Duisburg. Pfleger der Sana-Kliniken in Duisburg berichten von neuem Alltag – gerade mit drei Covid-19-Patienten. Für ihre Arbeit wollen sie keinen Applaus.
In Duisburg kann man den Eindruck gewinnen, das Gröbste überstanden zu haben. Restaurants und Kneipen haben wieder geöffnet und lassen die Corona-Krise beinahe vergessen. Doch die neugewonnene Freiheit ist fragil. Für das Pflegepersonal der Intensivstation in den Sana-Kliniken in Duisburg ist sie sogar beunruhigend.
„Durch die Lockerungen sind wir wieder angespannter“, sagt Sandra Rudl, Stationsleitung der Intensivstation in den Sana-Kliniken. Seit zehn Jahren ist sie Teil der Station, die in der aktuellen Zeit um das Leben von Covid-19-Patienten kämpft.
Intensivpflegepersonal aus Duisburg: „Wir haben alle wenig geschlafen“
Die voranschreitende Pandemie und das neuartige Coronavirus haben den Klinikalltag auf den Kopf gestellt. Die erste Zeit, sie war „nervenaufreibend. Wir haben alle wenig geschlafen“, sagt die 38-Jährige. Die Arbeit am Krankenbett hat sich auf allen Stationen verändert. Der Klinikalltag wurde komplett „auf links gedreht“.
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Es gibt umfangreiche Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln. Alle Mitarbeiter müssen einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Werden Corona-Patienten betreut, steigen zudem die Sicherheitsvorkehrungen. Drei Covid-19-Patienten werden aktuell in Wedau behandelt. Hochgradig intensivpflegebedürftige Patienten, sagt Nicole Kleczkowski, ebenfalls Pflegerin der Intensivstation.
Die Sorge vor einer höheren Bettenauslastung
Die größte Angst des Pflegepersonals ist, dass es irgendwann zu einer höheren Bettenauslastung kommt – auch aus Sorge um all die anderen schwersterkrankten Patienten. „Wir möchten nicht wie in Italien da stehen und entscheiden, wen beatmen wir – und wen nicht“, sagt Sandra Rudl. Deshalb sei es auch so wichtig, dass die Gesellschaft die Hygieneregeln ernst nimmt – trotz Lockerungen.
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Bei der Frage, was sich durch Corona in der Klinik verändert hat, sind sich die Krankenhausmitarbeiter einig: „Wir arbeiten noch enger zusammen, sprechen viel im Team und unterstützen uns mehr“, sagt Kleczkowski. Sie sind dabei nicht nur Kollegen, sondern auch ein Stück weit Seelsorger. „Das Virus ist neu für uns. Wir hatten auch Mitarbeiter mit Ängsten und Fragen.“
Mit der Familie auf Distanz
Im privaten Leben nehmen sich die Pfleger im Moment zurück. „Wir sind vorsichtiger geworden“, sagt Anatoli Vasilev, Pfleger der Intensivüberwachungspflege. „Schutzisolation“, nennt er diese Maßnahme, die deutlich macht, dass sie Verantwortung für die Mitmenschen tragen – nicht nur in der Klinik, sondern auch zuhause. „Ich vermeide den Kontakt zu meinen Eltern“, sagt auch Nicole Kleczkowski.
Auch wenn die 29-Jährige räumlich mit ihren Liebsten auf Distanz geht – „meine Familie ist sehr stolz auf das, was ich tue.“ Spätestens seit der Corona-Krise wird aber deutlich, wie wichtig der Pflegeberuf ist. Politiker nennen Pflegekräfte jetzt „systemrelevant“, sie werden als „Helden des Alltags“ gefeiert.
„Für mich muss keiner klatschen“
Dabei sagt Sandra Rudl klar: „Für mich muss keiner klatschen.“ Jetzt, wo ein Virus die Welt lahmlegt, erinnern sich Politiker an die Probleme in der Pflege. „Wir leisten jeden Tag einen sehr guten Job, retten jeden Tag Leben. Es wäre schön, wenn der Beruf nicht nur in Krisensituationen Beachtung bekommt.“
Die 38-Jährige wünscht sich mehr Personal und größere Teams. Sie hofft, dass sich durch die gestiegene Wertschätzung auch „mehr junge Leute für den Beruf interessieren“ und so zukünftig die „Belastung“ in der Branche abnimmt.