Duisburg. Serm hat seinen dörflichen Charakter bewahrt. Ein Rückblick auf Stadtteil-Geschichte(n) aus Serm, Rheinheim und Holtum.

Duisburgs südlichster Ortsteil Serm ist immer etwas Besonderes gewesen. Nicht nur, weil Spuren menschlichen Lebens hier rund 9000 Jahre zurückreichen. Sondern auch, weil sich das Dorf sein ländliches Eigenleben bis heute bewahrt hat.

Bis vor wenigen Jahren setzte die Geschichte von Serm im Frühmittelalter ein. Bei den Holtumer Höfen, die auch zu Serm gehören, wurden Reste eines fränkischen Friedhofs entdeckt, also aus dem 5. bis 9. Jahrhundert. Aber umfangreiche archäologische Grabungen ab 2004 auf den Feldern ringsum haben ergeben: Schon um 7000 v. Chr. durchstreiften Menschen die Auenlandschaft östlich des Rheins, machten Jagd und sammelten Früchte. Sie verarbeiteten Naturprodukte wie Häute und Bast.

Serm: erste feste Ansiedlung wohl um 4600 v. Chr.

Seit etwa 4600 v. Chr. muss es eine feste Ansiedlung gegeben haben. Auffallend viele Feuersteine stammen aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden und dem Raum Aachen. Von dort wurden Mahlsteine aus Kohlensandstein herbeigeschafft, um in Handschiebemühlen Getreide zu verarbeiten. Einzelne Funde weisen sogar eine Herkunft aus Italien, Skandinavien und Polen auf.

Vor allem Keramikfunde zeigen, dass es auch seit Christi Geburt für rund 1000 Jahre eine hochwasserfreie Siedlung gegeben haben muss. Sie stand zunächst in regem Austausch mit dem von Römern besetzten Krefeld-Gellep. Vermutlich konnte der Rhein dort gut überquert werden. Funde von internationaler Herkunft aus der Zeit der Franken deuten an, dass sich in Serm ein Handelszentrum befunden hat. Aus der Zeit nach 1000 gibt es dagegen fast nichts.

Höfe mussten Korn in Huckingen mahlen lassen

Seit dem Hochmittelalter ist Serm vom Großgrundbesitz geprägt. Unweit der antiken Siedlung entstand das heutige Dorf. Der Name bedeutet „Langdorf“. Seine Ländereien reichten bis weit nach Ungelsheim.

Historische Fotos aus Duisburg-Serm

Ein für Serm typisches Motiv aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Im Hintergrund die Holtumer Mühle. Bis heute ist Duisburgs südlichster Ort landwirtschaftlich geprägt
Ein für Serm typisches Motiv aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Im Hintergrund die Holtumer Mühle. Bis heute ist Duisburgs südlichster Ort landwirtschaftlich geprägt © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick auf Serm von Mündelheim aus im Jahre 1930. Deutlich zu erkennen sind die drei West-Ost-Verbindungen (von links) Am Lindentor, Dorfstraße und An der Bastei.
Blick auf Serm von Mündelheim aus im Jahre 1930. Deutlich zu erkennen sind die drei West-Ost-Verbindungen (von links) Am Lindentor, Dorfstraße und An der Bastei. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
War einst Serms Oberhof: der Eickhof.
War einst Serms Oberhof: der Eickhof. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Bauernhaus vor dem Zweiten Weltkrieg.
Bauernhaus vor dem Zweiten Weltkrieg. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Frömmigkeit anno 1723: Dionysiuskapelle.
Frömmigkeit anno 1723: Dionysiuskapelle. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Volksschulklasse im Jahr 1900.
Volksschulklasse im Jahr 1900. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
März 1941: zerstörtes Haus Dorfstraße 10.
März 1941: zerstörtes Haus Dorfstraße 10. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Schützenfest anno 1931. Im Zug marschiert vorne der
Schützenfest anno 1931. Im Zug marschiert vorne der "General", der Schneidermeister Andreas Wirtz. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Die Dorfstraße im Jahr 1929.
Die Dorfstraße im Jahr 1929. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Die Holtumer Windmühle vor 1945.
Die Holtumer Windmühle vor 1945. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Die Dorfstraße in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die Dorfstraße in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Brand auf dem Holtumer Hof im Januar 1933. 
Brand auf dem Holtumer Hof im Januar 1933.  © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
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1072 wird der Name erstmals urkundlich erwähnt, als dem Kloster in Kaiserswerth dortige Besitzungen geschenkt wurden. 1620 hatte jeder Haushalt jährlich 66 Hühner an die Verwaltung des Herzogs von Bergern in Angermund zu liefern. 1634 werden fünf Höfe genannt: der Eickhof, Hof Budlenberg (seit 1734 mit der Familie Blomenkamp verbunden), Baurs Hof, Hilgendunks Hof und Winkelhausens Hof (später Bastenhof). Sie alle mussten ihr Korn in der Sandmühle in Huckingen mahlen lassen.

Serm hatte schon vor 1788 eine Dorfschule

Weil er im Besitz des Herzogs von Berg war, war der Eickhof (Dorfstraße 97) der Oberhof. 1596 wurde er an das Lambertusstift in Düsseldorf verpfändet, damit der Herzog 500 Pferde für den Krieg gegen die Türken stellen konnte. Seine Pächter waren gleichzeitig Vorsteher, sprachen das niedere Recht. Strafen waren in Kannen Bier zu leisten, das gemeinsam getrunken wurde. Ein Protokoll ist von 1688 bis 1800 überliefert. Seit 1806 saß der Amtmann in Angermund zu Gericht.

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Schon vor 1788 hatte Serm eine Dorfschule. Ein neues Gebäude ist 1817 errichtet worden, als Serm schon zu Preußen gehörte. 1877 besuchten 35 Mädchen und 35 Jungen diese Schule, 1926 wurde ein neues, zweiklassiges Schulgebäude Am Lindentor/Ecke Am Rübenkamp fertig.

Sermer Geschichte: Schweres Unwetter 1812

• 1812 hat ein schweres Hagelwetter 38 Gebäude zerstört. 1843 zählte Serm 67 Wohnhäuser mit 441 Einwohnern. Seit 1912 gab es eine Sparkasse. Mit der Zunahme der Bevölkerung in Duisburg wurde es lohnend, dort Gemüse zu verkaufen. Aus dieser Zeit stammt der Name „Kappes-Serm“. Der Kappesmarkt erinnert bis heute daran.

• 1917 löste sich Serm kirchlich von Mündelheim. Der Saal einer Gaststätte wurde zur Notkirche. 1921 wurde Serm selbstständige Pfarrei. 1927 wurde die Herz-Jesu-Kirche geweiht.

• Im gleichen Jahr gründete sich die St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft, bis heute eine der Stützen des Dorflebens. Wer Anschluss haben will, ist entweder dort Mitglied oder bei der Karnevalsgesellschaft Südstern von 1948, am besten in beiden Vereinen. Die KG stellt jedes Jahr den zweitgrößten Karnevalszug in Duisburg auf die Beine.

• Seit 1929 gehört das Dorf zu Duisburg. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg überschritt seine Einwohnerzahl die 1000. Heute zählt der Ort 2300 Menschen. Nur noch wenige Alteingesessene pflegen den Sermer Dialekt.

Rheinheim und Holtum: Rheinheim war im Spätmittelalter genauso bedeutsam wie Serm

Rheinheim ist heute nur noch eine kleine Häusergruppe, die durch den Bau des neuen Rheindeichs weiter dezimiert wird. Aber ursprünglich war der Ort genauso bedeutsam wie Serm, wird ebenfalls 1072 erstmals erwähnt.

Zu Anfang des 13. Jahrhunderts war das Kloster Gerresheim bei Düsseldorf Besitzer der beiden größten Höfe, zu denen insgesamt 30 Unterhöfe gehörten, die teilweise linksrheinisch lagen. 1620 wird Rheinheim als Honnschaft mit acht Bauernhöfen bezeichnet, das ist ein Verwaltungsbezirk.

Die Holtumer Windmühle vor 1945.
Die Holtumer Windmühle vor 1945. © FUNKE Foto Services; Quelle; Stadtarchiv Duisburg | Repro: STEFAN AREND

Der eine von zwei bestehenden Oberhöfen ging schon im 17. Jahrhundert in Privatbesitz über, der zweite wurde von einem Ritter von Rheinheim verwaltet und dessen Sitz als „Schloss“ bezeichnet. Vermutlich ist es in den Rheinfluten untergegangen. 1803 kam auch dieser Hof in Privatbesitz und 1925 an die Stadt Duisburg.

1843 gab es in Rheinheim fünf Wohnhäuser und sechs landwirtschaftliche Gebäude, der Schwund wird ebenfalls mit den Unbilden des Rheins zu tun haben. Davon blieb nur der Rheinheimer Hof übrig.

Windmühle als Markenzeichen

Die Ortsbezeichnung Holtum besteht seit dem 11. Jahrhundert. Im 14. Jahrhundert gab es dort den Steenhof (1355 erwähnt) und das Walburg-Gut (1357), beide im Besitz des Duisburgers Heinrich Pauli. Das Walburg-Gut befand sich 1426 dann im Besitz des Johanniterordens. Pachtverzeichnisse liegen bis 1801 vor.

Um 1850 ging der Hof auf die Familie Schmitz über, die 1919 eine Pferdezucht begann, die noch 1972 bestand. Seit 1945 wurden dort Trakehner gezüchtet. Ferdinand Schmitz wurde 1945 von plündernden Fremdarbeitern erschossen.

Die Holtumer Windmühle stammte von 1826 und hatte in einer von Pferden angetriebenen Mühle ihre Vorläuferin. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und 1960 abgerissen. Bis zur Eingemeindung nach Duisburg 1929 gehörte Holtum zu Wittlaer, erst seitdem zu Serm.

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