Duisburg. 108 mal hat das Diakoniewerk erfolgreich bezahlbare Wohnungen an Bedürftige vermittelt. Warum das Vorzeigeprojekt dennoch weitermachen will

Nach gerade einmal drei Jahren hat ein Duisburger Vorzeigeprojekt sein gesetztes Ziel erreicht: Mitte Oktober konnte der 108. Mieter des Projekts „108 Häuser für Duisburg“ seine Wohnung beziehen. Diakoniewerk, Stadt und Wohnungsbaugesellschaft Gebag arbeiteten zusammen, um bezahlbaren Wohnraum für sozial bedürftige Duisburger zu schaffen. Ist damit die dringend notwendige Aufgabe beendet?

Die gute Nachricht nimmt Udo Horwat, Geschäftsführer des Diakoniewerks, vorweg: nein. Zumindest bis September 2021 geht die Vermittlung von Wohnungsnotfällen in allen 108 Stadtquartieren weiter. Und die Nachfrage ist groß: Gut 20 Suchende stehen bereits auf der Warteliste des Diakoniewerks. Denn der Wohnraum in der Stadt ist knapp – trotz eines verhältnismäßig großen Leerstands von rund 3,8 Prozent.

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Dringend gesucht in Duisburg: Singlewohnungen bis 50 Quadratmeter

Das Problem ist nur: Der Leerstand hat gleich mehrere gute Gründe. Etliche Wohnungen sind für eine bestimmte Zielgruppe oft zu groß. Bei der Vermittlung durch das Diakoniewerk sind hauptsächlich Singlewohnungen von rund 50 Quadratmetern gefragt. Von 108 Haushalten gingen 90 an alleinstehende Männer und Frauen, davon überwiegend Zwei-Zimmer-Wohnungen. Gerade einmal 18 vermittelte das Diakoniewerk an Paare sowie Familien und Alleinerziehende, erläutert Horwat.

Grund zwei: Ein nicht unbeachtlicher Teil muss erst grundsaniert werden, um überhaupt angemessen bewohnt werden zu können. 85 schwer vermittelbare Wohnungen hat die Gebag in Partnerschaft mit den Handwerksbetrieben des Diakoniewerks modernisiert und damit bezahlbaren Wohnraum geschaffen, teilt Sabine Störch mit, die bei der Gebag die Bestandsbewirtschaftung leitet.

Doch was heißt „bezahlbar“? Das Diakoniewerk geht von etwa sechs Euro pro Quadratmeter aus – kalt. Doch gutes Wohnen in dieser Preislage ist Mangelware. Nicht zuletzt, weil die Sozialwohnungen in Duisburg wie auch dem restlichen Ruhrgebiet privatisiert und abgebaut wurden. Erst neueste Entwicklungen führen mit Landesmitteln wieder dazu, dass der soziale Wohnungsbau etwa in Duisburg leicht ansteigt.

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108-Häuser-Projekt lohnt sich finanziell auch für das Stadtsäckel

Wer in Wohnungsnot gerät, konkurriert nicht nur mit vielen anderen – etwa Studenten und Alleinstehende – um günstiges Wohnen, oft stehen Wohnungslose auch in keinem guten Ruf. „Wir garantieren als Diakoniewerk mit unserem sozialen Netzwerk und unseren Hilfssystemen aber dafür, dass es weniger Mietausfälle geben wird“, sieht Roland Meier, Leiter der Wohnungslosenhilfe im Diakoniewerk, darin ein gutes Argument für Vermieter. Ein weiterer sozialer Vorteil für die Stadt: Nebenbei sorgt das Projekt auch für eine gesellschaftliche Durchmischung, weil sich die Mieter über viele Stadtquartiere verteilen.

Und auch ein finanzielles Argument greift hier: „Wir sichern durch gute Mieter auch die Refinanzierung der Sanierungsmaßnahme und führen dringend benötigte Wohnungen in den Markt zurück“, argumentiert Meier. Die Leiterin Gebag-Bestandsbewirtschaftung, Störch, bestätigt, „es gibt keine Probleme mit den vermittelten Mietern des Diakoniewerks“.

Stadt Duisburg begrüßt Erfolg des Projekts

108 Haushalte mit insgesamt rund 5342 qm vermittelte das Diakoniewerk an 148 Personen, davon 30 Kinder. Die Haushalte sind auf 21 Bezirke verteilt – darunter häufig auch im Duisburger Süden.

Michael Fechner, Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen, begrüßt den Erfolg des Angebotes „Das seit 2019 je zur Hälfte von der Stadt Duisburg und dem Landschaftsverband Rheinland finanzierte Projekt ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie die Versorgung von am Wohnungsmarkt benachteiligten Menschen mit der Reduzierung von Wohnungsleerständen verknüpft werden kann.“

Und auch für die Stadt hat sich das Projekt bereits monetär gelohnt: Duisburg hat 2019 etwa 80.000 Euro bei den Unterbringungen von Wohnungslosen sparen können. Warum also den Radius nicht auf weitere Wohnungsbaugesellschaften und Private erweitern? Derzeit hängt diese Frage nicht am Willen des Diakoniewerks, betont Geschäftsführer Horwat, sondern am Personal: 1,5 Stellen für die Wohnungsvermittlung sind derzeit mit Fördermitteln des Landes geschaffen worden.

Geschäftsführer des Diakoniewerks fordert: Politik muss Anreize für sozialen Wohnungsbau schaffen

Leider reichten diese nicht aus, so Horwat, um mit weiteren Gesellschaften zu kooperieren. Immerhin kam im vergangenen Jahr noch die LEG Duisburg als Vermieter ins Boot und stellte 23 Wohnungen zur Verfügung.

Verwaltung und Politik nimmt jedoch auch das erfolgreich Projekt „108 Häuser für Duisburg“ nicht aus der Verantwortung: „Es muss mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau investiert werden und es gibt viel Sanierungsbedarf im privaten Wohnungsbau. Die Politik muss dafür Anreize schaffen“, fordert Horwat.