Duisburg-Ruhrort. An der Landungsbrücke Mühlenweide raus: Die alte Reederei Luwen aus Duisburg-Ruhrort organisierte Jahrzehnte Schiffstouren. Eine Erinnerung.

Angela Dümpelmann, geborene Luwen, hat ein Anliegen. Die 60-Jährige hat ihrem „Vatta“ vor einigen Wochen auf dem Sterbebett versprochen, dass sie nach seinem Tod an sein Wirken erinnert. „Papa kannte wirklich jeder in Ruhrort.“ Und jeder kannte ihn. Wenn nicht mit Namen, dann doch als den „Mann mit Hut“. Aber eine sentimentale Geschichte solle das jetzt bitte nicht werden – der Name Luwen stand schließlich viele Jahre für „Freude, Frohsinn und Erholung“ auf dem Rhein.

Ordner voller Eintrittskarten, Fotos und Sitzpläne der Schiffe in Duisburg

Günter Luwen war in Duisburg-Ruhrort stets bekannt als „der Mann mit Hut“. Auch noch als 80-Jähriger arbeitete er für die Firma, die früher eigene Schiffe besaß und dann als Reisebüro agierte.
Günter Luwen war in Duisburg-Ruhrort stets bekannt als „der Mann mit Hut“. Auch noch als 80-Jähriger arbeitete er für die Firma, die früher eigene Schiffe besaß und dann als Reisebüro agierte. © FUNKE Foto Services | Foto/Repro: Tanja Pickartz

Günter Luwen organisierte in dritter Generation mit eigenen Fahrgastschiffen bis in die 1970er Jahren Ausfahrten. Später hatte er eine Art Reisebüro und arbeitete mit der niederländischen Reederei Eureka zusammen. Als die Tochter vor kurzem das Elternhaus ausräumte, fand sie Ordner voll mit Eintrittskarten, Sitzplänen von Schiffen, Berichten und Fotos. Dazu noch alte Rettungsringe und allerlei andere Andenken. Die Geschichte eines prall gefüllten Lebens.

„Mein Vater hat auch mit 80 noch gearbeitet. Der konnte gar nicht anders“, erinnert sich Angela Dümpelmann. Von der „Landungsbrücke an der Mühlenweide“ wie es in den Aufzeichnungen heißt, ging es nach Kaiserswerth, in die Düsseldorfer Altstadt und manchmal gar nach Königswinter, „aber dann musste man mit dem Bus zurück. So weit kommt man mit dem Schiff an einem Tag ja nicht“, beschreibt Angela Dümpelmann. Sie wurde 1960 geboren. Als Kinder durfte sie mit ihrem Bruder beim Kapitän mitfahren und war darauf „ziemlich stolz“. Als Jugendliche half sie, Karten abzureißen und später arbeitete sie im Büro mit.

Gegründet wurde das Familien-Unternehmen vom Ur-ur-ur-Großvater mit Stammsitz am Eisenbahnbassin als „Elektroschweißwerk-Kesselschmiede-Maschinenfabrik und Schiffswerft“ bereits im Jahr 1892. Doch schon Anfang des 20. Jahrhunderts wurde eine zusätzliche Abteilung „Schleppschifffahrt mit Dampf-/Rad- und Schraubenschleppern“ gegründet. Eine Schiffsschraube der alten Luwen-Flotte kann man heute übrigens noch am Leinpfad in Ruhrort bestaunen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden aus den Schleppdampfern Fahrgastschiffe. Rheinauf, Rheinab war die Flagge der „Duisburg-Ruhrorter Personenschifffahrt Gebrüder Luwen“ bekannt.

Schiffe wurden während des Zweiten Weltkriegs ausgebombt

Angela Dümpelmann, geborene Luwen, hat zahlreiche Ordner mit alten Schätzchen gefunden. Sie hat ihrem Vater auf dem Sterbebett versprochen, an sein Wirken zu erinnern.
Angela Dümpelmann, geborene Luwen, hat zahlreiche Ordner mit alten Schätzchen gefunden. Sie hat ihrem Vater auf dem Sterbebett versprochen, an sein Wirken zu erinnern. © FUNKE Foto Services | foto: Tanja Pickartz

In den 1930er Jahren erlebte das Unternehmen mit Werft und Reederei seinen Höhepunkt. „Es gibt Bilder, da strömen hunderte Personen an Bord“, beschreibt Angela Dümpelmann und blättert in einem Fotoalbum. Doch während des Krieges gingen alle Schiffe verloren. Die „Westmark“ sank zum Beispiel vor Unkel in Rheinland-Pfalz und wurde erst 1949 von den Franzosen freigegeben. „Damals kam ein neuartiges Verfahren zum Einsatz. Man hat um das gesunkene Schiff Spundwände gesetzt, das Wasser herausgepumpt, alle Lecks repariert und dann wieder Wasser eingefüllt, damit das Schiff nach oben treiben konnte. Leider hat sich das niemand von uns patentieren lassen.“ Die Freude währte allerdings nicht lange: 1951 zerstörte ein Großbrand das Schiff.

Doch die Luwens resignierten nicht. 1952 lief die Westmark II vom Stapel und wurde auf dem gesamten Rhein zu einem der beliebtesten Schiffe. Zusammen mit dem Motorfahrgastschiff „Deutschland“ bot die Firma ihren Gästen die Gelegenheit, die Gegend vom Wasser kennen zu lernen. „Mein Vater hat sogar die Plakate selbst gemalt, die an der Mühlenweide aushingen, um die Leute auf das Angebot aufmerksam zu machen. Eigentlich war er immer mehr Künstler als Kaufmann“, erinnert sich Angela Dümpelmann. Auf einem Plakat ist zum Beispiel ein grinsender Schlot zu sehen, darunter ist geschrieben: „Ein Freudentag der Hausfrau.“

1978 ging die Westmark II in Flammen auf - damit endete der eigene Schifffahrtsbetrieb

Die Werbeplakate zeichnete Günter Luwen selbst.
Die Werbeplakate zeichnete Günter Luwen selbst. © FUNKE Foto Services | Repro: Tanja Pickartz

Zu Spitzenzeiten bestand die Flotte aus fünf so genannte Doppeldeck-Salon-Raddampfern und sechs Motorschiffen. Der Werftbetrieb war allerdings nach dem Krieg und der Einführung der Schubschifffahrt von einer Rezession betroffen. „Aufgrund der allgemeinen Beschäftigungslage Maßnahmen zu treffen, war nur eine Frage der Zeit. Der Senior Wilhelm Luwen entschloss sich mit den beiden Söhnen Günter und Willi, den Wertfbetrieb 1977 einzustellen. Und dann passierte noch ein Unglück: Am 13. Mai 1978 ging die Westmark II in Flammen auf. Die Polizei stellte später fest, dass es Brandstiftung war. Weil die Reederei unterversichert war, bedeutete dies das Ende der eigenen Schifffahrt unter dem Namen „Luwen“.

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„Für meinen Vater ging eine Welt unter. Die Schiffe fahren sein Leben“, blickt Angela Dümpelmann zurück. Aufgeben wollte Günter Luwen nicht, also kooperierte er mit den Niederländern und vermittelte ihnen Fahrgäste. Als es keine Geschäftsräume mehr gab, arbeitete er eben zu Hause weiter – entsprechend viel Papier hatte sich angesammelt.

Bis 2007 war Günter Luwen aktiv. 2008 wurde das Gelände dann an die Duisburger Hafen AG verkauft. Übrig geblieben von dem ehemaligen Familienbetrieb ist inzwischen nur noch das abgebrannte Haus am Eisenbahnbassin – und darüber ärgert sich die Familie. „Wir werden heute noch darauf angesprochen, wie es dort aussieht. Dabei haben wir damals 40.000 Euro bezahlt, weil wir das Gelände ohne Gebäude zurückgeben mussten. Die Hafag wollte das Haus abreißen“, sagt Angela Dümpelmann.

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Dazu kam es allerdings nicht, das Areal wurde weiter verkauft, weil dort das Projekt „Waterfront“ realisiert werden sollte. Waterfront lässt allerdings weiter auf sich warten. Zuletzt forderten SPD und Grüne die Stadt auf, alles wieder zurück zu kaufen und selbst am Eisenbahnbassin etwas zu entwickeln.