Duisburg. Überraschende Ankündigung: OB Sören Link und Sarah Philipp wollen als Doppelspitze für den SPD-Vorsitz kandidieren. Das sagt Mahmut Özdemir.
Oberbürgermeister Sören Link und Sarah Philipp, die kommissarische Vorsitzende der SPD Duisburg, überraschen mit einer Ankündigung im Wahlkampf. Die beiden wollen den Duisburger Unterbezirk zu zweit führen und beim Parteitag am 1. Dezember als Doppelspitze für den vakanten Vorsitz kandidieren. Das haben sie am Montag ihren Vorstandskolleginnen und -kollegen mitgeteilt, auch dem ebenfalls kandidierenden Mahmut Özdemir. Später setzten Philipp und Link zeitgleich eine gemeinsame Erklärung über ihre Facebook-Auftritte ab (siehe unten).
Die 37-Jährige und der 44-Jährige verkündeten ihren Plan, eine Woche nachdem sie die Kampagne der SPD für den Kommunalwahlkampf vorgestellt hatten. Obwohl der Oberbürgermeister in Duisburg am 13. September nicht zur Wahl steht, zieht die SPD mit OB Link als Aushängeschild in einen stark personalisierten Wahlkampf.
Sarah Philipp argumentierte zunächst gegen eine Doppelspitze
Der Vorstoß der beiden kommt offenbar auch für viele Genossinnen und Genossen überraschend – nicht nur wegen des ungewöhnlichen Zeitpunktes im Wahlkampf. Denn bislang hatten nur Sarah Philipp, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion im Landtag, und Mahmut Özdemir, Bundestagsabgeordneter aus Homberg, ihre Ambitionen erklärt.
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Nach dem überraschenden Rücktritt von Ex-NRW-Innenminister Ralf Jäger Ende 2019 aus privaten Gründen hatten Philipp und Özdemir ihren Hut im Januar in den Ring geworfen – allerdings unerwartet nicht gemeinsam. Während der 33-Jährige erklärte, er stehe auch für eine Doppelspitze mit Philipp bereit, argumentierte diese seinerzeit gegen ein Führungsduo. Sie befürchte „Reibungsverluste“ und, „dass eine solche Konstellation Prozesse verlangsamt“.
Sarah Philipp: Meinung nach „Praxistest unter erschwerten Bedingungen geändert“
Trotz dieser Bedenken macht die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Buchholz/Wedau nun gemeinsame Sache mit dem „bekanntesten Sozialdemokraten der Stadt“, wie sie Link jüngst beim Wahlkampfauftakt genannt hatte. Letztlich verhinderte wohl die Corona-Pandemie eine Kampfabstimmung Philipp gegen Özdemir: Die SPD musste im März die Versammlung absagen, bei der die Delegierten über eine Satzungsänderung abstimmen wollten, die eine Doppelspitze in Duisburg ermöglicht. Mit dem Parteitag im Mai wurden dann auch die Vorstandswahlen verschoben.
Sarah Philipp und Sören Link begründen ihren Entschluss nun mit ihrer Zusammenarbeit in der Corona-Krisenzeit: „Uns ist einmal mehr klar geworden, wie wichtig bei vielen Themen eine enge Zusammenarbeit zwischen Land und Kommune ist. Dass man sich fachlich eng austauscht und sich dabei blind vertrauen kann“, heißt es in ihrem Facebook-Posting und in einem Schreiben an die etwa 3300 Mitglieder. Sarah Philipp sagt, sie habe ihre Meinung zur Doppelspitze wegen dieses „Praxistests unter erschwerten Bedingungen“ geändert. „Und es passt zwischen uns nicht nur auf persönlicher, sondern auch auf fachlicher Ebene.“
OB Link zu Interessenkonflikten: „Erst die Stadt, dann die Partei“
Sören Link antwortet auf die Frage nach Interessenkonflikten durch eine mögliche Doppelfunktion als Parteichef und Oberbürgermeister mit Neutralitätspflicht, für ihn „galt und gilt: Erst die Stadt, dann die Partei.“ Daran werde sich auch im Falle einer Wahl zum SPD-Vorsitzenden „nichts ändern“.
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Gleichzeitig habe er „nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich SPD-Mitglied bin und stolz auf das, was Generationen von Sozialdemokraten in Deutschland, aber auch hier in Duisburg, erreichen konnten. Und deswegen möchte ich – gerade in dieser schwierigen Zeit für die SPD – ein klares Zeichen setzen, dass ich gemeinsam mit Sarah Philipp Verantwortung übernehmen und Vertrauen gewinnen will.“
Warum das Duo dieses Zeichen gerade jetzt setzt, keine sechs Wochen vor der Wahl?
Die Bekanntgabe sei „kein Wahlkampfmanöver“, sagt Philipp. „Wir wollten die Partei informieren, sobald wir uns sicher sind. Dieser Moment war jetzt.“ Gleichwohl schade es der SPD-Kampagne nicht, „auch nach außen zu zeigen: Das ist das neue Führungsduo der SPD in Duisburg“, meint sie. Und ergänzt: „… wenn die Partei so entscheidet.“
Mahmut Özdemir will vor der Wahl keine „innerparteilichen Personaldebatten“
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Denn Mahmut Özdemir wird im Dezember wie geplant antreten, an seinen Zielen und dem Zeitplan habe sich nichts geändert, sagt er. Zur plötzlich erstarkten Konkurrenz und zu deren Offensive im Wahlkampf will er sich nicht äußern. Zumindest nicht direkt. Bis zur Wahl am 13. September, so Özdemir, stelle er für sich „persönlich innerparteiliche Personaldebatten zurück“. Er konzentriere sich „darauf, unsere Kandidatinnen und Kandidaten im Wahlkampf um den Rat der Stadt, die Bezirksvertretungen und den Integrationsrat voll zu unterstützen“.
Im Januar hatte Özdemir noch vor Personaldiskussionen im Kommunalwahljahr gewarnt, nun äußert er sich beinahe auffällig diplomatisch, demütig, zurückhaltend: „Nach der Kommunalwahl können wir dann gemeinsam über die offene Führungsfrage entscheiden.“ Bis dahin wünsche er sich, „dass wir mit dem Zugpferd, Oberbürgermeister Sören Link, im Wahlkampf alle Mandate verteidigen und das Ergebnis der letzten Kommunalwahl möglichst übertreffen“.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass ihn selbst dieses Zugpferd am 1. Dezember viele Stimmen kosten wird.
Corona-Pandemie verhinderte Vorstandswahl vor der Kommunalwahl
• Sarah Philipp führt den Unterbezirk seit Ralf Jägers Rücktritt kommissarisch gemeinsam mit der Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken (61).
• Die Delegierten der SPD Duisburg werden bei einem Parteitag am 6. Oktober über die Satzungsänderung entscheiden, die Voraussetzung für eine Doppelspitze ist. Vorstandswahlen stehen dann beim Parteitag am 1. Dezember an.