Duisburg. Tausende Wildgänse bevölkern Duisburger Wiesen und verschmutzen sie. Seit zehn Jahren versucht die Stadt ihre Zahl zu begrenzen – erfolglos.

Sie watscheln wieder: Dort, wo das Gras ganz kurz geschnitten ist und geradewegs barrierefrei ins Wasser führt, hat der einsichtsfähige Homo sapiens, in Vertretung die Stadt Duisburg, ideale Bedingungen für Kinder geschaffen – und für Kanadagänse. Am Wasserspielplatz Wedau sind beide Arten gerade stark vertreten. Gans im Glück.

Duisburg, Lebensraum mehrere tausend Wildgänse

Mehrere tausend Wildgänse – darunter gut 1400 Grau- und 300 Kanadagänse – leben in der Stadt. So schätzen es die Biologische Station Westliches Ruhrgebiet und der Naturschutzbund (Nabu) ein. Und das sorgt jedes Jahr für Konflikte, weil die possierlichen Branta canadensis – so sagt der Lateiner – nicht nur hübsch bei der Fütterung anzusehen sind, sondern nachträglich die Ergebnisse der Speisung auf dem kurzen Grün hinterlassen. Kot und Federn – auch in diesem Jahr sind die Wiesen voll davon.

Kanadagänse picken Müllbeutel auf der Liegewiese am Wasserspielplatz in Duisburg-Wedau auf.
Kanadagänse picken Müllbeutel auf der Liegewiese am Wasserspielplatz in Duisburg-Wedau auf. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Wie alle Gänse lieben auch die ursprünglich in Nordamerika beheimateten Kanadagänse den kurzen Rasen und den seichten Einstieg ins Wasser. Besonders fällt das während der Brutzeit von etwa April bis Juli auf, denn die jungen Gänse können noch nicht fliegen und brauchen einen möglichst flachen Einstieg ins Wasser.

Wasserspielplatz Wedau: „Sand und Wiese sind voller Gänsekot“

Zudem lieben Gänse kurz gemähten Rasen. So wie derzeit am Wasserspielplatz, wo an einem Nachmittag im Juli etwa 20 Kanadagänse und nicht weniger Enten in friedlicher Duldung der versammelten Menschen grasen. Die Wasservögel planschen nicht nur im Kanal, sondern genauso in den Becken des Spielplatzes.

Eigentlich ein idyllisches Bild, wenn es nicht kaum einen Quadratmeter gäbe, der nicht die Hinterlassenschaften der Vögel zeigte. „Die sind halt hier“, sagt ein Paar schulterzuckend, während zwei Senioren den Gänsen Brot zuwerfen. Verbotenerweise.

„Es könnte für Kinder so schön sein, wenn nicht alles von den Gänsen verunreinigt würde. Der Sand und die Wiese ist voll mit Gänsekot“, bemerken Rezensionen zum Wedauer Wasserspielplatz auf Google. Doch vor Ort scheint es keinen so richtig zu stören.

Hier fühlen sie sich am Wohlsten: Sportpark Duisburg, Sechs-Seen-Platte, Toeppersee, Uettelsheimer See

Seit gut zehn Jahren versucht die Stadt Duisburg, der beständig wachsenden Zahl der eingewanderten Wildgänse mit verschiedenen Maßnahmen Herr zu werden. Zuständig sind hier die Forstverwaltung mit Unterstützung der Unteren Jagdbehörde sowie der Unteren Naturschutzbehörde.

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Jedes Jahr werden Gänseeier an den Hotspots im Sportpark Duisburg, rund um die Sechs-Seen-Platte, am Toeppersee sowie am Uettelsheimer See abgesammelt oder angestochen, so dass der Nachwuchs begrenzt wird. Zudem werden die Tiere auch geschossen.

Doch es ist anscheinend ein vergeblicher Kampf: „Leider sind die Maßnahmen bisher nicht sehr erfolgreich gewesen. In den letzten zehn Jahren konnte kein relevanter Rückgang der Population und keine Veränderung der Standorte festgestellt werden“, räumt die Stadt ein.

So kehrten nicht nur die Altvögel, sondern auch die jungen in den ersten drei bis vier Lebensjahren an das Brutgewässer zurück, so dass auch immer gut vier Jahrgänge noch nicht verpaarter und geschlechtsreifer Vögel dabei seien.

„Der Fuchs wäre wohl effizienter als die Maßnahmen der Stadt“

Auch die Jagd habe nur sehr begrenzten Einfluss. So werde nur eine überschaubare Anzahl an Wildgänsen getötet, und die Jagd auch erst nach der Brut begonnen. Die Vergrämung der Tiere greift also erst ab Mitte Juli. Und in der nächsten Brutsaison sind sie wieder da.

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Die Verhältnisse für die sich ansiedelnden Tiere seien also derart günstig, dass es „nahezu aussichtslos“ sei, ihre Bestände zu verringern. „Der Fuchs als natürlicher Feind wäre vermutlich effizienter als die Maßnahmen der Stadt“, meint Jürgen Hinke, Vorsitzender des Duisburger Nabu mit einem Augenzwinkern. Und selbst wenn diese griffen, nimmt Hinke die Stadt aber auch in Schutz, dann gäbe es in den Nachbarstädten noch genügend Wildgänse, die nach Duisburg wechseln könnten.

Man müsste wohl den Rasen hoch wachsen lassen, das verbotene Füttern ahnden und den Wassereinstieg erschweren – doch das würde auch die Menschen behindern. Die Schlacht um die Rasenhoheit scheint also verloren. Es wäre Zeit für den Homo sapiens, Einsicht zu zeigen, denn Kanadagänse und Co sind gekommen, um ganzjährig zu bleiben. Einen Trost, vielleicht, spendet der Nabu-Mann Hinke: „Wenn die Jungvögel flügge werden, verteilen sich die Gänse wieder an Stellen, wo weniger Menschen sind.“

>> SEIT 2010 DÜRFEN GÄNSEEIER EINGESAMMELT WERDEN

• Der Gänsekot verursacht starke Verunreinigungen von Vereinsgeländen, Sportanlagen und Spielplätzen. „Gänsekot ist aus hygienischen Gründen weitestgehend unbedenklich“, entwarnt jedoch die Stadt.

• Seit 2010 ist das Absammeln von Gänseeiern aus den Gelegen genehmigt. Die Erlaubnis dazu war an die Verpflichtung geknüpft, die Maßnahme aufwändig begleitend zu dokumentieren. Seitdem hat dazu die Untere Naturschutzbehörde mit der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet eine jährliche Dokumentation erstellt