Duisburg. Bis Herbst sollen die Abfertigungshallen des alten Duisburger Güterbahnhofs abgerissen sein. Kosten: 7 Mio. Euro. Gebag rechnet mit Blindgängern.

Dieses unübersehbare Wahrzeichen zieht seit der Stilllegung des Güterbahnhofs vor 24 Jahren die Blicke aller auf sich, die von Süden her über die Autobahn nach Duisburg kommen: Die Gerippe der einstigen Abfertigungshallen erinnern nicht nur an die Loveparade-Katastrophe im Jahr 2010, sondern eben auch daran, dass seit 1997 alle Pläne zur neuen Nutzung des Geländes zwischen A59 und Bahnstrecke gescheitert waren. Und Pläne gab es einige. Aber seit dieser Woche lässt die städtische Wohnungsbau- und Flächenentwicklungsgesellschaft Gebag die Hallenruinen für etwa sieben Millionen Euro abreißen. Auch dieser mühsame Rückbau soll Symbol- und Strahlkraft haben.

„Mit diesem Abbruch wird der Aufbruch eingeleitet“, sagte Oberbürgermeister Sören Link am Dienstag bei einer Pressekonferenz auf dem Gelände. Link, Gebag-Chef Bernd Wortmeyer und Stadtplanungsdezernent Martin Linne verkündeten den langersehnten Abrissbeginn und Neuigkeiten zum Planungswettbewerb ab Ende Juli sowie zur Bürgerbeteiligung.

„Am alten Güterbahnhof“: Abriss in Duisburg kostet Gebag sieben Millionen Euro

Die SBD Servicebetriebe Duisburg haben mit dem mühsamen Abriss der ehemaligen Abfertigungshallen des Güterbahnhofs begonnen.
Die SBD Servicebetriebe Duisburg haben mit dem mühsamen Abriss der ehemaligen Abfertigungshallen des Güterbahnhofs begonnen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

In drei Monaten sollen die Hallen verschwunden sein, in denen zuletzt Pakete auf den Postweg geschickt wurden. Den Zuschlag für den Abriss hat die SBD Servicebetriebe Duisburg GmbH erhalten, die den städtischen Wirtschaftsbetrieben (51 Prozent) und Entsorger Remondis (49 Prozent) gehört.

Gebag-Chef Wortmeyer hätte sich aus PR-Gründen „lieber eine Sprengung gewünscht“, aber die Arbeiter müssen auf Hebebühnen ran und die mit Asbest belasteten Gebäudeteile Stück für Stück abmontieren, danach noch die Betonfundamente zerstören. Auch auf Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg und weitere Altlasten macht sich die Gebag gefasst.

Bernd Wortmeyer hatte es im Oktober geschafft, Möbel-Milliardär Kurt Krieger das 30 Hektar große Areal am alten Güterbahnhof abzukaufen. Seither müssen die Stadt und ihre Tochter nicht mehr mit privaten Investoren planen und können sich Zeit nehmen für die Bürgerbeteiligung und „eine qualitätvolle Entwicklung dieses Filetstücks“, so Wortmeyer beim Ortstermin.

„Strahlkraft nicht nur für NRW und Deutschland, sondern für Europa und die Welt“

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Denn hier werde „nicht nur ein Quartier, sondern ein neues Stück Duisburg – die Visitenkarte der neuen Stadt Duisburg“ entstehen. Wortmeyer erhofft sich von der Kombination aus Wohnen, Arbeiten, Freizeitangeboten und Grünflächen auch einen enormen Prestigegewinn für Duisburg – „Strahlkraft nicht nur für NRW und Deutschland, sondern für Europa und die Welt“.

Vorher-Nachher-Bild mit Behelfsmasken (v.l.): GroKo-Fraktionschefs Bruno Sagurna (SPD) und Rainer Enzweiler (CDU), Wirtschaftsdezernent Andree Haack, OB Sören Link, Gebag-Chef Bernd Wortmeyer und Dezernent Martin Linne.
Vorher-Nachher-Bild mit Behelfsmasken (v.l.): GroKo-Fraktionschefs Bruno Sagurna (SPD) und Rainer Enzweiler (CDU), Wirtschaftsdezernent Andree Haack, OB Sören Link, Gebag-Chef Bernd Wortmeyer und Dezernent Martin Linne. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Ähnlich ambitioniert hatte zuvor OB Link mit Blick auf die angestrebte Verknüpfung der innerstädtischen Grünzüge durch das Gelände betont: „Man kann die Ansprüche gar nicht hoch genug schrauben.“

An diesen Zielen für „Das neue Stadtquartier Am Alten Güterbahnhof“ (so der vorübergehende Arbeitstitel) werden sich Stadtspitze und Gebag ebenso messen lassen müssen wie zuerst die Städtebauer und Architekten, die beim zweistufigen Planungswettbewerb mitmachen wollen. Er soll Ende Juli starten. Wortmeyer berichtet von „riesigem Interesse“ und davon, dass „diese einmalige Fläche auch für Büros aus Amsterdam und Wien eine Herausforderung ist“.

Martin Linne rechnet „Anfang 2024 mit ersten Hochbaumaßnahmen“

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Höchstens 15 Teams sollen Vorschläge ausarbeiten, mindestens sechs sollen es in die zweite Runde schaffen. Eine Jury werde im Frühjahr 2021 einen Siegerentwurf küren, erläutert Dezernent Linne. Er rechnet mit dem „Bebauungsplan im Sommer 2021, mit Baubeginn Mitte/Ende 2023 und Anfang 2024 mit den ersten Hochbaumaßnahmen“.

Kaum vorstellbar: So soll das Gelände „Am Alten Güterbahnhof“ ab Ende September – ohne die Ruinen des Güterbahnhofs – aussehen.
Kaum vorstellbar: So soll das Gelände „Am Alten Güterbahnhof“ ab Ende September – ohne die Ruinen des Güterbahnhofs – aussehen. © Gebag | Daniel Koke

Einmalig mache nun ausgerechnet die Corona-Krise die Beteiligung der Duisburger Bürger, die im November 2019 gestartet war und mit Werkstätten fortgesetzt werden sollte, aber durch das Virus unterbrochen wurde. Die Duisburger, von denen „viele das Gelände abgeschrieben haben“ (Wortmeyer), sollen sich fortlaufend und moderiert vom Stadtplanungsbüro Faltin + Sattler online einbringen können (wir berichteten).

Im Juli soll die Webseite www.am-alten-gueterbahnhof.de online gehen, wo „alle Ideen der Duisburger“ und „jeder Schritt der Beteiligung ablesbar sein wird“, verspricht Wortmeyer: „Wir haben mehr Bürgerbeteiligung als bei irgendeinem Projekt in Deutschland.“ Die Teams im Wettbewerb sollen diese Ideen aufgreifen, wenngleich Wortmeyer sicherheitshalber erneut ergänzt: „Wir können nicht alles umsetzen.“

Planungsdezernent Martin Linne: Neues Image und viele Jobs für Duisburg

So sieht es derzeit in den alten Abfertigungshallen des Duisburger Güterbahnhofs noch aus.
So sieht es derzeit in den alten Abfertigungshallen des Duisburger Güterbahnhofs noch aus. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Stadtplanungsdezernent Martin Linne betonte erneut, wie dieses neue Stück Duisburg mit seiner „deutschlandweit einmalig guten Verkehrsanbindung“ und „direkter Anbindung zur Innenstadt“ langfristig wirken soll: Es werde einerseits das neue Bild der Stadt von Millionen Bahn-Reisenden und Autofahrern prägen, ihr andererseits private und gewerbliche Steuerzahler bescheren: „Es sollen hier möglichst viele Jobs entstehen, die sonst in Düsseldorf, Essen und Köln geschafft würden.“