Duisburg. Drei Arzthelferinnen sind in Duisburg direkt nach getaner Arbeit in eine Corona-Kontrolle geraten. Warum sie sich über die satten Strafen ärgern.

Tatjana Reichert (44), Nora Hoffmann (30) und Heidrun Hellwig (56) arbeiten in der Corona-Krise in einer orthopädischen Praxis auf der Königstraße in der Duisburger City. Anfang April verlassen sie nach getaner Arbeit die Praxis und kassieren im Zusammenhang mit dem bestehenden Kontaktverbot jeweils ein Bußgeld über 200 Euro, über das sie sich mächtig ärgern.

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„Wir standen noch im Eingangsbereich, haben uns ganz kurz, wenige Sekunden, über Botengänge zur Post abgestimmt und schon sind wir von vier Ordnungsamtsmitarbeitern zur Rede gestellt worden“, berichtet Tatjana Reichert über eine Corona-Kontrolle. „Wir haben versucht, die Situation aufzuklären, aber das hat niemanden interessiert.“

Arzthelferinnen in Duisburger Praxis können die Strafen nicht nachvollziehen

Die drei Arzthelferinnen betonen, dass sie aus ihrem beruflichen Alltag am besten wissen, wie wichtig es ist, den notwendigen Abstand zu halten. „Unsere Patienten müssen draußen warten und dürfen die Praxis nur nach Anmeldung betreten“, so Reichert. „Wir versuchen grundsätzlich Termine so zu legen, dass möglichst wenige im Wartezimmer sind. Das ist eine sehr stressige Zeit, aber wir helfen gerne mit, auch aktuell den Betrieb aufrechtzuerhalten. Wir sollten nur nach vielen Stunden gemeinsamer Arbeit schon die Möglichkeit haben, die Praxis gemeinsam zu verlassen, um dann getrennter Wege zu gehen. Ohne bestraft zu werden.“

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Da fehle trotz notwendiger Kontrollen das Augenmaß. Unterstützung bekommen die drei Arzthelferinnen von ihrem Chef, dem Orthopäden Matthias von Hoegen. Er findet die Maßnahmen trotz Corona-Krise unverhältnismäßig und nicht nachvollziehbar. „Sie dienen ja in diesem Zusammenhang auch nicht dem Gesundheitsschutz. Schließlich arbeiten die drei die ganze Zeit zusammen“, so von Hoegen.

Widerspruch gegen Bußgelder eingelegt

Die Arzthelferinnen sprechen sogar von Abzocke und fühlen sich angesichts eines kürzlich erschienenen Videos, mit dem sich die Stadt bei den Heldinnen und Helden in der Corona-Krise bedankt, regelrecht veräppelt. „Zumal die vier Ordnungsamtsmitarbeiter den nötigen Abstand nicht eingehalten haben“, so Tatjana Reichert. Alle Drei haben Widerspruch gegen die Bußgelder eingelegt.

Stadtsprecher Jörn Esser sagt auf Nachfrage der Redaktion: „Werden durch die Mitarbeiter des städtischen Außendienstes (SAD) mehrere Personen gesichtet, welche gerade ein Gebäude verlassen und danach getrennt beziehungsweise entsprechend dem Kontaktverbot ihrer Wege gehen, wird kein Bußgeldverfahren eingeleitet.“

Stadt Duisburg: Bei einem nicht zweifelsfreien Verstoß gibt es nur eine mündliche Verwarnung

Es komme allerdings zu einem Ordnungswidrigkeitenverfahren, wenn eine Zusammenkunft oder Ansammlung im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen festgestellt wird, bei welcher die einzelnen Personen die geforderten Abstände nicht einhalten. „Selbstverständlich“, so Esser, „handelt es sich hier grundsätzlich um Momentaufnahmen, da eine dauerhafte Observation beziehungsweise Verfolgung durch die Mitarbeiter des SAD nicht geleistet werden kann. Sollte ein Verstoß nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können, so wird nur eine mündliche Verwarnung ausgesprochen.“

Darüber hinaus betont der Stadtsprecher, dass die Mitarbeiter des SAD die Abstandsvorgaben einhalten. Im Einsatz, wie auch bei Polizei und Feuerwehr, könne es jedoch im Ausnahmefall zu situationsbedingten Ausnahmen kommen.

Verstöße gegen das Kontaktverbot

In Duisburg wurden nach Angaben der Stadt zuletzt 1100 Verstöße gegen das Kontaktverbot festgestellt sowie geahndet und im Anschluss entsprechende Bußgeldverfahren eingeleitet. Die Strafe beträgt hier jeweils 200 Euro.

Insgesamt wurden laut Stadt 1143 Ordnungswidrigkeitenverfahren (Stand 20. April) nach der Corona-Schutzverordnung eingeleitet.