Duisburg. 435 Opfer von häuslicher Gewalt fanden 2019 keinen Platz in den Duisburger Frauenhäusern. Antrag beim Land für ein drittes Frauenhaus läuft.
435 Frauen mussten im vergangenen Jahr von den beiden Frauenhäusern in Duisburg abgewiesen werden. Sie suchten hier vergeblich Schutz vor häuslicher Gewalt. Die Jahresstatistik ist ein Zeugnis der Mangelverwaltung. Immerhin: Parallel laufen Anträge für ein drittes Frauenhaus in Duisburg.
Sozialdezernent Thomas Krützberg sagt, dass beim Land ein Antrag zur Erweiterung der Frauenhaus-Kapazitäten gestellt wurde. Auf eine Antwort hofft er nach den Sommerferien. Das Christophoruswerk, das bereits Träger des Frauenhauses Duisburg ist, habe Interesse an der Trägerschaft eines weiteren Haues bekundet. Es solle Platz für zwölf Frauen und deren Kinder haben.
Krützberg erinnert, dass die Ratsmitglieder für die Jahre 2020 und 2021 je 50.000 Euro für die beiden Frauenhäuser in den Haushalt eingebracht haben. Damit sollten explizit zusätzliche Frauenhausplätze geschaffen werden.
Frauenhäuser in Duisburg sind permanent belegt
88 Frauen mit 91 Kindern konnten im vergangenen Jahr in den neun Appartements des Frauenhauses Duisburg untergebracht werden, sagt Leiterin Karin Bartl. Sie blieben im Schnitt 40 Tage. Zu 105 Prozent sei das Haus ausgelastet gewesen, obwohl drei Appartements im vergangenen Jahr renoviert wurden und entsprechend wochenweise nicht genutzt werden konnten. Absagen erhielten hier 241 Frauen.
Ulrich Christofczik, Vorstand des Christophoruswerks und Träger des Frauenhauses sagt, dass das Land lediglich 45 Prozent der Personalkosten trage. Rund 100.000 Euro im Jahr müssten über Spenden zusammenkommen. Größter Sponsor ist seit Jahren die Sparkasse: „Wenn diese Spende wegbricht, ist das Haus zu“, verdeutlicht Christofczik die prekäre Lage.
Der Wohnungsmarkt ist für die betroffenen Frauen schwierig
Hilfe bei Gewalt gegen Frauen: Kontakte
Tag und Nacht ist das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen besetzt. Unter 0800-0116016 können auch Dolmetscherinnen helfen.
Wer akut Schutz sucht, kann das Frauenhaus unter 0203 370 073 erreichen, per E-Mail an info@frauenhaus-duisburg.de.
Das zweite Frauenhaus in Duisburg betreibt der Verein Frauen helfen Frauen e.V., es ist unter Tel. 0203 622 13 zu erreichen (Mail: autonomesfrauenhausdu@web.de). Weitere Infos: www.frauen-helfen-frauen.org
Die zweite Duisburger Einrichtung für Frauen, die Opfer von Gewalt werden, ist das Autonome Frauenhaus. Hier finden nach einer Erweiterung jetzt zehn Frauen mit 14 Kindern an zwei Standorten Platz. 2019 haben 55 Frauen und 78 Kinder hier Schutz gefunden, sagt Leiterin Hiltrud Limpinsel. Einige seien über ein halbes Jahr dagewesen, im Extremfall könne es auch mal ein Jahr dauern, bis die Frauen – manche mit vier und mehr Kindern – eine geeignete Wohnung gefunden haben und ihr Leben wieder selbst meistern können.
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Abgewiesen wurden 194 Frauen, weil schlicht kein Platz war, 44 wurden aus anderen Gründen abgelehnt. Neben Sicherheitsproblemen sind das auch finanzielle Fragen: Wenn der Aufenthalt von keiner Seite finanziert werde, „dann können wir uns das nicht leisten“, sagt Limpinsel bedauernd. Ihren Aufenthalt müssen die Frauen in der Regel selbst bezahlen.
Für das Autonome Frauenhaus hatte der Rat im November einen Zuschuss von 25.000 Euro zur Sicherung der bestehenden Plätze im Jahr 2020 gewährt.
Rat der Stadt finanziert nach 40 Jahren erstmals mit
Dass der Rat der Stadt nach 40 Jahren die Frauenhäuser unterstütze, sei „ein gutes Zeichen der Solidarität, ist am Ende aber auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Chriostofzik, „wir arbeiten unter ständigem finanziellen Druck.“
Karin Bartl erklärt, dass viele Stunden ihrer Arbeitszeit für die Spendenakquise draufgehen. Zeit, die sie lieber in die Arbeit mit den Frauen und deren Kindern investieren würde.
Polizei: Über tausend Einsätze wegen häuslicher Gewalt
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Die Polizei Duisburg zählte im vergangenen Jahr 1070 Fälle von häuslicher Gewalt, darunter vier versuchte und drei tatsächliche Tötungsdelikte, darunter Schicksale wie diese:
In einem Fall hat ein 24-Jähriger seine Frau (25) mit 65 Messerstichen so schwer verletzt, dass sie zwei Wochen später starb.
Aufsehen erregte der Fall von Mine O. (26), die von ihrem 28-jährigen Mann umgebracht worden war. Er hatte die Mutter des gemeinsamen fünfjährigen Sohnes zunächst als vermisst gemeldet, da lag sie längst vergraben in einem Meidericher Wohngebiet.