Duisburg. Anna Melcher, Chefdramaturgin der Deutschen Oper am Rhein, verspricht zum Saisonstart spannende Musik, große Stoffe – und ein Marionettenstück.

Der Corona-Lockdown hat auch die Deutschen Oper am Rhein vor die größte Aufgabe ihrer Nachkriegsgeschichte gestellt. Nach dem vorzeitigen Aus der Saison 2019/20, mussten die längst abgeschlossenen Planungen für die neue Spielzeit unter Corona-Bedingungen über Bord geworfen werden. Eine Riesenaufgabe auch für Anna Melcher am Ende ihrer ersten Spielzeit als Chefdramaturgin.

Nachdem Christoph Meyer, Generalmusikdirektor Axel Kober und der neue Ballettchef Demis Volpi einen alternativen Spielplan bis Jahresende beschlossen hatten, wurde mit dem scheidenden Operndirektor Stephen Harrison und der Dramaturgie 70 Stücke für die Oper in Betracht gezogen. „Jeder hat einen ganzen Stapel Partituren vorgestellt, die wir in der Runde diskutiert haben“, sagt Anna Melcher.

Eine Herausforderung für die Regie-Teams

Bei der Spielplangestaltung war wichtig, dass die Opern nicht länger als 80 Minuten dauern, damit eine pausenlose Aufführung möglich ist. Entscheidend war auch, dass die Figuren die Geschichte nicht bloß erzählen, sondern selbst auf der Bühne erleben. „Bei ,Romeo und Julia´von Boris Blacher und ,Tristan und Isolde´ hilft die Handlung. Hier schafft die Gesellschaft den unüberwindlichen Abstand. Für die Regieteams bleibt die Herausforderung, Nähe und Intimität mit räumlichen Abstand zu erzählen.“ Ein solches Stück sei „Masel Tov - Wir gratulieren!“ von Mieczyslav Weinberg, das ab 11. Dezember in Duisburg gezeigt wird: „Diese Oper ist eine Art ,Downton Abbey’, eine Dienstbotengeschichte in einem Herrenhaus im Jahr 1899 in Odessa.“

Duisburg, Deutsche Oper am Rhein, Chefdramaturgin Anna Melcher, Foto: Daniel SenzekFolgende Dateien oder Links können jetzt als Anlage mit Ihrer Nachricht gesendet werden:Sommerserie2020_AnnaMelcher_FOTO_DanielSenzek.jpg
Duisburg, Deutsche Oper am Rhein, Chefdramaturgin Anna Melcher, Foto: Daniel SenzekFolgende Dateien oder Links können jetzt als Anlage mit Ihrer Nachricht gesendet werden:Sommerserie2020_AnnaMelcher_FOTO_DanielSenzek.jpg © Unbekannt | Unbekannt


Eine weitere Überlegung bei der Spielplangestaltung war, in welchen anderen historischen Situationen es schwierig war, Theater zu spielen, und welche Werke in diesen „theaterunmöglichen Zeiten“ komponiert wurden. Blachers Kammeroper „Romeo und Julia“, die am 6. November in Duisburg Premiere hat, ist 1943 entstanden, wurde aber erst 1950 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt.

Maximal 20 Musiker im Orchestergraben

Und bei der Auswahl der Werke ging es nicht bloß um die Größe des Orchesters und des benötigten Ensembles, sondern auch um den richtigen Rahmen: „Nach den aktuellen Bestimmungen dürfen nur etwa 20 Musiker im Orchestergraben sitzen, gleichzeitig müssen Musik und Geschichte aber groß genug für die Bühnen in Duisburg und Düsseldorf sein“, erläutert Anna Melcher. So benötige zum Beispiel Manuel de Fallas „Meister Pedros Puppenspiel“, das ab dem 4. Dezember in Duisburg zu sehen ist, einen großen Theatersaal, um zu klingen.

Bei dieser Produktion arbeitet die Rheinoper zum ersten Mal mit dem Düsseldorfer Marionettentheater zusammen. „Live-Video und Marionettentheater erzählen gemeinsam mit den Sängerinnen und Sängern eine Don-Quichotte-Geschichte. Das Marionettentheater ist hochprofessionell, poetisch und musikalisch sehr versiert.“

Zum Auftakt heißt es „Comedian Harmonists in Concert“

Für Anna Melcher, die seit Sommer 2019 Chefdramaturgin der Deutschen Oper am Rhein ist, bedeutet die Arbeit in Duisburg und Düsseldorf auch eine Heimkehr. Sie ist in Krefeld geboren und aufgewachsen. An der Rheinoper empfand sie in den 90er Jahren Heinz Spoerlis Ballett zu Bachs „Goldberg-Variationen“ als prägendes Theatererlebnis. Dass sie jetzt in direkter Nachbarschaft zu ihrer Heimatstadt lebt und arbeitet, sieht sie als besonderes Geschenk.

Für die Saisoneröffnung hat sich die Rheinoper zwei besondere Projekte ausgedacht: „Wir beginnen in beiden Städten bewusst mit einem unterhaltsamen Stück, nämlich ,Comedian Harmonists in Concert´“. In Düsseldorf hat kurz danach Viktor Ullmanns „Der Kaiser von Atlantis“ aus dem Jahr 1943/44 Premiere, gefolgt von der musikalisch-szenischen Collage „Vissi d’Arte“. Sie trägt den Untertitel „Eine Liebeserklärung an die Opernbühne“.


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„Regisseur Johannes Erath, der bei uns eine große Oper inszenieren sollte, hatte schnell die Idee, einen Abend zu gestalten, in dem Sänger und Musiker die Bühne zurückerobern. Wir wollen dem Publikum die Qualität des Ensembles zeigen und mit einem großen Theaterzauber verwöhnen.“ In Duisburg ist diese Produktion ab dem 26. November zu sehen. Eine Saison der Neuentdeckungen, so Anna Melcher, „darunter spannende Komponisten, aufregende Musiksprachen und große, durchaus auch unterhaltsame Stoffe.“