Duisburg. Die Pumpaktion am Wambachsee war zulässig, sagt die Untere Wasserbehörde in Duisburg. Naturschützer sind entsetzt. Zweifel gab es bereits zuvor.

In einer Hauruck-Aktion zwischen Duisburg-Sport und der Unteren Wasserbehörde ist die Befüllung der Regattabahn mit Wasser aus dem Wambachsee genehmigt worden, damit die Ruder-Europameisterschaft (U23) am Wochenende stattfinden konnte. Die Untere Wasserbehörde setzte sich dabei nach Informationen dieser Zeitung über Bedenken innerhalb der Umwelt- und Naturschutzabteilungen im Rathaus hinweg.

Nun muss die übergeordnete Obere Wasserbehörde entscheiden, ob ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der Europäischen Wasserrahmen-Richtlinie (EU-WRRL) vorliegt. Das sei nicht der Fall, sagt die Stadt, der BUND ist gegenteiliger Meinung und hat Anzeige bei der Oberen Wasserbehörde erstattet.

BUND schockiert über „völlig intransparente Aktion“ am Wambachsee in Duisburg


Die Pumpaktion vom Samstag, 29. August, bis Montag, 1. September, bei der durch das Technische Hilfswerk (THW) rund 70.000 Kubikmeter Wasser entnommen wurden, senkte den Pegel des Wambachsees um 28 Zentimeter und sorgte für Empörung.

Sportdezernent Ralf Krumpholz hat sich entschuldigt – allerdings nicht für die Maßnahme, sondern für die misslungene Kommunikation der Aktion, die auch verwaltungsintern erst am Freitagabend bekannt gemacht wurde. „Wir sind schockiert über diese völlig intransparente Aktion“, empört sich die BUND-Vorsitzende Kerstin Ciesla.

Misslungene Kommunikation: Sportdezernent Ralf Krumpholz bittet dafür um Entschuldigung.
Misslungene Kommunikation: Sportdezernent Ralf Krumpholz bittet dafür um Entschuldigung. © FUNKE Foto Services | Foto: Tanja Pickartz

Wambachsee: Pikante Details zur Genehmigung

Pikant dabei: Krumpholz, Mitglied der Grünen, war auch Umweltdezernent der Stadt, bis das Ressort zerschlagen wurde. Umwelt und Naturschutz liegen nun im Baudezernat, die Wasserbehörde verantwortet das Wirtschaftsdezernat. Für die Duisburger BUND-Vorsitzende Kerstin Ciesla ist das ein Grund, warum die Pumpaktion nicht verhindert wurde: „Daran sieht man doch, welchen Stellenwert der Naturschutz in dieser Stadt hat.“

Schon im Juli schwante den Regatta-Organisatoren, dass der Wasserstand der Regattabahn zu niedrig sein könnte, um die Wettkämpfe auszutragen. In Vorgesprächen mit den beteiligten Ämtern hätten sie darauf hingewiesen, dass eine Pumpaktion „sehr problematisch zu sehen sei, weil Biotope in den Uferbereichen und der angrenzende Wald betroffen sind“, berichten Beteiligte. Wegen des Verschlechterungsverbots hielten sie das Vorhaben „eigentlich für nicht genehmigungsfähig“. Klar waren da auch schon die Auswirkungen: Regattabahn, Parallelkanal und Bertasee, die miteinander verbunden sind, haben die dreifache Fläche des Wambachsees.

Genehmigung wurde wegen Zeitmangel mündlich erteilt

Man verständigte sich, wie auch Stadtsprecherin Anja Kopka bestätigt, auf einen Mindestwasserstand im Wambachsee von 32,20 Meter üNHN als Voraussetzung, um überhaupt eine Genehmigung zu erwägen.

In Gang kam das Verfahren allerdings erst wenige Tage vor der Aktion, Duisburg-Sport machte mit Blick auf den Regatta-Termin Druck. „Die Erlaubnis wurde auf Basis des vorliegenden Entwurfs mündlich als vorzeitiger Maßnahmenbeginn von der Unteren Wasserbehörde erteilt, da die Zeit für den abschließenden Bescheid zu knapp war“, bestätigt die Verwaltung.

Untere Wasserbehörde: Kein Zweifel an Zulässigkeit

Allerdings habe die Untere Wasserbehörde „keinen Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit der Maßnahme“, betont die Stadtsprecherin. Durch ihre „engmaschige Begleitung und Erreichbarkeit“ hätte die wasserrechtliche Genehmigung „bei bedenklichen Zuständen Vorort jederzeit widerrufen werden können“. Für bedenklich hielt die Behörde bei ihrer Genehmigung nicht, dass der Pegelstand im Wambachsee schon bei der Beginn der Aktion bei 32.09 Metern und damit elf Zentimeter unter dem Mindeststand lag, auf den man sich im Sommer verständigt hatte.


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Die Duisburger BUND-Vorsitzende Kerstin Ciesla ist schockiert über die Pumpaktion am Wambachsee
Die Duisburger BUND-Vorsitzende Kerstin Ciesla ist schockiert über die Pumpaktion am Wambachsee © Unbekannt | Foto: Barbara Zabka / FUNKE Foto Services


Der schriftliche Entwurf für die Genehmigung nimmt keinen konkreten Bezug mehr auf den See-Pegel: „Wasserstände, die im natürlichen Schwankungsbereich aufgetreten sind, dürfen nicht unterschritten werden. Sobald der Mindestwasserstand von 30,18 m NHN an der Pegellatte der Regattabahn erreicht ist, ist die Entnahme zu unterbrechen“, heißt es dort.

Behörde: Eingriff in den Wambachsee „lediglich geringfügig“

Die „temporäre Wasserstandsabsenkung“ lasse „keine negative Auswirkung auf den natürlichen Prozess eine Sees befürchten“, begründet die Untere Wasserbehörde ihre Entscheidung: „Der Eingriff durch die Nutzung des Gewässers war lediglich geringfügig“. Auch niedrigere Wasserstände in den Seen hätten in der Vergangenheit „nicht zu kritischen Zuständen geführt“.

Naturschützer: Künstlich erzeugter Rekord-Niedrigwasserstand

Naturschützer wie Kerstin Ciesla sehen das anders. Zwar erfolgte die Pumpaktion außerhalb der Laichphase der Fische, gleichwohl treffe die Absenkung des Pegels im Wambachsee die Mikroorganismen im Uferbereich ebenso wie die Bäume: „Sie stehen ohnehin unter Stress wegen der Trockenheit in den Sommern der vergangenen Jahre.“ Auch die Grundwasserspiegel, auch das zeigten die Vorjahre, fallen im Spätsommer weiter. „Wir haben jetzt einen künstlich erzeugten Niedrigwasserstand, den wir so noch nie hatten.“

>>>> STICHWORT: EUROPÄISCHE WASSER-RAHMENRICHTLINIE

  • Die EU-Wasserrahmenrichtlinie trat im Dezember 2000 in Kraft. Sie war Auftakt einer integrierten Gewässerschutzpolitik und eine koordinierte Bewirtschaftung der Gewässer innerhalb der Flusseinzugsgebiete.
  • Zwar gilt für Gewässer grundsätzlich ein Verschlechterungsverbot durch Bewirtschaftung, doch in der Interpretation wird es kompliziert. „Der Begriff der Verschlechterung ist aus rechtlicher Sicht noch nicht eindeutig geklärt. Hinsichtlich dieses unbestimmten Rechtsbegriffes werden einerseits die Stufen-Theorie und andererseits die Status-quo-Theorie vertreten“, heißt es in den „Arbeitshilfen zur Prüfung von Ausnahmen von den Bewirtschaftungszielen“, die das Bundesumweltamt 2014 veröffentlicht hat.
  • „Jüngste Forschungsergebnisse kommen zu dem Ergebnis, dass eine Auslegung des Begriffes der Verschlechterung anhand des Wortlautes der Wasserrahmenrichtlinie keine eindeutigen Schlüsse zulasse“, so die Bundesbehörde weiter.