Duisburg. Antje Frohnert Ballon hat eine schwer behinderte Tochter. Die Duisburgerin erzählt vom ständigen und leidigen Kampf mit den Behörden.
Lina Ballon (20) kann nicht laufen, nicht reden, aber sich durch Lauten und Zeigen verständlich machen. Sie hat das 18q- oder De-Grouchy-Syndrom und ist eine fröhliche junge Frau. Seit einigen Monaten darf die Rumelnerin dank der beeindruckenden Hilfsbereitschaft vieler Menschen über Duisburg hinaus endlich in ihrem Wunsch-Elektro-Rollstuhl sitzen. Den hatte die Barmer abgelehnt. In kürzester Zeit kamen aber bei einer über die Sozialen Medien initiierten Spendenaktion im vergangenen Jahr die erforderlichen rund 25.000 Euro zusammen. Die Mutter, Antje Frohnert Ballon, ist unendlich dankbar und sie weiß, dass das viel Geld ist. Sie ist aber überzeugt, dass Menschen wie Lina und Familienangehörige, die aus tiefster Liebe und Überzeugung Tag und Nacht für ihre Kinder da sind und sie nicht in einem kostenintensiven Heim betreuen lassen, einen Anspruch auf einen solchen Rollstuhl haben sollten. Weil es den Alltag so enorm erleichtert. Dafür kämpft sie vor Gericht. Doch nicht nur auf ihre Krankenkasse, auch auf die Stadt Duisburg ist Antje Frohnert Ballon nicht gut zu sprechen.
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Vor fast drei Jahren, als Lina 18 wurde, hat Antje Frohnert Ballon versucht, die Grundsicherung für ihre Tochter zu bekommen. „Ich hab damals im Sozialamt angerufen“, so die 51-Jährige. Lina ging damals noch zur LVR-Gerd-Jansen-Schule in Krefeld. „Deshalb sagt man mir, dass ich die Grundsicherung erst beantragen könne, wenn meine Tochter in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeitet. Als es ein paar Monate später soweit war, sollte plötzlich das Jobcenter für einen solchen Antrag zuständig sein. Grundsicherung haben wir trotzdem nicht bekommen.
Duisburgerin (20) soll rückwirkend zum 4. Dezember 2019 die Grundsicherung bekommen
Auf Nachfrage der Redaktion erklärt ein Stadtsprecher, dass erst mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz zum 1. Januar 2020 alle Beschäftigten in einer Werkstatt mit Behinderung (WfbM) als dauerhaft voll erwerbsgemindert gelten und einen Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des zwölften Sozialgesetzbuches haben - unabhängig davon, ob sie in einer WfbM im sogenannten „Eingangsverfahren“, im Berufsbildungs- oder Arbeitsbereich sind. Davor hatten nach Angaben der Stadt nur jene im Arbeitsbereich Anspruch auf diese Grundsicherung. In diesen Bereich sei Lina zum 4. Dezember 2019 gewechselt. Die 20-Jährige werde deshalb rückwirkend ab diesem Zeitpunkt entsprechende Leistungen erhalten.
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„Ich freue mich, dass das Gesetz geändert worden ist“, sagt Antje Frohnert Ballon dazu. Sie sei aber trotzdem verwundert, weil sie eine Familie aus Krefeld mit einem schwer behinderten Sohn kennt. „Da ist die Situation identisch, auch der Verlauf in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Und trotzdem ist da schon mit dem 18. Lebensjahr Grundsicherung gezahlt worden.“
Antje Frohnert Ballon wird auch hier noch einmal nachhaken. Wie so oft in ihrem Leben. „Ich frage mich, warum man mir es immer so schwer macht – nur, weil ich ein besonderes Kind habe.“
Wer mehr über Lina erfahren will, findet hier ihre Facebookseite.