Duisburg/Düsseldorf. Der Staat muss die Stahlsparte von Thyssenkrupp retten, forderte die IG Metall. Armin Laschet sprach bei der Kundgebung vor 3000 Beschäftigten.
Eine Beteiligung des Staates bei Thyssenkrupp Steel (TKS) haben 3000 Beschäftigte am Freitag bei einer außergewöhnlichen Kundgebung der IG Metall unter Corona-Bedingungen auf den Düsseldorfer Rheinwiesen gegenüber des Landtages gefordert. „Wir müssen jetzt das Loch stopfen, aus dem das Geld wegfließt. Jetzt und nicht später“, rief Kurt Giesler, der NRW-Bezirksleiter der Gewerkschaft, den Stahlkochern und Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zu. Dieser hatte zuvor die Zusagen zu Hilfen beim Umstieg in eine CO 2 -freie Stahlproduktion erneuert, den Begriff „Staatseinstieg“ aber vermieden.
Duisburger Betriebsrat: Thyssenkrupp schafft es nicht mehr allein
„Das Geld schmilzt dahin wie Schnee in der Sonne“, sagte Tekin Nasikkol. Die Corona-Krise habe den mit dem Konzern ausgehandelten Zukunftstarifvertrag über den Haufen geworfen, beschrieb der TKS-Gesamtbetriebsratsvorsitzende die missliche Lage.
Statt wie vereinbart zu investieren muss der Konzern mit dem Erlös aus dem Verkauf der Aufzug-Sparte operative Verluste im Stahlgeschäft decken, die sich bis zum Jahresende auf eine Milliarde Euro summieren könnten. Nasikkol: „Thyssenkrupp schafft es nicht mehr allein. Deshalb muss der Staat jetzt einsteigen, damit wir unsere Strategie 2030 umsetzen können.“
Landesbeteiligung ist keine Ausnahme
Eine Beteiligung bei TKS sei kein Sündenfall, hat IG Metall-Bundesvorstand Jürgen Kerner zuvor erklärt. Bei Salzgitter und Saarstahl seien die Länder schon mit im Boot. Damit Thyssenkrupp jemals grünen Stahl produzieren könne, „müssen wir jetzt handeln“. Wer Lufthansa und TUI mit Milliarden unterstütze, müsse auch die Basis der deutschen Industrie retten, so Kerner weiter. Tekin Nasikkol erinnerte an die staatliche Bankenrettung in der Finanzkrise: „Sind Banker mehr wert als Stahlarbeiter?“
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Einig waren sich Ministerpräsident und Gewerkschafter in ihrer Skepsis zum Übernahmeangebot der britischen Liberty Steel, das am Freitag einging. Das müsse „sorgfältig geprüft werden“, Erhalt von Arbeitsplätzen und Montan-Mitbestimmung seien unabdingbar, so Laschet. Die Absage der IG Metall war deutlich: „Wir brauchen keine neuen Eigentümer, die Gewinne machen wollen. Auch sie werden Geld vom Staat verlangen“, so Jürgen Kerner.
Betriebsrat: „Wenn man uns zwingt, bringen wir den gesamten Konzern auf die Straße“
Die Politik mache sich damit abhängig von Entscheidungen „über das Rückgrat der deutschen Industrie, die dann im Ausland getroffen werden“, warnte Tekin Nasikkol: „Wer jetzt zögert, wird später Arbeitslosigkeit finanzieren müssen und das wird noch viel teurer als eine Staatsbeteiligung.“ Für die kämpften die Stahl-Belegschaften nicht allein, versicherte Dirk Sievers, Vorsitzender des Konzern-Betriebsrats: „Stahl ist die Wurzel von Thyssenkrupp und eine Schlüsselindustrie. Wenn man uns zwingt, bringen wir den gesamten Konzern auf die Straße.“
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- In 127 Bussen, wegen des Abstandsgebots nur halb besetzt, war der Großteil der 3000 Beschäftigten am Freitagvormittag nach Düsseldorf gekommen. Auf den Rheinwiesen gegenüber dem Landtag, auch Schauplatz der Oberkasseler Kirmes, hatte die IG Metall mit Flatterband für jede Busbelegschaft ein eigenes Quadrat für die Kundgebung markiert.
- Aus dem Landtag war auch SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty zur Demo gekommen, begleitet von der Duisburger Abgeordneten Sarah Philipp, dem Bundestagsabgeordneten Mahmut Özdemir, der gegen sie um den Parteivorsitz der Duisburger SPD kandidiert, und Fraktionschef Bruno Sagurna. Als Gewerkschafter und Beschäftigte waren Bürgermeister Erkan Kocalar und Ratsherr Mirze Edis (beide Linke) dabei, Dieter Lieske hatte als 1. Bevollmächtigter der IG Metall die Veranstaltung mit organisiert.