Hattingen. Zurzeit gibt es in Hattingen und am Kemnader See so viele Kanada-Gänse wie nie zuvor. Sie verschmutzen die See-Wege und den Leinpfad mit Kot.
„So schlimm war’s noch nie.“ Henry Mettner zeigt angewidert auf den Gänsekot, der die Uferwege des Kemnader Sees übersät. Als ehemaliger Biologielehrer ist der 65-Jährige der Tierwelt eng verbunden. „Doch die Populationsdichte der Wasservögel ist in diesem Jahr eindeutig zu hoch. Das ist nicht mehr zu verantworten“, warnt der WAZ-Leser. Die Freizeitgesellschaft Kemnade gibt ihm recht. Eine Lösung indes ist nicht in Sicht.
Kaum ein Abschnitt, in dem die Kanadagänse nicht ihren Kot hinterlassen haben
Henry Mettner ist gut zu Fuß. Regelmäßig schnürt er die Laufschuhe. Die Runden um den Kemnader See zählen seit fast 30 Jahren zu seinem Fitnessprogramm. In diesem Sommer gleicht das Training mehr denn je einem Slalomlauf. Kaum ein Abschnitt, in dem die Kanadagänse – „es müssen Hunderte sein“ – nicht ihre Exkremente hinterlassen haben. „Das entwertet dieses großartige Stück Natur, für Spaziergänger ebenso wie für Läufer, Fahrrad- oder Inline-Fahrer“, sorgt sich Henry Mettner.“
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Es stinkt zum Himmel. Das weiß auch Betriebsleiter Dirk Clemens, die Population der Kanada-, aber auch Nil- und Graugänse habe extreme Ausmaße angenommen. „Das ist nicht nur unser Problem. Die ganze Region ist betroffen.“
Warum? Für den Kemnader See hat Dirk Clemens eine Erklärung parat. „Leider gibt es noch immer viele Besucher, die die zahmen Gänse füttern, meist mit Brot oder Brötchen.“ Das ist zwar verboten und alles andere als artgerecht. Doch der gefiederte Nachwuchs erscheint Kindern, Eltern und Großeltern offenbar zu süß, um nicht „ordentlich“ versorgt zu werden.
Die Gänse werden hier heimisch und setzen neuen Nachwuchs in die Welt
Die Gänse werden heimisch und setzen neuen Nachwuchs in die Welt. Folge: eine Vogel-Dichte, wie sie in Kemnade bislang einzigartig ist – mitsamt der nicht enden wollenden schmierigen Spuren auf Wegen und Wiesen.
Was ist zu tun? Dirk Clemens und Thorsten Niehoff, Leiter der Technischen Betriebskolonne, zucken einigermaßen ratlos mit den Schultern. Regelmäßig ist ein Reinigungsfahrzeug unterwegs – eine Sisyphos-Arbeit ob des stetigen Kot-Nachschubs. Eine Option sei „definitiv keine Lösung“, bekräftigt Betriebsleiter Clemens: das Abschießen der Gänse. Das verbiete der Tierschutz. Das komme „nicht infrage“.
Das Bejagen von Tierarten darf nur aus Hegegründen erfolgen
Auch aus jagdrechtlicher Sicht wäre das „äußerst fragwürdig“, sagt Jürgen Heuser, Leiter der Biologischen Station Östliches Ruhrgebiet. „Das Bejagen von Tierarten darf nur aus Hegegründen erfolgen, um den Bestand zu halten, nicht aber, um ihn zu dezimieren.“
Man werde das Problem nicht in den Griff bekommen“, so Heuser. Bio-Lehrer Mettner hat eine große Sorge: „Der See trägt diese Dichte an Wasservögeln auf Dauer nicht. Es kann zu Kannibalismus, womöglich auch zu Seuchen kommen.“