Duisburg. Auch wenn es viele Einzelschicksale gebe, so sieht Marcus Zimmermann, Leiter der Duisburger Agentur für Arbeit, positive Signale für Jobsuchende.

Die Zwölf ist wieder vor dem Komma. Nach Monaten eines stetig positiven Trends auf dem Duisburger Arbeitsmarkt, hat Corona mit voller Wucht diesen getroffen. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 12,4 Prozent. „Die Zahlen sind deutlich gestiegen“, keine Frage. Aber „wir sind weit davon entfernt, von einer Katastrophe zu sprechen“, ordnet Marcus Zimmermann, der neue Leiter der Agentur für Arbeit in Duisburg, die hiesige Lage ein. Der 49-Jährige hat die Führung der Behörde an der Wintgenstraße mit 172 Mitarbeitern Anfang Juli als Nachfolger von Astrid Neese übernommen.

„Große Herausforderung und Reiz zugleich“

Für Marcus Zimmermann ist es kein leichter Start in diesen Corona-Zeiten. „Es ist eine große Herausforderung in der jetzigen Situation, aber auch zugleich ein Reiz, diesen Arbeitsmarkt aktiv zu begleiten“, sagt der gebürtige Essener, der zuletzt bei der Agentur für Arbeit in Bochum tätig war. Duisburg kennt er aber bereits aus seiner Zeit als Rechtsanwalt. „Ich hatte eine Kanzlei in Mülheim und war deshalb oft am Landgericht in Duisburg“, erzählt er. Trotz aller negativer Zahlen, die derzeit die Statistik aufweisen, und vielen „Einzelschicksalen, „die für sich alleine dramatisch sind und ich gar nicht klein reden will“, so Zimmermann, gebe es aber Hoffnung. Beispielsweise sei auf dem Ausbildungsmarkt derzeit durchaus Bewegung: 96 junge Menschen hätten sich in den vergangenen Tagen in eine Ausbildung abgemeldet.

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„Das sind vorsichtig positive Signale, dass der Markt nicht gänzlich zum Erliegen kommt“, sagt Marcus Zimmermann. Den Unternehmen sei bewusst, dass sich am Fachkräftemangel durch Corona nichts verändert hat. „Deshalb auch der dringende Appell an die jungen Menschen, die noch keinen Ausbildungsplatz haben, sich bei uns zu melden. Es gibt noch interessante und spannende Möglichkeiten für den Start ins Berufsleben. Wir können viele Dinge bewegen“, ist Marcus Zimmermann überzeugt. Aber: „Nicht alleine als Agentur für Arbeit. Wie brauchen unsere Partner. Wir haben in Duisburg ein enges Netzwerk, hier ist eine große Bereitschaft von den Netzwerkpartnern, etwas zu bewegen.“

Die Häuser sind noch immer nur eingeschränkt für persönliche Beratungen geöffnet

Für die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit seien die letzten Wochen eine herausfordernde Zeit gewesen, die sie aber auch kreativ genutzt hätten. In den ersten Wochen musste alles auf die Leistungsgewährung ausgerichtet werden und die Erreichbarkeit sichergestellt werden. Die Häuser wurden geschlossen und sind noch immer nur eingeschränkt nach Terminabsprache für persönliche Beratungen geöffnet. Und das werde noch so bleiben.

Dennoch sei es eine „sehr positive Erfahrung“ gewesen, zu sehen, wie schnell sich auch die Mitarbeiter im Homeoffice eingefunden haben. „Das hat mich tief beeindruckt und stimmt mich positiv auf die Dinge, die kommen“, sagt Zimmermann und weiter: „Wir haben gezeigt, dass die Agentur für Arbeit krisensicher ist. Die Häuser waren zwar zu, aber wir waren nie weg.“

Natürlich sei der direkte Kontakt wichtig, aber die persönlichen Beratungen über Telefon und die Nutzung der online Kanäle hätten gut funktioniert. „Wir haben auch gemerkt, dass es sicher Dinge gibt, die unnötig sind, wo auch der Kunde denkt, warum machen die das jetzt. Jetzt fällt vieles weg, dennoch kommen wir zum gleichen Ergebnis.“

Neue App ermöglicht eine digitale Identifizierung

Als eine Folge der Pandemie testet die Agentur derzeit ein neues Verfahren zur Identifizierung der sich arbeitslos meldenden Kunden. Dies war bislang nur persönlich möglich und wegen der Pandemie vorerst ausgesetzt worden. Jetzt wurde eine App entwickelt, mit der man ein Selfie und Ausweiskopie digital übermitteln kann. Neue Wege sucht die Agentur für Arbeit derzeit auch, um in Kontakt mit jungen Menschen zu kommen.

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Denn auf dem Ausbildungsmarkt hat es zwar eine Rückgang an Stellen gegeben, „aber unser größeres Problem ist es, an die Bewerber ran zu kommen“, sagt Marcus Zimmermann. Die Kontaktmöglichkeiten durch die Schulen fallen derzeit weg. Die telefonische Kontaktaufnahme ist mitunter schwierig. Ziel sei es zwar nach den Sommerferien wieder in den Schulen präsent zu sein, „aber das hängt natürlich vom Infektionsgeschehen ab“, sagt der 49-Jährige. Kreative Lösungen sind auch hier gefragt. Eine Idee könnte sein, dass die Berufsberater mit den Schülern spazieren gehen und draußen auf Abstand informieren.

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Wieder Anlaufen sollen auch die Qualifizierungs- und Weiterbildungslehrgänge, die coronabedingt ausgesetzt werden mussten, aber gerade im Hinblick auf die Digitalisierung ein Schwerpunkt in diesem Jahr sein sollten. Allerdings stehen diese Pläne alle unter dem Vorbehalt der Pandemie-Entwicklung. Deshalb lasse sich auch nicht „seriös“ sagen, wo Duisburg am Ende des Jahres bei der Arbeitslosenquote steht.

In der Gastronomie und Veranstaltungsbranche herrscht blanke Existenzangst

Noch immer mit einer 12 vor dem Komma? „Am Anfang des Jahres gab es diesen positiven Trend, das spricht ja dafür, dass die Substanz auf dem Arbeitsmarkt in Duisburg da ist“, versucht Marcus Zimmermann optimistisch zu bleiben. Sagt aber auch, dass er aus vielen Gesprächen vor allem auch mit Betroffenen zum Beispiel aus der Veranstaltungsbranche und der Gastronomie weiß, „dass da blanke Existenzangst herrscht. Das sollte man nicht verschweigen.“ Und das will Marcus Zimmermann auch gar nicht tun. „Ehrlich, direkt, an der einen Stelle vielleicht etwas rauer, aber am Ende immer sympathisch und immer gerade aus“ – so seien die Duisburger.

Und als „Kind des Ruhrgebiets“ sei auch er für „klare Worte“.