Duisburg. Ercan E. aus Duisburg muss für den Mord an seiner Frau Mine O. lebenslang in Haft. Vor dem Urteil wendete er sich an die Familie seines Opfers.

Ercan E. (29) muss für den Mord an seiner Ehefrau Mine O. (26) lebenslang in Haft. Das Urteil gegen den Familienvater hat das Schwurgericht am Montagmittag in Duisburg gesprochen.

Die Urteilsverkündung registrierte der 29-Jährige nahezu regungslos. Seine Angehörigen schlossen kurz die Augen, die Brüder seiner Frau als Nebenkläger nickten zustimmend. Im Zuschauerraum hielten sich Freundinnen von Mine O. an den Händen. Kurze Zeit später führten Justizbeamte Ercan E. ab. Es war der Schlusspunkt eines nervenaufreibenden Prozesses.

Kurz vor Ende der Verhandlung gegen ihn hatte der Mann aus dem Stadtteil Kaßlerfeld dann doch noch gesprochen. Nach einem kurzen Räuspern suchte er den Blickkontakt zu den Brüdern und zum Vater seiner toten Ehefrau: „Es tut mir leid. Ich möchte mich bei der Familie und meinem Sohn entschuldigen“, sagte er langsam. Staatsanwaltschaft, Nebenkläger und letztendlich auch das Gericht waren überzeugt, dass Ercan E. am Abend des 7. Septembers 2019 zum Mörder geworden ist.

Mine O. aus Duisburg: Ehe mit Gewalt, Eifersucht und Affären

Nach einem Streit im Schlafzimmer hatte er seine Frau Mine O. erwürgt, während der gemeinsame Sohn im Wohnzimmer spielte. „Er hat fünf bis sieben Minuten zugedrückt“, verdeutlichte Staatsanwalt Martin Mende in seinem Plädoyer. Er war zu Beginn des viertägigen Prozesses noch von Totschlag, einer Tat im Affekt ausgegangen. Ercan E. hatte von seiner Verteidigerin ein Geständnis verlesen lassen, in dem er einen Streit mit Beleidigungen und einer Rangelei schilderte.

Mine O. aus Duisburg wurde nur 26 Jahre alt. Ihre Leiche entdeckten Einsatzkräfte Anfang Dezember in einem Waldstück.
Mine O. aus Duisburg wurde nur 26 Jahre alt. Ihre Leiche entdeckten Einsatzkräfte Anfang Dezember in einem Waldstück. © Polizei Duisburg

Doch im Laufe der Verhandlung ergab sich ein neues Bild: Ercan E. und Mine O. führten eine konfliktbeladene Ehe. Die junge Frau ging gerne aus, hatte Affären. Intimität kam in der Beziehung kaum noch vor.

Ihr frustrierter und eifersüchtiger Mann wurde deshalb vor Jahren bereits gewalttätig, schlug seine Frau, die seinen Namen auf dem Handgelenk tätowiert trug, mit einer Eisenstange. Halbherzige Trennungsversuche gab es seit Längerem.

Staatsanwalt: „Wir haben hier einen Mord aus niedrigen Beweggründen“

Überraschend wurden Aussagen aus einer Polizeivernehmung vom 5. Dezember zu einem gewichtigen Beleg. Um kurz vor 18 Uhr bat Ercan E. darum, noch eine zweite Aussage an diesem Tag machen zu dürfen. Diese begann um 18.01 Uhr und wurde zu einer tränenreichen Beichte. In einem langen Monolog berichtete er vom Tatabend und der anschließenden Vertuschungsaktion, bei der er seine Frau selber als vermisst meldete und ihre Leiche nach einer Odyssee in einem Waldstück in Untermeiderich vergrub, das er aus seiner Kindheit kannte.

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„Ich wollte sie nur für mich haben. Ich wollte sie mit niemandem teilen“, sagte Ercan E. damals und legte sogar noch einmal nach: „Ich konnte nicht loslassen. Ich habe sie doch geliebt. Ich dachte, sie geht zu jemand anders.“

Diese Sätze unterstrichen nach Meinung von Staatsanwalt Mende die Motivation des 29-Jährigen. „Wir haben hier einen Mord aus niedrigen Beweggründen“, konstatierte er. Die Vertreterinnen der Nebenkläger schlossen sich an. Ercan E. verfolgte ihre Ausführungen mit verschränkten Armen. Als Anwältin Marie Lingnau Mine O. als „fürsorgliche Mutter“ beschrieb, schüttelte er jedoch den Kopf.

Pflichtverteidigerin von Ercan E. spricht von heftiger, spontaner Tat

Seine Pflichtverteidigerin Simone Dahlmann-Ludwig blieb dabei, dass es für sie eine heftige und spontane Tat gewesen sei. „Wenn mein Mandant die Zeit zurückdrehen könnte, würde er es tun“, erklärte sie. Allerdings: Sie forderte in ihrem Vortrag eine „angemessene Strafe“ und formulierte nicht mehr den Tatvorwurf des Totschlags.

In der Urteilsbegründung wies die Kammer die Version einer Tat im Affekt und aus Spontanität ab. Ercan E. habe gemordet, „um demonstrativ seinen eigenen uneingeschränkten Besitzanspruch“ auszuführen. Demnach habe nur er Mine O. besitzen dürfen. Von den Affären seiner Frau ahnte er nach Ansicht der Gerichts spätestens etwas, seitdem seine Frau Anfang September den Hund eines Liebhabers aus Bochum mit nach Hause gebracht hatte. Das Tier reagierte nur auf türkische Kommandos. Das machte Ercan E. offenbar misstrauisch. Wenige Tage später folgte die traurige Eskalation.

>>SOHN VON MINE O. WIRD VOM JUGENDAMT BETREUT

  • Die aufwendige Vertuschungsaktion im Anschluss an den Mord fiel bei der Strafe gegen Ercan E. nicht ins Gewicht. Um während der Suche nach Mine O. den Schein des einsamen Ehemanns zu wahren, nahm er sogar gemeinsam mit seinem Sohn Sprachnachrichten an die Mutter auf.
  • Der sechs Jahre alte Junge wird vom Jugendamt betreut. Ein Vormund und ein Anwalt vertraten ihn im Prozess als Nebenkläger. Er lebt derzeit weder bei der Familie seiner Mutter, noch bei den Angehörigen seiner Vaters.
  • Eine lebenslange Freiheitsstrafe kann in Deutschland nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden.