Balve. Das Coronavirus verhagelt der Hotel- und Gastrobranche die Geschäfte. Auch die Brauereien Warsteiner, Veltins und Krombacher rechnen mit Minus.
Die Ausbreitung des Coronavirus trifft Hotel- und Gastronomiebetriebe in Westfalen – und zwangsläufig auch die Brauerbranche.
Branchenexperte Lars Martin spricht Klartext: „Es ist ganz dramatisch. Ich habe mit Betrieben, auch hier in der Region gesprochen, die jetzt schon über 150.000 Euro Umsatzeinbußen haben, weil Veranstaltungen abgesagt werden – auch wenn Balve, selbst Hagen keine Messestädte sind.“ Besonders betroffen seien Beherbergungsbetriebe, die Gebäude oder Räume lediglich gepachtet haben, sagt der stellvertretende Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Westfalen am Rande eines Branchentermins im Balver Traditionshotel „Haus Recke“ im Hönnetal.
Schreckensvision
Im Winter lebt die Branche von Geschäftsreisenden und Monteuren. Martin: „Wir haben viel Industrie, die aus China Zulieferungen erhalten. Dort wurde die Produktion heruntergefahren. Geschäftsreisen sind deutlich weniger geworden. Westfalenweit haben wir Betriebe, die über 80 Prozent Umsatzeinbuße haben.“
Im Märkischen Sauerland sei die Lage nicht ganz so dramatisch wie in Dortmund oder Bochum. Der Eigentümer von „Haus Recke“, Ulrich Vanselow (66), beklagt dennoch: „Bei uns werden reihenweise Zimmer abgesagt: alles Geschäftsleute.“ Eine Schreckensvision wäre für ihn, wenn die Bundesliga als Geisterliga ohne Publikum zu Ende ginge. Immerhin steigen etliche Fußballfans wegen vergleichsweise günstiger Preise in Balve ab, wenn Borussia Dortmund daheim spielt.
Webinar: Was tun bei Stornierungen?
Die Industrie- und Handelskammern in Südwestfalen bieten für die Hotel- und Gaststättenbranche ein „Webinar“ am 18. März von 9 bis 11 Uhr zum Thema Corona an. Thema u.a.: Durch die Absage von Messen, Seminaren, Tagungen und privaten Feierlichkeiten sind insbesondere die gastgewerblichen Betriebe betroffen. Wie also umgehen mit Stornierungen?
„In dem Webinar sollen Fragen beantwortet werden, wie Gastwirte mit Stornierungen umgehen können, was passiert, wenn der Betrieb aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen wird oder ob die Möglichkeit besteht, Mitarbeiter freizustellen, falls Gäste ausbleiben“, erläutert SIHK-Fachbereichsleiterin Stephanie Erben. Anmeldung unter www.events.sihk.de/GastgewerbeCorona.
Die Corona-Debatte trifft die Branche zur Unzeit. Gerade im ländlichen Raum beobachtet Dehoga-Vize Martin einen Schwund bei kleinen Betrieben: „Die kleinen Gasthöfe, die auch ein paar Gästezimmer anbieten, werden immer weniger.“ Die Nachfolge könne nicht mehr geregelt werden. Martin: „Die nächste Generation will es nicht mehr machen.“ Zugleich steigen die Ansprüche der Gäste. Familie Vanselow hat die Botschaft verstanden. Sie hat investiert. Deshalb stufte die Dehoga den Betrieb in die Kategorie Drei Sterne Superior hoch. Die Nachfolgefrage hat die Familie übrigens geklärt. In Kürze übernimmt Junior-Chefin Maria Vanselow (37).
Fassbierabsatz in Fastenzeiten
Die Brauereien in Südwestfalen merken die Auswirkungen von Corona durchaus auch. Zahlreiche Großveranstaltungen, Konzerte oder Theateraufführungen werden abgesagt. Krombacher, Veltins, Warsteiner – alle rechnen mit Absatzeinbußen. Noch seien die Auswirkungen auf den Absatz gering, sagt Warsteiner-Sprecherin Sinje Vogelsang: „Die Produktion haben wir noch nicht zurückgefahren, wir beobachten die aktuelle Entwicklung allerdings sehr genau. Eine Prognose für das Gesamtjahr ist derzeit nicht möglich.“
Warsteiner hat einen vergleichsweise hohen Exportanteil – auch in stark betroffene Länder. „International führen Reisebeschränkungen sowie ein verändertes Konsumverhalten in einzelnen Gebieten im asiatischen und italienischen Raum bereits zu einer Reduzierung des Außer-Haus-Konsums, während es in Geschäften teilweise zu Hamsterkäufen kommt“, sagt Vogelsang.
Das Glück für die heimischen Bierbrauer: Februar und ein März ohne Ostern gehören in Deutschland zu den schwächsten Absatzmonaten. „Die Fastenzeitmonate sind traditionell verzehrschwach“, sagt Veltins-Sprecher Ulrich Biene. Der Absatz ist in diesen Wochen etwa ein Drittel niedriger als der Sommerhöchstwert. Selbst dass die Arena, das Veltins-Wohnzimmer auf Schalke, für Besuch geschlossen bleibt, sei verkraftbar. Pro Bundesligaspieltag werden hier immerhin rund 30.000 Liter Pils gezapft. Auch durch abgesagte Feste wie den Mescheder Frühling werde es durch Corona Rückgänge beim Fassbier geben, „aber wir sind sehr erfreulich in das Jahr 2020 gestartet, und das trotz der schon beginnenden Corona-Diskussionen“, sagt Biene.
Bislang gebe es in Grevenstein keinen Grund, in der Produktion auf die Bremse zu treten. Das gilt offenbar gleichermaßen für den Marktführer Krombacher. „Aktuell laufen unsere Prozesse, auch in der Produktion, weitestgehend normal“, sagt Krombacher-Sprecher Peter Lemm auf Anfrage dieser Zeitung. Ob es ein gutes Bierjahr wird, hängt jetzt davon ab, wie lange und wie sehr das Virus die Gastrobranche im Griff behalten wird.