Duisburg. Die European Metal Recycling will ihr Geschäft auf der Schrottinsel Duisburg erweitern. Umweltschützer fürchtet gesundheitsgefährdenden Staub.

Die Schrottinsel im Duisburger Hafen soll ihrem Namen noch gerechter werden. Wo jetzt noch Kohle umgeschlagen wird, will die European Metal Recycling GmbH (EMR) künftig ein Vielfaches der Menge mit Schrottverarbeitung belegen. Gegen das Vorhaben wurden jetzt in einem Erörterungstermin über 70 Einwendungen diskutiert.

Die EMR hat 2019 die Fläche auf der Schrottinsel, die zum Hafenbecken C weist, von der Firma Navigare übernommen. Schon diese hatte wegen des sinkenden Bedarfs ihr Hauptgeschäftsfeld Kohlelager und -umschlag verlassen und einen Schrottplatz etabliert. Nach der Übernahme wurde der Betriebsteil Kohle wieder aufgenommen. Auf dem 35.000 Quadratmeter großen Gelände soll künftig aber auch die Schrottverarbeitung Platz finden.

Auf der Duisburger Schrottinsel will EMR 350.000 Tonnen Schrott verarbeiten

Künftig sollen nach den Plänen des Unternehmens jährlich nur noch 100.000 Tonnen Kohle umgeschlagen werden – zuvor waren 300.000 Tonnen genehmigt. Umgekehrt sollen 350.000 Tonnen Eisen- und Nichteisenschrotte verarbeitet werden (bislang 150.000). Auf dem Schrottplatz soll es eine Schrottschere, eine Brennhalle sowie eine Brech- und Siebanlage geben. Brechen, Trocknen, Mahlen und Klassieren – diese Arbeitsschritte sind für natürliches und künstliches Gestein gedacht.

Auf der Schrottinsel im Duisburger Hafen kümmert sich bereits die Firma TSR Recycling um die Schrottverarbeitung.
Auf der Schrottinsel im Duisburger Hafen kümmert sich bereits die Firma TSR Recycling um die Schrottverarbeitung. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Verändern soll sich auch der LKW-Verkehr: Bereits vor 6 Uhr morgens sollen fünf Lkws zum Verwiegen vorfahren dürfen, damit das Verkehrsaufkommen auf der öffentlichen Straße entzerrt wird, erklärt das Unternehmen. Während die Kohle zu 100 Prozent per Schiff transportiert werden soll, ist beim Bereich Schrott zu 80 Prozent an Lkw-Verkehr gedacht: EMR bezeichnet 80 Lkw täglich als „Worst-Case-Scenario“.

Geplant sind auch eine neue Schrottschere, ein Überflurwagen, der auch Radioaktivität messen kann und manches mehr.

Gutachten sollen belegen, dass die Anwohner durch den Betrieb keine höhere Lärmbelästigung zu fürchten haben. Die Staubprognose geht sogar von einer „tatsächlich geringeren Zusatzbelastung durch die Anlage“ aus.

Dr. Ulrich Scharfenort ist aktiver Umweltschützer und Vorsitzender des Rheinhauser Bündnisses Saubere Luft.
Dr. Ulrich Scharfenort ist aktiver Umweltschützer und Vorsitzender des Rheinhauser Bündnisses Saubere Luft. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Scharfer Ton beim Erörterungstermin in Meiderich

Der Erörterungstermin im Evangelischen Gemeindehaus Meiderich wirkte wie ein David-gegen- Goliath-Vergleich: Auf der einen Seite der Vorsitzende der AG Saubere Luft und Hauptkritiker des Vorhabens, Dr. Ulrich Scharfenort. Auf der anderen Seite fast ein Dutzend Beteiligte der EMR – Gutachter, Anwälte, CEO’s – zum Teil angereist vom Hauptsitz in Hamburg. Außerdem Mitarbeiter von Seiten der Stadt als Genehmigungsbehörde, Vertreter der Feuerwehr und des Landesamtes für Umweltschutz.

Der Ton war durchaus scharf. Während Scharfenort beklagte, dass aus den Antragsunterlagen nicht hervorgehe, welche krebserregenden Stoffe auftreten können und „noch mehr Tote“ in Kauf genommen würden, bezeichnete Dirk Büge als Rechtsanwalt von EMR die Argumente als „platte Demagogik“. Gestritten wurde aber auch um die Definition chemischer Begriffe, das Vorkommen von Aerosolen und die Abgrenzung von Feinstäuben zu Ultrafeinstäuben.

Scharfenort: Mehr „krebserregende Stäube“ durch den Betrieb

Scharfenort hatte bereits in seinem Blog erklärt, dass die „erhebliche Mengensteigerung mehr gefährliche Stäube“ bedeute: Sowohl beim Brennschneiden als auch bei einer Schrottschere würden Stäube freigesetzt, die krebserregend seien. In seinen Einwendungen beklagt der promovierte Chemiker auch, dass der Klimaaspekt bei der Umweltverträglichkeitsprüfung des Unternehmens fehle. Letztere fordert er auch von der Stadt ein. Laut Amtlicher Bekanntmachung hatte eine Vorprüfung ergeben, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung gar nicht erforderlich sei.

Als Unterstützung für seine Argumente führt Scharfenort unter anderem städtische Ratsvorlagen an: Demnach sind die Immissionswerte an Messstellen im Duisburger Hafen „seit 2010“ gleichbleibend zu hoch, ursächlich dafür seien der Umschlag und die Lagerung staubender Güter, analysierte das Landesumweltamt. Hotspots für Nickel seien Laar, Untermeiderich und Ruhrort, zu hohe Werte seien aber auch für Bleiniederschlag, Cadmium und Arsen ermittelt worden. Allerdings sei „eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch Nickel nicht zu besorgen“, auch sonst gebe es bei den Staubniederschlagswerten nur einen sehr indirekten Gesundheitsbezug. Verursacher konnten laut Mitteilungsvorlage nicht ermittelt werden.

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Nach dem Erörterungstermin liegt es beim Amt für Baurecht, ob und wie sie dem Antrag der European Metal Recycling zustimmt. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben 3500 Mitarbeiter an 150 Standorten weltweit.

>>>DAS ERÖRTERUNGSVERFAHREN

  • Der Erörterungstermin dient dem Austausch von Argumenten. Zuvor müssen Einwender fristgerecht und schriftlich ihre Argumente benannt haben. Beim Erörterungstermin wird nicht verhandelt, es wird keine Entscheidung getroffen.
  • Genehmigungsbehörden nutzen Erörterungstermine etwa im Rahmen von Planfeststellungsverfahren. In der Regel sind sie nichtöffentlich, eine Ausnahme bilden jene Verfahren, bei denen es um immissionsschutzrechtliche Genehmigungen geht.