Als Schweizer Weltbürger hat Heinz Spoerli früh beschlossen, dass es für seine Kunst keine Grenzen gibt. Keine Sprachgrenzen, denn der Tanz ist global zu verstehen. Und auch keine Altersgrenzen. So steht Spoerli mit 72 Jahren derzeit auf der Bühne des Aalto-Theaters und setzt den Liebeswahnsinn neu in Bewegung. Mit dem „Sommernachtstraum“ frei nach Shakespeare treibt er das Gefühlschaos auf die Spitze. Die Austauschbarkeit der Liebe ist für ihn das Moderne, und mit dem Bewegungs-Vokabular des klassischen Balletts buchstabiert Spoerli all diese Verwirrungen, Sehnsüchte und emotionalen Irrläufe ab dem 3. November mit dem Aalto Ballett Theater neu durch.

Dass er für die Neueinstudierung seiner Choreographie diesmal vier Wochen Zeit hat, ist neu für den renommierten Choreographen und gefeierten Ballettchef des Zürcher Ballett, der nach seinem Abschied von der Compagnie nach 16 Jahren jetzt eigentlich die Freiheit des Freischaffenden genießt – und doch gleich wieder jede Menge Verpflichtungen eingegangen ist.

Doch wer dem Deutschen Tanzpreisträger von 2009 begegnet, spürt sofort, dass hier niemand auf das große Finale seiner Karriere zustrebt. Spoerli, der als „Pionier des Schweizer Balletts“ gefeiert wurde und als Weltreisender in Sachen Tanz mit seiner Zürcher Compagnie allein 101 Auslandsgastspiele in 16 Jahren gegeben hat, genießt es vielmehr, neue Themen zu suchen, Stücke zu lesen.

An Ideen hat es ihm dabei nie gefehlt. Über 200 Choreographien sind in den vergangenen Jahrzehnten entstanden. Dass Spoerli sich selbst einen „Tanzmacher“ nennt, kommt dabei wohl nicht von ungefähr, so kreativ, so produktiv arbeitet dieser „musikbesessene“ Bühnenmensch an immer neuen Werken. Seine Sommernachts-Choreographie nach der berühmten Ballettmusik von Mendelssohn -Bartholdy überrascht mit Stücken von Steve Reich und Phillip Glass, der der Traumsequenz der Vorlage eine neue Zeitbezogenheit und Sphäre gibt. „Das Stück hat darauf gewartet“, so Spoerli.

Das Bühnenbild bringt er noch aus Düsseldorf mit; Anfang der 90er war Spoerli Ballettchef an der Rheinoper Duisburg/Düsseldorf. Goldene Zeiten fürs Ballett, als Compagnien noch 70 Tänzer zählten. Viele Ensembles sind heute nicht mal mehr halb so groß.

Kein Wunder, dass den Schweizer mit Blick auf die hiesige Kulturpolitik bisweilen die Sorge umtreibt, dass in der von Sparzwängen geplagten Region mit ihrer großen Tanz-Geschichte von Kurt Jooss bis Pina Bausch fürs Ballett irgendwann eine „kleine Lösung“ gefunden werden könnte. „Tanz braucht kein Geld, Tanz braucht Platz! Man muss nur innovativ sein“, lautet dabei seine Losung.