Duisburg. Der Duisburger Sommerkino-Ersatz „Kunstrasen“ ist gestartet. Zur Premiere gab es die außergewöhnlichen Geschichte eines radelnden Weltreisenden.
Strahlender Sonnenschein, Temperaturen um die 30 Grad – eigentlich gute Voraussetzungen für eine schöne Radtour, vielleicht um die Sechs-Seen-Platte oder in die Rheinauen bei Duisburg-Walsum. Der gebürtige Hesse Dennis Kailing kann über solche Routen nur müde lächeln. In zwei Jahren ist er mit dem Fahrrad einmal um die Welt geradelt, 43.000 Kilometer durch 41 Länder. Am Donnerstag stellte Kailing den dazugehörigen Film „Besser Welt als nie“ in der Gießhalle im Landschaftspark vor – und eröffnete damit gleichzeitig den ersten Duisburger „Kunstrasen“, den coronabedingten Ersatz des Stadtwerke-Sommerkinos.
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Eigentlich sollte der namengebende Kunstrasen im Landschaftspark für die vorgeschriebenen Abstände der Besucher sorgen, zwei Menschen hätten auf einem der grünen zweimal zwei Meter-Quadrate Platz gefunden. Dann kamen die Corona-Lockerungen, der Kunstrasen zog in die Gießhalle – und jetzt liegt das künstliche Grün auf der Bühne der alten Industriehalle.
160 Besucher bei der Duisburger Kunstrasen-Premiere
Die meisten der 160 Besucher, die ihre personalisierten Karten sehr kurzfristig bestellt hatten, sitzen am Donnerstag schon früh in den Plastiksitzen des alten Sommerkino-Spielorts, natürlich mit gebührendem Sicherheitsabstand. Draußen vor der Halle ist nicht viel los. Wo es an einem normalen Sommerkino-Abend sonst Wein, Bier und Gesang gibt, stehen jetzt zwei traurige Fressbuden und ein Bierstand – Coronabedingungen eben.
Drinnen, beim Interview von Filmforum-Chef Michael Beckmann mit Dennis Kailing, ist die Stimmung trotzdem sommerlich-entspannt. Wie er denn überhaupt auf die Idee zur Radreise gekommen sei, will Beckmann von Kailing wissen. „Im Alltagstrott habe ich, wie immer, gelangweilt auf Facebook rumgeklickt“, antwortet der Hesse, „und bin auf die Geschichte eines anderen Radreisenden gestoßen.“ Aus der Faszination wird eine fixe Idee. Fünf Monate später sitzt Dennis Kailing beim Tropenarzt und bekommt die ersten Impfungen.
„Besser Welt als nie“ ist filmgewordenes Fernweh
Bloß, das Fahrrad fehlt Kailing noch. Der Drahtesel, den sich der Weltreisende in spe dann besorgt, wird über und über mit Taschen behängt, „denn bei einer Radreise ist der Inhalt der Satteltaschen dein einziger Besitz, nur was reinpasst, kommt auch mit“, erklärt Dennis Kailing seine vielleicht wichtigste Regel. Deswegen hat er aus den 41 Länder auch keine Souvenirs mitgebracht – zumindest nicht im klassischen Sinne. Stolz zeigt er dem Publikum in der Gießhalle das Fahrrad vor und seine internationalen Ersatzteile: „Bremshebel aus Kolumbien, Bauteile aus Mexiko“, grinst der Mann aus Gelnhausen.
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Dann erlischt das Licht, in der ungewohnt leeren Gießhalle beginnt der Film – und der hat es in sich. „Besser Welt als nie“, mit Kailing in einer Dreifachrolle als Hauptdarsteller, Regisseur und Kameramann, ist filmgewordenes Fernweh. Egal, ob skurrile Begegnungen mit Einheimischen, unwirkliche, aber schöne Landschaften oder Krankheit, Zweifel und Trostlosigkeit: Mit allen seinen Facetten scheint der Film ganz dicht an seinem jeweiligen Schauplatz und Protagonisten, Dennis Kailing ist mit seinem Fahrrad näher dran, als die allermeisten „klassischen“ Dokumentationen.
Illegale Flirts im Iran
Die Abenteuer, die Dennis Kailing erlebt, klingen beinahe wie ausgedacht, so skurril muten sie manchmal an. In Armenien gastiert er bei einer dreiköpfigen Familie, die in einer Wellblechhütte am Straßenrand haust und führt Gespräche über den Boxer Arthur Abraham, im Iran lernt er Tricks von der lokalen Jugend. Flirts zwischen unverheirateten Menschen sind dort nämlich verboten, also kreieren die jungen Menschen dort künstliche Staus und machen sich von Autofenster zu Autofenster schöne Augen.
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So viel mehr hat Kailing noch erlebt, in Myanmar, Timor-Leste, im australischen Outback, den USA oder in Südamerika, das man Seiten damit füllen könnte – was der Hesse auch getan hat, neben dem Film gibt es nämlich auch noch das Buch „Besser Welt als nie“. Doch egal, ob auf Papier oder auf der Leinwand, Dennis Kailings Abenteuer sei jedem empfohlen, der die Welt aus einer ganz neuen, unverbrauchten Perspektive erleben möchte – und sich dabei nicht unbedingt selbst in den Sattel schwingen will.
„Kunstrasen“ macht mit Kino, Kabarett und Musik weiter
Seine exakte Route, inklusive aller Übernachtungsstopps, hat Dennis Kailing auf einer Google-Karte zusammengefasst. Mit seinem Film „Besser Welt als nie“ ist der Weltreisende weiterhin auf Kino-Tournee in Deutschland.
Das Kunstrasen-Kinoprogramm geht mit Filmen wie „Peanut Butter Falcon“, „Bohemian Rapsody“ oder „The Big Lebowski“ weiter. Im Konzert- und Kabarettprogramm treten die Duisburger Philharmoniker, Jupp Götz mit „Small is beautiful“ oder Kai Magnus Sting auf.
Alle Infos und die Ticketreservierung gibt es auf kunstrasen-im-park.de.