Duisburg. Roboter-Delfine statt eingesperrte Meeressäuger im Zoo Duisburg, fordert die Tierrechtsorganisation Peta. Warum Walt Disney eine Rolle spielt.
Mancherorts sind Roboter für den Menschen im Einsatz: Sie ersetzen Bibliothekare, übernehmen Aufgaben in der Pflege oder unterstützen Ärzte im OP-Saal. Noch einen Schritt weiter geht die Tierrechtsorganisation Peta: Sie fordert den Einsatz von Roboter-Delfinen im Zoo Duisburg.
Roboter statt eingesperrte Tiere – mit dieser Forderung möchte die Tierrechtsorganisation auf das Leid der Meeressäuger in Gefangenschaft aufmerksam machen und ein Umdenken in der Tierparkindustrie vorantreiben. Die Tierrechtler haben sich in einem Brief an die Zoodirektorin Astrid Stewin gewandt. Die verblüffend echten Tiere könnten am Kaiserberg zu neuen Publikumsmagneten werden, sogar besondere Erlebnisse im Wasser für Kinder ermöglichen, so der Vorschlag.
Roboter-Delfine: Vom Filmset in den Tierpark?
Die Idee zu den Roboter-Delfinen hatten die US-Amerikaner Roger Holzberg, der schon Kreativdirektor bei Walt Disney war, und Filmtechniker Walt Conti. Die von ihnen gegründete Firma Edge Innovations ist spezialisiert auf die Entwicklung und Produktion komplexer, technologiebasierter Systeme. Täuschendechte Lebewesen, die etwa für die Filmproduktion genutzt werden. So haben sie schon für realitätsnahe Bildschirmerfahrungen bei Filmen wie Free Willy oder Flipper gesorgt und auch schon für James Cameron Avatare zum Leben erweckt.
In der Unterhaltungs- und Tierparkindustrie wollen sie zu einem Umdenken beitragen: Durch den Einsatz von hyperrealen Tieren könnten Besucher realitätsnahe Erfahrungen im Umgang sammeln, ohne die kommerzielle Ausbeutung eines in Gefangenschaft lebenden Delfins. „Der Roboter-Delfin ist fertig entwickelt und wurde schon im Einsatz mit Kindern, jungen und alten Menschen erfolgreich getestet“, teilt Peta auf Nachfrage mit. Wer Aufnahmen sieht, wird nur schwer einen Unterschied zu den lebenden Verwandten feststellen können.
Delfine werden mit Batterien betrieben – erste Bestellungen aus China
Die erschaffenen Wesen verfügen über eine realistische Skelett- und Muskulaturstruktur. Auch Haut und Zähne sollen echt wirken. Die Tiere werden mit Batterien betrieben, die 10 Stunden halten sollen. „Der Roboter-Delfin wiegt knapp 300 Kilogramm und kann in einer Salzwasserumgebung etwa 10 Jahre überleben“, so Peta. Seine Bewegungen und sein Aussehen sollen die eines jungen Großen Tümmlers simulieren.
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Mehrere Aquarien in China sollen schon Bestellungen für die Roboter-Delfine aufgegeben haben. Hintergrund, so informiert Peta, ist der verbotene Import von Wildtieren in die Volksrepublik. In den kommenden drei Jahren sollen laut englischen Medienberichten 150 Roboter-Delfine in Aquarien und Tierparks in China im Einsatz sein. Doch der technische Ersatz zum Wohle des Tieres hat einen stolzen Preis: Ein Exemplar soll zwischen 40 und 60 Millionen Dollar kosten.
Zoo Duisburg erteilt Roboter-Tieren klare Absage
Für den Zoo Duisburg ist der Einsatz von Roboter-Delfinen ein undenkbares Szenario, schließlich soll mit der Arbeit der zoologischen Gärten die Artenvielfalt bewahrt werden. Die wissenschaftliche Arbeit mit den Tieren führe auch zu wichtigen Erkenntnissen. Diese erweitern das grundlegende Wissen über Wale und Delfine – „das kann kein Roboter ersetzen“, begründet der Zoo Duisburg.
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Die Delfinhaltung am Kaiserberg hat eine lange Tradition. Der Zoo Duisburg war einer der ersten zoologischen Gärten in Europa, der sich im Jahr 1965 an die seinerzeit neuartige Haltung wagte. Die ersten Delfine am Kaiserberg wurden schnell zu Publikumsmagneten. Im Jahr 1978 gelang am Kaiserberg erstmalig die Nachzucht eines Großen Tümmlers, der zeitgleich auch der erste Zuchterfolg in Deutschland sein sollte.
Hohe Sterblichkeitsrate ist Anknüpfungspunkt für Kritik
Gleichwohl stellt die Jungtieraufzucht von Delfinen auch heute noch eine Herausforderung dar und ist für Tierschützer immer wieder Anknüpfungspunkt für Kritik: Laut Peta sollen in Duisburg 60 Delfine gestorben sein. „In den vergangenen 20 Jahren sind laut Statistik des Umweltministeriums dort mehr als 15 Delfine gestorben, darunter 10 Babys“, teilt die Tierrechtsorganisation mit.
Der Zoo Duisburg verweist auf eine „ähnliche Situation im Freiland, wo eine recht hohe Jungtiersterblichkeit beobachtet wird.“ Delfine haben bei ihrer Geburt kein ausgebildetes Immunsystem, dieses muss sich in den ersten Lebenswochen erst entwickeln, erklärt der Zoo. Die hohen Verlustraten seien aber auch auf die Anfangsjahre der Delfinhaltung zurückzuführen, als noch weniger Wissen über die Tiere vorherrschte. „Heutzutage stellen Todesfälle jedoch eine Ausnahme dar.“ Dies zeigt einmal mehr, so der Zoo, dass „die wissenschaftliche Arbeit mit den Tieren zu wichtigen Erkenntnissen führt“ und so die Grundlage für Artenschützer weltweit ist.
>>> Klares Bekenntnis zur Delfinhaltung, aber...
• Im Masterplan des Zoo Duisburgs, der die zukünftige strategische Entwicklung der nächsten 25 Jahre vorgegeben wird und Investitionen über 76 Millionen Euro vorsieht, findet auch das Delfinarium seine Berücksichtigung. So sollen etwa die Filtertechnik saniert und das Schiebedach repariert werden. So heißt es in dem öffentlichen Papier aber wörtlich: „Bei den Planungen ist zu berücksichtigen, dass es eine fortlaufende Diskussion über die Delfinhaltung gibt und die Entwicklung entsprechend berücksichtigt werden muss.“
• Nachdem lokale Medien, darunter auch die WAZ und NRZ, über die ungewisse Planbarkeit hinsichtlich der Haltung am Kaiserberg berichteten, hatte sich der Zoo Duisburg über soziale Medien klar zur Delfinhaltung positioniert. Dabei wird die genaue Planung, wie der Hinweis im Masterplan verdeutlicht, aber auch von politischen und wissenschaftlichen Entwicklungen beeinflusst.