Duisburg. Maximal 580 Besucher dürfen in die Konzerte in der Philharmonie Mercatorhalle in Duisburg. Die Saison 2020/21 beginnt mit Corona-Vorschriften.

In seiner letzten Saison als Intendant der Duisburger Philharmoniker hätte es für Dr. Alfred Wendel den zusätzlichen Nervenkitzel durch die Corona-Pandemie nicht geben müssen. Aber jetzt verströmt er Optimismus und ist gespannt, wie die Saison 2020/21 gelingen kann, die vorerst bis Ende 2020 unter den besonderen Vorgaben geplant ist.

Sie haben in der Mercatorhalle sonst 1400 Plätze, die bei den Philharmonischen Konzerten zumeist auch gut belegt sind. Wie bringen Sie Ihre Abonnenten jetzt unter?


Alfred Wendel: Wir haben über 800 Abonnenten pro Konzertabend und uns deswegen entschieden, die Konzerte zweimal pro Abend zu geben, um 18 und 20.30 Uhr. Damit gibt es vier Konzerte und pro Konzert 580 Plätze. Das ist fast so viel, wie wir bei den schwierigen Konzertprogrammen haben. Wir haben sehr vorsichtig geplant: Neben jeweils zwei belegten Plätzen bleiben vier Plätze frei, und es wird versetzt. Man hat also niemanden vor und hinter sich. Damit gibt es an fast allen Plätzen 1,50 Meter Abstand, nur nicht dort, wo Durchgänge sind. Dort herrscht Maskenpflicht. Damit können wir alle, die wollen, bedienen.

Wollen denn alle?

Ja, wir haben bei den vielen kleinen Konzerten – allein über 80 in Altenheimen, aber auch etwa in der Abtei – gesehen, mit welcher Begeisterung die Leute gekommen sind. Und sie haben uns auch gesagt: Das hat uns so gefehlt. Die Sehnsucht nach der Musik ist da. Das ist ein gutes Gefühl: Musik gehört zum Leben.

Die Besucher kommen, obwohl das Programm eingedampft ist?

Es gibt natürlich Leute, die sind ängstlich und warten erstmal, wie’s weiter geht. Aber wir haben jetzt pro Konzert zwischen 450 und 500 Plätzen belegt. Das heißt, es gehen auch noch Karten in den freien Verkauf. Die sind allerdings großenteils im Rang. Das ist die gute Botschaft: Publikum kommt. Und dann haben wir ein umfangreiches Hygiene-Konzept mit Einbahnstraßen, Desinfektion und Masken.

Die Solisten spielen das doppelte Programm

Wie sind die Konzertabende organisiert?

Wir spielen ohne Pause etwa 70 Minuten. Dann wird eine halbe Stunde zum Desinfizieren pausiert, dann kommen die nächsten rein. Ganz toll ist, dass alle Solisten kommen. Ich habe zuerst mit Carolin Wittmann telefoniert und gefragt, ob man das schafft, das Mendelssohn-Violinkonzert zweimal zu spielen. Sie gleich: Ja, ja, natürlich spiele ich das für euch zweimal. Das war auch bei Simon Höfele so, und das ist schon eine Anstrengung: Der spielt am Abend dann vier Trompeten-Konzerte – zweimal Hummel, zweimal Haydn. Das ist schon heftig.

Die Mercatorhalle ist ja auch groß und gut belüftet.

Ja, erstmal haben wir ja ein riesiges Raumvolumen. Die Lüftung ist in der Lage, 60.000 Kubikmeter Luft pro Stunde durchzupumpen. Das ist ausschließlich Frischluft von außen, keine Umwälzung, also die Aerosole werden gut abgesaugt. Ich war im Urlaub bei den Salzburger Festspielen. Da ist man viel lockerer, die haben etwa zwei Drittel der Plätze belegt, ein Drittel ist frei, bei uns ist es umgekehrt: zwei Drittel frei, ein gutes Drittel belegt. Bisher hat man aus Salzburg noch nichts gehört über Infektionsgeschehen. Das stimmt uns zuversichtlich.

Das Publikum hält sich an die Regeln

Und die Konzertbesucher wollen sich ja auch nicht anstecken.

Das wichtigste ist das Publikum, das haben wir bei den Probekonzerten gesehen. Es sind ganz kultivierte, disziplinierte, kluge Menschen, die sich von sich aus an die Regeln halten. Trotzdem geht alles mit lässiger Eleganz über die Bühne. Außerdem: Im Unterschied zum Rockkonzert wird bei uns nicht mitgesungen, nicht getrunken und nicht gesprochen. Und weil wir keine Pausen haben, entsteht im Foyer auch kein Gewusel. Das kann einfach nicht sein, dass das Ausgangspunkt für größere Infektionsgeschehen wird.

Haben Sie die Programme so zusammengestellt, dass die Musiker nicht in großer Besetzung spielen?

Nicht in ganz großer. Wir könne – so über den Daumen gepeilt und je nachdem wieviel Bläser dabei sind – um die 45 Musiker auf der Bühne unterbringen. Das ist schon ein Orchester, keine Kammermusik. Wir hatten Glück, dass wir bei den ersten Programmen gar nicht so viel verändern mussten, nur jeweils ein Stück rausschmeißen, dass es nicht zu lang wird.

Aber Beethovens Missa solemnis, die Ende November aufgeführt werden sollte, ist dann doch zu groß?

Die Missa solemnis, die die Krönung der Saison werden sollte, mussten wir absagen. Dortmund kann Oratorien aufführen, aber die haben eine Chorbühne auf der Empore vor der Orgel. Aber 70 Choristen – bei uns undenkbar. Und wir können das ja im September 2021 nachholen. Bis auf den Bass haben auch alle Solisten schon zugesagt. Für den Termin konnten wir unseren alten GMD Giordano Bellincampi einladen, das ist doch nett. Der hat momentan nicht viel zu tun, weil er nicht nach Auckland kann, wo er ja Chef ist. Er hat Beethovens „Bürger als Edelmann“ vorgeschlagen. Passt perfekt, haben wir ewig nicht gespielt.