Duisburg. Die Rheinoper eröffnet ihre „Corona-Saison“ am Freitag mit den „Comedian Harmonists in Concert“. Warum es für die Sänger ein Seiltanz ist.

Kurze Opern jenseits des bekannten Repertoires, schnell getaktete Premieren in Duisburg und Düsseldorf, große Abstände zwischen den Sängern auf der Bühne und im Saal: Die Corona-Spielzeit 2020/21 der Deutschen Oper am Rhein dürfte die ungewöhnlichste der Geschichte werden. Wer hätte jemals gedacht, dass die Rheinoper eine Saison mit den „Comedian Harmonists in Concert“ eröffnet?

Auch die Tenöre Cornel Frey und Florian Simson und hätten sich nicht vorstellen können, als Ari (Leschnikoff) und Harry (Frommermann) jemals auf der großen Opernbühne zu stehen. Wobei sie eigentlich nicht auf der ganz großen Bühne stehen, sondern über dem Orchestergraben. Vorbereitet hatten sie sich auf Aufgaben als Mime in Wagners „Siegfried“ oder auf Basilio in Mozarts „Figaros Hochzeit“. Stattdessen: „Wochenend und Sonnenschein“ und „Veronika, der Lenz ist da“.

„Comedian Harmonists“ in Duisburg: Der Aufstieg zu Stars in den 20er Jahren

„So eine radikale Änderung haben wir noch nie erlebt“, sagen die beiden Tenöre und Ensemble-Sprecher, die schon vor der Rheinoper berufliche Stationen an gleichen Häusern hatte, darunter am Gärtnerplatztheater in München. Sie finden es gut und stimmig, dass die Rheinoper beim Corona-Spielplan nicht etwa auf Bearbeitungen großer Opern gesetzt hat, sondern auf Originalstücke in kleinen Besetzungen.

Wobei die Handlung der „Comedian Harmonists“ an der Rheinoper auf Gottfried Greiffenhagens Stück zur musikalischen Einrichtung von Franz Wittenbrinck basiert. Erzählt wird die Geschichte des sechsköpfigen jungen Ensembles über mühsame Anfänge zu gefeierten Stars des lupenreinen Harmoniegesangs in den 20er Jahren bis hin zu der von den Nationalsozialisten 1935 erzwungenen Trennung wegen der jüdischen Sänger in der Formation. Dirk Seiler moderiert den von Patrick Francis Chestnut musikalisch geleiteten Abend. Er begleitet auch am Flügel.

Cornel Frey singt als Ari auch das hohe D

„Ich habe mit den Comedian Harmonists mein Studium finanziert“, spricht Cornel Frey über den komischen Zufall, jetzt statt Mime den Ari zu singen, also „stimmlich ganz woanders“ gewesen zu sein. „Der 1. Tenor ist sehr hoch und leicht, ganz zurückgenommen – eine Ausnahmestimme“, so Florian Simson. „Das geht bis zum hohen D“, beschreibt Frey. Es müsse kernig klingen, dürfe aber die anderen Stimmen nicht „wegpusten“.

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Simson: „Das ist hochvirtuose Unterhaltungsmusik und eine Ensemble-Leistung: Wer rausfällt, zerstört alles.“

Der künstlerische Eindruck entsteht nur durch die Ensemble-Leistung. Das erfordere mehr Disziplin als Oper, wo man seine Arie möglichst schön und laut singe. Jetzt seien nicht Volumen und Schwingungen gefragt, sondern ein durchsichtiger Klang, beschreibt Simson. Auch bei Opernsängern führe die Ausbildung am Kunstlied vorbei, insofern seien die Fähigkeiten in jeder Stimme verankert.

50 Minuten Nonstop-Gesangsakrobatik

„Es ist mehr eine Frage der Stilistik, der Farben, der Ausdauer und des sich Zurücknehmens.“ Und der Ausdauer für „50 Minuten Nonstop-Gesangsakrobatik – ein Seiltanz“, so Simson. Aussehen aber müsse es ganz nonchalant. „Wir müssen den Charme der Zeit aufleben lassen und die Illusion, dass was los ist auf der Bühne“, sagt Frey. Dabei ist gar nicht viel Bewegung zugelassen, müssen doch die Abstände eingehalten werden.

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Noch weiter weg ist Chestnut, der die Wittenbrinck-Fassung im Urlaub für die Rheinopern-Solisten angepasst hat. Sechs Meter sitzt er hinter den Sängern, ist als Pianist gefordert und auch Darsteller des Pianisten Erwin Bootz.

„Wir freuen uns drauf“, sagt Simson. Und verspricht dem Publikum „ein Erlebnis“. Überhaupt hofft er darauf, dass der Corona-Spielplan mit seinen „kurzen, knackigen“ Stücken auch Besucher anspricht, die sich sonst nicht drei Stunden in die Oper setzen. Vielleicht könnten ja Berührungsängste abgebaut werden.

>> PREMIEREN IN DICHTER FOLGE

  • Die Premiere von „Comedian Harmonists in Concert“ ist am Freitag, 11. September, um 19.30 Uhr im Theater Duisburg, am 18. September folgt Düsseldorf.
  • Die erste Premiere des Balletts unter der neuen Leitung von Demis Volpi ist am 11., 12. und 13. September mit „A First Date“; Duisburg-Premiere des dreiteiligen Abends ist dann am 18., 19. und 20. September.
  • Karten (für 12, 19 und 29 Euro) gibt es an der Theaterkasse unter 0203 283 62 100, Informationen unter www.operamrhein.de