank ganz hinten an der Wand. Unsere Sitznachbarin, die sich in eine Decke gehüllt hat, gibt Tipps. „Mit einem Meditationskissen unter den Füßen sitzt man bequemer. Aber anlehnen sollen wir uns hier nicht.“ Der Rücken muss aufgerichtet bleiben. „Wichtig ist, dass der Energiekreis geschlossen ist“, erklärt Klaus. Das heißt: Fußsohlen komplett auf den Boden und Hände zusammenlegen.
Die eigentliche Meditation dauert etwa 15 Minuten. Klaus, der vor dem Altar sitzt, liest die Anweisung aus einem kleinen Büchlein vor. Zur Einstimmung konzentriert sich die Gruppe darauf, den Luftstrom an der Nasenspitze zu spüren. Nur der junge Mann im Poloshirt ist abgelenkt, denn in seiner Tasche vibriert ein Handy. Mit der linken Hand versucht er, das störende Geräusch zum Verstummen zu bringen. Sein Kopf ist dabei genau wie der aller anderen auf das Bild des „Karmapa“ an der Wand ausgerichtet. Während der Meditation verbinden sich die Buddhisten mit ihrem geistlichen Oberhaupt.
„Aus Karmapas Stirn strahlt ein Licht in unsere Stirn“, liest Klaus mit monotoner Stimme vor. „Alles Schädliche verschwindet, unsere Körper entspannen sich.“ Die Gruppe antwortet mit einem dröhnenden „Ommhh“, das mein lautes Magenknurren verschluckt. Es folgen Imaginationen von roten und blauen Lichtern, gemurmelte Mantras, die mit Hilfe von Perlen an einer Zählkette wiederholt werden und am Schluss eine gesungene Meditation auf Tibetisch. „Früher waren wir unsere Körper, jetzt sind wir zeitlos“, sagt Klaus, kurz bevor die Gruppe wieder im Alltag ankommt.
Rasch werden noch die Gläser und Tassen gemeinsam gespült, bevor sich die Studenten und Hebammen, Polizisten, Steuerfachangestellten und Handwerker entspannt auf den Heimweg machen. „Wir sind hier eine ganz gemischte Gruppe“, sagt Brigitte Okon, die mit 57 Jahren zu den ältesten der gut 40 Mitglieder des Buddhistischen Zentrums Duisburg gehört und häufig gemeinsam mit ihrer Tochter meditiert. Eine Botschaft ist ihr zum Abschluss noch wichtig: „Bei uns geht es locker und entspannt zu. Jeder entscheidet selber, was er von den Lehren umsetzen möchte.“
>>> INFOABEND
Infoabend mit Meditation, immer mittwochs, 20 Uhr, Buddhistisches Zentrum Duisburg, Schulstraße 16. Mehr Information unter www.diamantweg-buddhismus.de/duisburg
>>> UMSTRITTENER LEHRER: LAMA OLE NYDAHLPolitische Äußerungen
Politische Äußerungen lehnen die Mitglieder des Buddhistischen Zentrums ab. Deshalb möchte sich Brigitte Okon, die für die Öffentlichkeitsarbeit des Homberger Zentrums zuständig ist, auch nicht zur aktuellen Debatte über den Lama Ole Nydahl äußern. Der Däne hat den Diamantweg-Buddhismus in den Westen gebracht, nach eigenen Angaben weltweit mehr als 650 Zentren gegründet und wird von den Anhängern als Lehrer verehrt. In die Kritik geraten ist er unter anderem wegen Äußerungen, die islamfeindlich gewesen sein sollen. Die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung sollen im September wieder eingestellt worden sein