Duisburg. Bei der Duisburg-Premiere von „Siegfried“ im Stadttheater trotzt Corby Welch einer Erkältung und liefert eine respektable Vorstellung ab.

In Düsseldorf hat Regisseur Dietrich Hilsdorf den neuen „Ring des Nibelungen“ der Rheinoper bereits vollendet. In Duisburg folgen die Premieren mit zeitlicher Verzögerung. Mit „Siegfried“ wurde nun der dritte Teil des großen Opernzyklus nach Duisburg übernommen. Gerettet wurde der Abend von Corby Welch, der trotz Indisposition sein Debüt in der Titelrolle gab.

Corby Welch hat in den 16 Jahren, die er an der Deutschen Oper am Rhein singt, eine beachtliche Entwicklung durchgemacht. Als lyrischer Mozart-Tenor ist er hier gestartet, hat sich langsam in das jugendliche Fach bis zum Heldentenor vorgearbeitet. Aufgrund seiner Erkrankung ist seine sängerische Leistung nur in Ansätzen zu bewerten, da seine Stimme merklich angeschlagen ist.

Jedoch wird deutlich, dass sein Siegfried eine gute Durchmischung lyrischer und heldischer Anteile besitzt. In der Premiere teilt er sich die Rolle so klug ein, dass die Vorstellung nicht abgebrochen werden muss. Darstellerisch wechselt er überzeugend zwischen dem naiv-unbekümmerten Kind und jugendlichem Schlagetot.

Viele starke Sänger sind an diesem Abend zu erleben: Furios ist der Mime von Cornel Frey. Der Tenor singt die Partie mit leichter, aber durchsetzungsfähiger Stimme. Bei aller Verschlagenheit der Rolle karikiert Frey diese nie, sondern bietet auch viele lyrische Passagen, die mit perfekter Textverständlichkeit gestaltet werden. Ein imposanter Wotan ist James Rutherford von der Frankfurter Oper. Sein Bassbariton orgelt mächtig dahin, setzt kluge Pointen und hat nie Probleme mit den massiven Blechbläsern, die ihn begleiten.

Konieczny mit bedrohlichem Bass

Als Alberich ist Stefan Heidemann ein ernstzunehmender Gegenspieler Wotans. Besonders in den weit ausgesungenen Bögen kommt sein dunkler Bariton gut zur Geltung. Lukasz Konieczny singt den kurzen Auftritt als Fafner mit knorrig-bedrohlichem Bass.

Renée Morloc interpretiert die Erda auf dem hohen Niveau, das man von ihr kennt. Als Brünnhilde gefällt Heike Wessels vom Nationaltheater Mannheim mit leuchtendem Sopran, dem aber für diese Partie die Wucht und Durchsetzungskraft fehlt.

Stark spielen die Duisburger Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Axel Kober. Dieser dirigiert ebenso flotte wie dramatische Tempi und verliert dabei nie die großen Bögen aus dem Auge. Plastisch werden die Leitmotive und gelegentlich auch überraschende Nebenstimmen herausmodelliert, wobei die Musiker der Philharmoniker viele schöne Soli beisteuern. Zudem leitet Kober die Aufführung sehr sängerfreundlich.

Inszenatorisch ist der „Siegfried“ der bisher beste Teil des neuen „Rings“. Hatte Hilsdorf die ersten beiden Abende mit einer Fülle von Regiefehlern angereichert, so beschränkt er sich diesmal weitgehend auf das Nacherzählen der Geschichte. Die Charaktere werden treffend dargestellt, wobei ihm die Spielfreude der Darsteller sehr zugute kommt. In diesem weitgehenden Nacherzählen der Geschichte wirkt die Regie aber auch konzeptlos, zumal diese mit ihrer Kritik an Industrialisierung, Krieg und Politik den üblichen Ring-Mustern folgt, die man seit 40 Jahren an diversen Opernhäusern erleben kann.

Die Bühnenbilder von Dieter Richter sind mit ihren geschlossenen Räumen sehr sängerfreundlich. Selbst wenn einer der Akteure ganz hinten steht, ist er bestens zu verstehen. Der erste Akt spielt in Mimes Wohn-Werkstatt, die sich mit Wellblechwand und Panzertür von der Außenwelt abschottet.

Die große Halle des zweiten Aktes erinnert mit ihrem Konferenztisch an den Bunker, in dem „Die Walküre“ spielte. Verwirrend ist die zeitliche Verortung: Mime schaut sich einige Rheingold-Szenen auf VHS-Kassette an, während Drache Fafner eine riesige Dampflok aus dem 19. Jahrhundert ist. Das Ungetüm sieht zwar beeindruckend aus, bewegt sich aber so träge, dass Mime Fafner selbst besiegen könnte, zumal sich der Riese im Kessel der Dampflok versteckt. Höhepunkt der zeitlichen Konfusion ist dann, dass Brünnhilde im 3. Akt in einem abgestürzten Hubschrauber schläft.