Duisburg-Buchholz. Thomas Schenkel bietet sein Hotel als Notkrankenhaus an – aber niemand kann ihm sagen, wie das geht. Das Hotel half schon im Zweiten Weltkrieg.

Die Bundeskanzlerin bezeichnet die Coronakrise als die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Krieg, in dem das Hotel Sittardsberg schon einmal aus der Not geborene Übernachtungsgäste beherbergte. Auch jetzt möchte Inhaber Thomas Schenkel helfen: Sein Hotel soll Teil des Notfallplans der Bundesregierung werden. Nur: Wie das geht, kann ihm niemand sagen.

„Es ist unsere Pflicht, unserem Erbe alle Ehre zu machen“, findet Thomas Schenkel. Dem Erbe aus dem Zweiten Weltkrieg, als die Vorfahren des jetzigen Inhabers ihr Hotel inmitten von Trümmern kurzerhand umfunktionierten zu einem Haus für Menschen, die verletzt waren, obdachlos, schlicht: Hilfe brauchten. Wie die Familie mit zwei Kindern, der Mann noch im Krieg, die Wohnung zerstört. Schenkels Großvater stellte sich an den Herd und bekochte die Notfallgäste.

So sah das Duisburger Hotel Sittardsberg um 1950 aus. Im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit beherbergte es Verletzte und Menschen in Notsituationen. 
So sah das Duisburger Hotel Sittardsberg um 1950 aus. Im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit beherbergte es Verletzte und Menschen in Notsituationen.  © Hotel Sittardsberg

„Im Krieg war unser Haus zum Glück nicht betroffen“, sagt der Enkel. Nur eine Bombe traf das Hotel, und die ging nicht hoch. „Die Männer haben die Bombe per Hand rausgetragen“, erzählt Schenkel aus der Familiengeschichte. „Da gab's noch keinen Kampfmittelräumdienst.“

Duisburger Hotelier: „Wir bekommen keine Hilfe von Stadt, Land und Bund“

Heute wäre die Hilfe wieder nötig, und Schenkel will die Tradition fortsetzen. Aber wie? „Ich kann ja nicht einfach ein Schild hinhängen: Ich bin jetzt eine Krankenstation“, sagt er. Doch Ansprechpartner findet er nicht. „Leider bekommen wir bisher keine Hilfe von Stadt, Land und Bund.“ Die Hotline der Stadt, Call Duisburg, sei überfragt gewesen, auf seine E-Mail an die Stadtverwaltung habe er bislang nur die Standardantwort bekommen, sein Schreiben sei ans Büro des Oberbürgermeisters weitergeleitet worden. Beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga sei man ratlos.

Dabei sei die Lage seines Hotels „nahezu perfekt“, um es vorübergehend als Notkrankenhaus zu nutzen: Das Gesundheitszentrum und ein Discounter sind direkt nebenan, Krankenhäuser, Polizei und Feuerwehr in unmittelbarer Nähe.

Corona: Hotel Sittardsberg könnte 58 Zimmer für Krankenhaus-Patienten umbauen

58 Zimmer hat das Hotel Sittardsberg in Duisburg, die es als Notkrankenhaus anbieten könnte.
58 Zimmer hat das Hotel Sittardsberg in Duisburg, die es als Notkrankenhaus anbieten könnte. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Thomas Schenkel wünscht sich Hilfe. Wie baut man ein Hotel zu einer Krankenstation um? 58 Zimmer hat das Hotel Sittardsberg, gut 110 Betten. Betten, in denen man Patienten unterbringen könnte. Sein Hotel, meint Schenkel, sei schließlich gemütlicher als die von der Bundesregierung ebenfalls als Möglichkeiten angedachten Hallen oder großen Säle. Aber: Es bräuchte einen Arzt, einen Pfleger, medizinisch notwendige Einrichtung. Und am Ende, wenn die Corona-Pandemie überstanden ist: Hilfe beim Rückbau.

Geld verdienen will Schenkel mit seinem Angebot nicht. „Ich würde denen ja keine Hotelrechnung schicken.“ Nur die Kosten, die ihm für den Umbau entstehen würden, möchte er ersetzt bekommen.

Das Hotel bleibt geöffnet – schließen „wäre billiger“

Verluste schreibt er ohnehin, wie wohl jeder in seiner Branche. „Fünf, sechs Übernachtungen“ am Tag habe er noch. In normalen Zeiten wäre das Hotel ausgebucht: Messe-Saison. „Ich könnte zumachen, das wäre billiger für mich“, sagt Schenkel. Aber die, die jetzt noch im Hotel Sittardsberg übernachten, will er nicht vor die Tür setzen. „Die Jungs, die hier sind, sind hier, weil sie sagen: Ich mache einen wichtigen Job. Das sind die, die die Industrie noch ein bisschen aufrecht erhalten.“ Arbeiter aus den Stahlwerken Duisburgs, ein Lokführer.

Thomas Schenkel, die vierte Generation im Hotel Sittardsberg, will helfen: So wie seine Vorfahren im Zweiten Weltkrieg. „Meine Kinder sollen nicht sagen: Warum hat Urgroßvater geholfen – aber Du nicht?“