Duisburg. Vor 50 Jahren warfen die Projektoren in Duisburg den ersten Film an die Wand - Geburtsstunde des Filmforums. Warum sich dessen Chef heute sorgt.

Die Gründungsgeschichte des Filmforums ist immer wieder schön zu erzählen. Vor 50 Jahren las Oberbürgermeister Josef Krings in einer Ratssitzung, in der die Gründung eines Kommunalen Kinos auf der Tagesordnung stand, das Duisburger Kinoprogramm vor – von „Schulmädchenreport“ bis zu „Pauker- und Lümmel-aus-der-letzten-Bank-Filmen“. Das überzeugte die Politiker, die Zustimmung war Krings sicher. Am Sonntag, 27. September, hat das Filmforum 50. Geburtstag.

Gefeiert wird wohl später in diesem Jubiläumsjahr, in dem so wenig geplant werden kann. Gefeiert werden soll, wenn die Lage wieder entspannter ist. Vorläufig prangt an der Fassade des Filmforums am Dellplatz ein Banner mit der Jubiläumszahl. Drinnen hoffen Filmforum-Geschäftsführer Michael Beckmann und sein Team auf bessere Zeiten.

Deutschlands erstes Kommunales Kino startete in Duisburg

Das erste Kommunale Kino in Deutschland startete am 27. September 1970 im großen Saal der Volkshochschule. Die Projektoren warfen den Film „Wenn die Kraniche ziehen“ von Michail Kalatosow auf die Leinwand. Später zog man ins „Studio M“ der alten Mercatorhalle um, bevor das Filmforum 1980 eine eigene Adresse am Dellplatz bekam.

1983 und 1986 wurde der große Saal des ehemaligen Union-Kinos umgebaut und bietet bis heute mit seinen 193 roten Sesseln und der nostalgischen Ausstattung Cineasten einen gemütlichen Rahmen für den Filmgenuss. 2003 entstand der kleine Saal mit 96 Plätzen. Programmpreise – in diesem Jahr zum 16. Mal in Folge durch die Medienstiftung NRW – und Bundesstarts sprechen für die herausragende inhaltliche Qualität.

Ein Drittel der Besucher kommt aus dem Umland

„Leider sind die Programmpreise für uns nur mit lobenden Erwähnungen verbunden“, sagt Michael Beckmann. Kommunale Kinos erhalten nicht die fünfstelligen Beträge, mit denen die Preise sonst dotiert sind. Aber Anspruch gehört zur DNA des Filmforums seit seiner Gründung, wurde es doch als Teil der Volkshochschule mit einem klaren Bildungsauftrag versehen: „Andere Filme – anders sehen.“

Das Filmforum am Dellplatz im Jahr 1984. Vier Jahre zuvor hatte es hier eine eigene Adresse in Duisburg bekommen.
Das Filmforum am Dellplatz im Jahr 1984. Vier Jahre zuvor hatte es hier eine eigene Adresse in Duisburg bekommen. © Filmforum

Nachdem 1996 das letzte Programmkino in Duisburg geschlossen hatte, sind am Dellplatz eben auch jene Arthaus-Filme weiter zu sehen, die sonst in Duisburg nicht gezeigt würden. Ebenfalls 1996 verabschiedete sich das Filmforum von der VHS-Sommerpause und gestaltete das Programm so umfangreich, wie es bis heute geblieben ist. „Ein Drittel unserer Besucher kommt aus dem Umland“, so Beckmann.

Das Sommerkino im Landschaftspark ist auch wirtschaftlich wichtig

Ebenfalls 1996 ging das erste Sommerkino im Landschaftspark über die Bühne. „Es war zuerst ein Desaster, mittlerweile ist es auch eine wirtschaftliche Stütze“, sagt Beckmann, der Anfang 2020 die Geschäftsführung von Kai Gottlob übernommen hat. 80.000 Besucher kommen jährlich an den Dellplatz, über 40.000 Besucher zu den 40 Vorstellungen beim Sommerkino, dessen Programm breiter angelegt ist. Es zeigt das große Spektrum vom Stummfilm bis zum Blockbuster in imposanter Hochofen-Kulisse.

Als Gastgeber für die Duisburger Filmwoche ist das Filmforum über die Grenzen des Landes bekannt, viele Duisburger haben hier ihre ersten Filmvorstellungen schon als Kind erlebt und dem Haus die Treue gehalten. Bei den vom Land veranstalteten Schulkino-Wochen gibt es bis zu fünf Vorstellungen am Tag. „Ein dauerhafter großer Erfolg“, so Beckmann, der auch hier mit hohen Qualitätsstandards bei den Filmen für Schüler aller Schultypen und Altersgruppen erzielt werde. 8500 Kinder und Jugendliche besuchen das Filmforum pro Jahr.

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Corona bringt die Kino-Geschichte nach 125 Jahren zum Beben

Zwei Entwicklungen bereiten Beckmann zur Zeit Sorgen: Die Zunahme von Streaming-Angeboten, die zumal Jüngere stark nutzen. „80 Prozent der unter 20-Jährigen“, nennt Beckmann eine beeindruckende Zahl. Und natürlich wie alle die Corona-Pandemie. „Das Minus wird furchtbar.“ Beim Ersatzangebot Autokino am MSV-Stadion seien zwar bis auf eine alle Vorstellungen ausverkauft gewesen, aber der kleine Gewinn habe die laufenden Kosten am Dellplatz nicht auffangen können. Und auch der „Kunstrasen“ im Landschaftspark mit dem Bundesstart von „Berlin Alexanderplatz“, mit Filmkonzerten, Reisefilmen und Gesprächen mit ihren Machern habe „plusminus Null“ abgeschlossen.

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Es gebe zur Zeit weniger Filme, geringere Kapazitäten wegen der Abstandsregeln und damit weniger Besucher. „Eine Erfahrung, die das Kino in 125 Jahren nicht gemacht hat“, erinnert Beckmann an ein weiteres Jubiläum im Corona-Jahr 2020.

>>FILMPROGRAMM AM GEBURTSTAG

Bis auf den Film „Nur die Füße tun mir leid“ übers Pilgern nach Santiago di Compostela aus dem Jahr 2019 stehen am Jubiläumstag 27. September nur neue Filme auf dem Programm im Filmforum: „David Copperfield – Einmal Reichtum und zurück“, eine Romanverfilmung des Briten Armando Iannucci, „Persischstunden“ des ukrainischen Regisseurs Vadim Perelman über den jüdischen Belgier Gilles, der dem KZ entkommt, weil er vorgibt, Perser zu sein, und „Kiss me Kosher!“, eine Komödie von Shirel Peleg, in der sich zwei Frauen lieben.